Die europäischen Lkw-Hersteller DAF und MAN fordern von der Europäischen Union mehr Tempo und Flexibilität bei der Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs. Hintergrund ist die Sorge, dass die derzeitigen Klimavorgaben die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie gefährden könnten. „Europa darf nicht die eigene Industrie zerstören“, warnte MAN-Chef Alexander Vlaskamp in einem Gespräch mit der Welt am Sonntag.
„Wir werden bis 2030 nicht Zehntausende Elektro-Lkw verkaufen können, wenn sich die Bedingungen nicht rasant ändern“, sagte DAF-Chef Harald Seidel. Obwohl die Hersteller bereits „Hunderte Millionen Euro in die neuen Antriebe investiert“ hätten, liege der Anteil der batterieelektrischen Lkw an den Verkäufen derzeit nur bei ein bis zwei Prozent. Ursache dafür seien nicht mangelnde Angebote, sondern fehlende Wirtschaftlichkeit für Spediteure und ein unzureichendes Netz an Ladepunkten.
Nach den geltenden EU-Vorgaben müssen die Hersteller bis 2030 den durchschnittlichen CO₂-Ausstoß ihrer Neufahrzeuge um 45 Prozent reduzieren. Wer dieses Ziel verfehlt, muss mit empfindlichen Strafzahlungen rechnen. DAF und MAN drängen daher auf eine schnellere Überprüfung der Grenzwerte, die derzeit erst für 2027 vorgesehen ist.
Seidel warnte, dass die ab 2027 geplante CO₂-Abgabe die Kosten für Endkunden und damit die Inflation erhöhen werde, sollte es bis dahin keine wirtschaftlich tragfähigen Lösungen für Elektro-Lkw geben. Daher solle die EU ihre Überprüfung um ein Jahr vorziehen und die Rahmenbedingungen anpassen, um Planungssicherheit zu schaffen.
MAN-Chef Vlaskamp brachte zudem eine Abwrackprämie für alte Lkw ins Spiel, um den Austausch hin zu emissionsärmeren Fahrzeugen zu beschleunigen. Im Gegenzug sei die Branche bereit, stärker in den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu investieren, wenn die Politik auf neue Belastungen wie die Abgasnorm Euro-7 verzichte.
Seidel betonte, das 2030-Ziel sei „nicht unmöglich“ zu erreichen, doch dafür müsse der Aufbau der Ladepunkte „extrem beschleunigt“ werden. Laut seinen Angaben sind in Europa derzeit nur rund 1.100 öffentliche Ladepunkte für Lkw verfügbar – nötig wären bis 2030 mindestens 10.000.