
Nach der Einnahme durch die RSF-Miliz verschlechtert sich die Lage im sudanesischen Al-Faschir dramatisch. Berichten zufolge sind bislang mindestens 1.500 Zivilisten getötet worden – mehr als 460 allein in einer Geburtsklinik.
In der sudanesischen Großstadt Al-Faschir sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem Krankenhaus mehr als 460 Menschen von der RSF-Miliz getötet worden. Die Organisation bezieht sich bei ihren Angaben auf vorliegende Berichte.
Bei den Getöteten habe es sich mutmaßlich um Patientinnen und deren Begleitungen in der Geburtsklinik „Saudi Maternity Hospital“ gehandelt, teilte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus mit. Man sei „entsetzt und zutiefst schockiert über die Berichte über den tragischen Tod von mehr als 460 Patientinnen und Begleitpersonen“. Zuvor sei Gesundheitspersonal entführt worden.
Netzwerk: Mindestens 1.500 Tote binnen drei Tagen
Die paramilitärische Gruppe RSF hatte Al-Faschir nach langer Belagerung im sudanesischen Bürgerkrieg am Wochenende eingenommen. Am Montag bestätigte die sudanesische Armee ihren Rückzug aus der Stadt. Das Sudan-Ärztenetzwerk, eine Gruppe Mediziner, die den Krieg dokumentiert, teilte mit, RSF-Kämpfer hätten „kaltblütig jeden ermordet, den sie in dem saudischen Krankenhaus gefunden haben“. Das Netzwerk hatte zuvor mitgeteilt, innerhalb von drei Tagen seien mindestens 1.500 unbewaffnete Zivilisten in der Stadt in der Region Darfur getötet worden.
Sie seien umgebracht worden, als sie versuchten, aus Al-Faschir zu fliehen. Das Netzwerk wirft der Miliz einen Genozid gegen die nicht-arabische Bevölkerung vor. Die Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Auch das Humanitarian Research Lab (HLR) der US-Gesundheitsfakultät Yale hatte am Dienstagabend mitgeteilt, die „Massaker“ in der Stadt dauerten einer Auswertung von Satellitendaten zufolge an. Die Analyse der Bilder würde die Beweise „erhärten, dass die Massaker in den vergangenen 48 Stunden seit der Einnahme (der Stadt) durch die RSF weitergehen“. Demnach gab es Hinrichtungen in der Nähe von zwei Krankenhäusern sowie „systematische Tötungen“ am Wall der Stadtbefestigung im Osten der Stadt.
Berichte über Hinrichtungen
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) berichten Flüchtende von willkürlicher Gewalt, Morden und Hinrichtungen von Zivilisten. Tom Fletcher, der Leiter des UN-Nothilfebüros Ocha, sagte dem Sender CNN, es seien weiterhin Hunderttausende Zivilisten in Al-Faschir ohne Nahrung und medizinische Versorgung eingeschlossen. Fluchtwege seien aufgrund „intensiver Bombardierungen und Bodenangriffe“ blockiert. Offiziell hatte die RSF erklärt, sie wolle die Zivilisten in Al-Faschir schützen und denjenigen, die die Stadt verlassen wollen, sichere Korridore zur Verfügung zu stellen.
In dem ostafrikanischen Land am Horn Afrikas herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. In der westlichen Region Darfur ist der Konflikt maßgeblich von ethnischen Faktoren geprägt, die eng mit Fragen von Landrechten, Ressourcenverteilung und politischer Marginalisierung verwoben sind. Dabei geht es vor allem um Konkurrenz um Land und Wasser zwischen traditionell nomadischen, arabischen Volksgruppen und sesshaften, nicht-arabischen Gruppen.
Mehr als 500 Tage Belagerung
Die RSF ist eine Nachfolgeorganisation arabischer Milizen und geht Berichten von UN-Vertretern zufolge gezielt gegen den nicht-arabischen Teil der Bevölkerung vor. Experten befürchten eine massive Verschlechterung der Lage für die noch in Al-Faschir lebenden geschätzt rund 300.000 Zivilisten.
Die Großstadt war mehr als 500 Tage von den RSF belagert worden. Die Miliz hatte verhindert, dass Lebensmittel und Hilfsgüter die hungernden Menschen erreichen. Die UN beschreiben die Lage in dem Land als die größte humanitäre Krise der Welt.