Unternehmen zögern mit dem Errichten neuer Werke in den USA. Wäre nicht der Boom bei Datenzentren, würde es auf dem Bau ganz düster aussehen.

Die Stärkung der amerikanischen Industrie bleibt eine Baustelle.Die Stärkung der amerikanischen Industrie bleibt eine Baustelle.

Bloomberg

«Arbeitsplätze und Fabriken werden zurück in unser Land strömen. Wir werden unsere industrielle Basis hochfahren.» Das stellte Donald Trump Anfang April in Aussicht, als er die erste Welle von Zöllen gegen internationale Handelspartner verkündete. Ein neues goldenes Zeitalter stehe den USA bevor, sagte Trump.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Noch ist dieses Zeitalter nicht angebrochen. Das zeigt die Flaute beim Bau neuer Fabriken. Die Unsicherheit über ständig wechselnde Zollsätze und Ausnahmen hat das sogenannte «Reshoring» vieler Unternehmen abgewürgt. Investitionen in eine Produktionsverlagerung sind heikel, wenn eine Firma nicht weiss, wie lange Zölle gelten und wie stark welche Vorleistungen aus den heutzutage oft internationalen Lieferketten belastet werden.

Kein Geld für mehr Fabriken

Die Ausgaben für neue Produktionsgebäude in den USA erreichten im Herbst 2024 ihren Höhepunkt, wie Daten der amerikanischen Statistikbehörde zeigen. Seither gingen sie zurück und lagen im Juli fast 7 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

In den vergangenen Wochen ist die Zuversicht im Gewerbebau zwar wieder gewachsen. Aber das liegt laut Stimmungsbarometern wie dem Dodge-Momentum-Index hauptsächlich an den sprudelnden Aufträgen für Datenzentren – und die haben nichts mit Trumps Zöllen zu tun, sondern mit dem Hype um künstliche Intelligenz.

Das spürt auch der Zementkonzern Amrize, ehemals Teil von Holcim. Das Nordamerikageschäft des Schweizer Zementriesen wurde im Sommer abgespalten, damit man sich ganz auf die Wachstumschancen in den USA und Kanada konzentrieren kann. Bisher war die Börse davon nicht euphorisiert: Amrize-Aktien entwickelten sich seit der Kotierung meistens seitwärts. Holcim-Aktien legten hingegen auf einen Schlag um 20 Prozent zu – fast so, als sei mit Amrize eine Last von ihnen abgefallen.

Brücken, Strassen, Datenzentren – sonst nichts

Doch auch Amrize kann Erfolge vorweisen, was die Anleger am Mittwoch mit einem Kurssprung von rund 5 Prozent belohnten. Der Konzern meldete für das dritte Quartal einen Umsatz von 3,7 Milliarden Dollar. Das sind fast 7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Aber das hat wenig mit Trumps erhofftem «Reshoring» zu tun.

Amrize verkaufte markant mehr Zement für staatliche Infrastrukturprojekte, die unabhängig von den Zöllen mit Steuergeld finanziert werden. Und für Datenzentren sowie Projekte zu deren Energieversorgung. Vom Boom der Rechenzentren profitieren auch andere Schweizer Firmen wie der Industrieriese ABB und der Stromtechnikspezialist Landis + Gyr.

Doch eine Welle von Investitionen in amerikanische Fabriken ist nicht zu erkennen. Politische Unsicherheit halte das «Reshoring» zurück, klagte vor wenigen Tagen bereits Thomas Hasler, der CEO des Bauchemieriesen Sika: «Viele Projekte sind bereit, wurden aber auf Eis gelegt. Es ist eine spekulative Frage, wann wir Klarheit haben werden», sagte er gegenüber Analysten. Hasler hofft auf das Jahr 2026, falls dann die Zollstreitereien beigelegt sind.

Noch pessimistischer ist die UBS. Die Grossbank erwartet in den USA erst ab 2027 wieder ein Wachstum der Bauinvestitionen in Fabriken und Produktionsgebäude. Doch in diesem und im kommenden Jahr würden die Ausgaben sinken.

Ohne Chips und Pharma wäre das Bild noch düsterer

Eine Ausnahme bei den neuen Werken sind Investitionen in die Herstellung von Computerchips sowie Medikamenten. In- und ausländische Pharmakonzerne, darunter Roche und Novartis, haben für die kommenden Jahre Ausgaben in Höhe von insgesamt fast 300 Milliarden Dollar für neue Fabriken angekündigt. Das tun sie auch, um Trumps Zölle abzuwenden. Hier funktioniert die Politik des Präsidenten offenbar.

Im Gegenzug haben amerikanische Unternehmen vieler anderer Branchen ihre allgemeinen Investitionspläne seit April gekürzt. Ohne das neue Geld für Chip- und Pharmawerke wäre der Rückgang der Bautätigkeit des verarbeitenden Gewerbes in den kommenden zwei Jahren noch deutlich stärker, so die UBS.

Die amerikanische Bauwirtschaft ist von grossen Gegensätzen geprägt. Der Wohnungsbau liegt darnieder, weil das hohe Zinsniveau die Finanzierungskosten steigen liess. Demgegenüber wurden in den vergangenen Jahren bereits hohe Investitionen in das verarbeitende Gewerbe und in Produktionsanlagen getätigt – ähnlich wie Trump sich das heute durch seine Zollpolitik wünschen würde.

Doch diese Ausgaben waren von grossen Förderprogrammen veranlasst, die unter Präsident Joe Biden verabschiedet wurden: der Inflation Reduction Act (IRA) und der Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA). Einen Teil dieser Förderungen schränkt Trump ein, insbesondere im Bereich erneuerbarer Energien. Nur bei der Infrastruktur wird das staatliche Geld weiter ausgegeben: Amrize zählt darauf, dass erst die Hälfte des IIJA-Topfes ausgeschüttet ist.

Hingegen ist die Dynamik bei Investitionen in Fabriken und Werke inzwischen verflogen. So gehöre der Boom bei Batteriefabriken und Werken für Elektroautos in den USA nun eindeutig der Vergangenheit an, kommentiert die UBS. Das wiederum dürfte in Trumps Sinne sein. Ob es im Interesse Amerikas ist, sei dahingestellt.