Je mehr sich der Pulverdampf der Parteipropaganda verzieht, desto mehr wächst der Zuspruch für Friedrich Merz (69, CDU) nach seiner viel diskutierten „Stadtbild“-Kritik. Bei Markus Lanz (56) endete jetzt sogar ein hitziges Fernseh-Scherbengericht von Kommunalpolitikern mit einem Freispruch für den Bundeskanzler.
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Die Urteilsbegründung des ex-grünen Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer: „Ich finde die Debatte hat uns tatsächlich weitergebracht. Sie war ärgerlich und unklar am Anfang, aber sie hat uns weitergebracht, weil offener und deutlicher benannt wird, welches Problem wie in zentralen Bereichen der Städte haben.“
Der Tübingen-OB über den Stil: „Mit dieser Empörungskultur kommen wir nicht mehr weiter. Wir können das alles nicht mehr wegschieben, dass wir diejenigen, die es aussprechen, dämonisieren und ausgrenzen. Dass der Kanzler da jetzt einfach standgehalten hat, den der Druck war schon enorm, finde ich erst mal gut. Jetzt scheint sich ein Debattenraum zu öffnen.“
Palmer über die Angst vor allem von Frauen vor Migranten: „Diese Gruppen junger Männer jetzt mal anzusprechen und zu sagen: Die müssen von der Straße runter, die müssen in Arbeit, oder, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben, muss der Staat früher intervenieren – das haben wir die letzten Jahre versäumt.“
Palmer über besonders laute Kritiker des Kanzlers: „Sie sollten nicht mehr mit Rassismus-Vorwürfen antworten, sondern versuchen, einzuordnen und gemeinsam die Probleme zu lösen. Mir war klar, dass es nicht um Abschiebungen gehen kann.“
Palmer auf den Punkt: „Das hat viele Menschen verstört, dass wir in den vergangenen Jahren eine Veränderung im Stadtbild hatten, an zentralen Plätzen, Bahnhöfen und Parks mitten in der Stadt, wo junge, arbeitslose Männer ohne Aufenthaltsrecht den ganzen Tag zusammenstehen, nicht selten mit Drogen gehandelt haben, aggressiv waren und gepöbelt haben.“
Hannover-OB Belit Onay (Grüne) trotzdem: „Die Problemlösung ist viel zu grobschlächtig. Das ist ja der Fehler, den der Kanzler macht. Keines der Probleme wird sich durch Abschiebung lösen lassen. Niemandem steht auf der Stirn geschrieben, welchen Aufenthaltsstatus er hat.“ Lanz prompt: „Schießerei, Messerstecherei – bei Ihnen fühlen sich nachts nur noch 14 Prozent der Bewohner sicher!“
Hannover-OB Belit Onay (44)
Ludwigshafen-OB Jutta Steinruck (63, Ex-SPD) vorwurfsvoll: „Der Bundeskanzler hat einfach mal mehr als die Hälfte der Bewohner meiner Stadt an den Pranger gestellt!“ Dabei seien die vielen Migranten wegen der Arbeit in ihre Stadt gekommen, deshalb könne man Ludwigshafen nicht „einfach behandeln wie jede andere Stadt“. Ihr massivstes Argument: Als Bürgermeisterin trete sie nicht noch einmal an, denn „ich will dieses Blut nicht an meinen Händen haben“.
Foto: ZDF
Kanzleramtschef Thorsten Frei (52, CDU) über den neuen Streit um den Kanzler: „Offensichtlich ist es so, dass ihn eine Menge Leute missverstehen wollten. Deswegen hatten wir eine Debatte, die einigermaßen surreal war.“