Es ranken sich viele Mythen um die ungarische Gräfin Erzsébet (Elisabeth) Báthory. Der Legende nach soll sie 650 Jungfrauen ermordet und in ihrem Blut gebadet zu haben, um ewig jung zu sein. Ob wahr oder nicht – die Gräfin gehörte einst zu den mächtigsten Adligen Ungarns. Die Schauspielerin Sandra Maria Huimann von den Landesbühnen Sachsen hat sich diesem historischen Stoff nun für die Inszenierung „Blutgräfin“ gewidmet, die am Donnerstag im Zentralwerk Dresden Premiere hat.
MDR KULTUR: Frau Huimann, wer ist beziehungsweise war diese „Blutgräfin“?
Huimann: Die „Blutgräfin“– ich habe den Titel des Theaterstücks absichtlich gewählt, weil er so schön malerisch ist und so vielsagend: Das war eine ungarische Gräfin, die 1560 geboren wurde. Sie lebte bis 1614, also in den Ausklängen der Renaissance, und war eine unglaublich reiche und mächtige Frau.
Sie hatte das Glück, dass sie relativ gut verheiratet wurde mit Ferenc Nádasdy. Er kam aus einer sehr reichen Familie und starb jung. Sie hat dann ganz selbstbewusst, klug und gebildet, wie sie war, das gesamte Geld geerbt und das Vermögen eigenständig verwaltet.
Es rankt sich dieser Mythos um diese „Blutgräfin“, die so viele junge Frauen getötet und in ihrem Blut gebadet haben soll. Aber die eigentliche Historie weist darauf hin, dass es eine Intrige gegeben haben könnte, um sie loszuwerden.
Blutverschmiert: Beim Stück steht die Regisseurin Sandra Maria Huimann selbst als „Blutgräfin“ auf der Bühne.
Bildrechte: Sandra Maria Huimann
Die Habsburger haben ihr zum Beispiel relativ viel Geld geschuldet – und auch andere mächtige Menschen aus der damaligen Zeit. Da war es ganz praktisch, dass man einen Weg gefunden hat, um sie loszuwerden. Man hat sie eingesperrt in ihrer eigenen Burg. Die Legende sagt, eingemauert in einem Zimmer für drei Jahre. Und dort ist sie gestorben.
Die eigentliche Historie weist darauf hin, dass es eine Intrige gegeben haben könnte, um Elisabeth Báthory loszuwerden.
Schauspielerin und Regisseurin Sandra Maria Huimann
Für die Zahl der 650 Jungfrauen gibt es eine einzige Quelle. Es gab einen Gerichtsprozess, bei der ihre vermeintlichen Komplizinnen, drei Frauen und ein Mann, angeklagt wurden. Sie haben unter Folter ausgesagt, dass zwischen 30 und 50 junge Frauen zu Tode gekommen sein sollen, was auch schon genug wäre. Aber diese Zahl 650 wabert sehr mystisch und ohne viele Belege durch die Welt.
Sandra Maria Huimann wurde 1983 in Wien geboren und ist Schauspielerin an den Landesbühnen Sachsen. Seit einigen Jahren arbeitet sie auch als Regisseurin. Huimann absolvierte am Wiener Konservatorium (heute MUK) ihre Ausbildung zur Schauspielerin. Ihr Erstengagement führte sie an die Landesbühnen Sachsen, wo sie unter anderem als die Titelfigur in Lessings „Minna von Barnhelm“, als Johanna in Schillers „Jungfrau von Orleans“ oder als Cate in „Zerbombt“ von Sarah Kane zu sehen war.
Quelle: Landesbühnen Sachsen
Sandra Maria Huimann ist bereits seit ihrem Erstengagement bei den Landesbühnen Sachsen.
Bildrechte: holmsohn
Ist „Blutgräfin“ auch ein Stück über die Frauenbilder, die sich vor allem eine Männerwelt über Frauen macht?
Absolut. Das, wofür die Gräfin heute bekannt ist – dass sie in dem Blut dieser vielen Jungfrauen gebadet haben soll, um zu ewiger Jugend und Schönheit zu kommen – dieser Mythos ist erst 100 Jahre nach ihrem Tod geschaffen worden. Zu ihren Lebzeiten war das nie Thema. Da waren diese Morde Thema und Grausamkeiten gegenüber jungen Frauen und Bediensteten.
Auch die Opfer der Gräfin bekommen in Huimanns Stück eine Stimme – musikalisch verkörpert durch Gitarrenklänge.
Bildrechte: Carsten Beier
Aber diese Blutbäder kamen später auf, als ein Jesuitenmönch die versiegelten Gerichtsdokumente zu diesem Prozess von damals gefunden hat. Der hat sich dann ein paar Dinge zurechtgereimt. Er hat sich überlegt: Diese Frau hat getötet, was kann der Grund dafür sein, dass Frauen töten? Es ist eigentlich nur logisch, dass die das gemacht hat wegen ihrer Schönheit. Es gibt dafür keinen anderen Grund…
Sie haben den Text für das Stück geschrieben, Regie geführt und stehen selbst in diesem Monolog auf der Bühne. Warum machen Sie das alles gleichzeitig?
Es ist schon anstrengend, aber es ist auch wirklich sehr, sehr erfüllend und inspirierend. Ich muss da ein bisschen ein Künstlerinnenklischee erfüllen. Wenn es einen treibt, kann man nicht anders. Ich habe angefangen zu lesen und habe gemerkt, dass die Figur der Gräfin mich sehr fesselt. Ich habe keine Theaterstücke zu ihr gefunden, die ihr meiner Meinung nach gerecht wurden. Und dann habe ich schon automatisch angefangen zu schreiben.
Ich habe vorher keine Theaterstücke gefunden, die der Gräfin gerecht wurden.
Regisseurin und Schauspielerin Sandra Maria Huimann
Huimann setzt sich mit ihren Rollen stark aus feministischer Perspektive auseinander.
Bildrechte: Carsten Beier
Ich habe das Stück bei unserer Theaterleitung an den Landesbühnen gepitcht und die waren begeistert. Dann habe ich weitergeschrieben. Im Schreiben ist dann automatisch eine Konzeption, ein Regiekonzept gewachsen – und dann war das Stück fertig. Im Endeffekt glitt eines ins andere hinein.
Ist Dresden ein guter Ort für Theater oder vermissen Sie Wien, Ihre Geburtsstadt, wo vielleicht mehr Experiment möglich wäre?
Dresden ist ein super Ort für Theater. Ich finde auch, dass hier tatsächlich viel Experiment möglich ist. Ich habe immer mal wieder Heimweh nach Wien. Aber ich würde sagen: In meiner Theaterwelt, die ich jetzt hier in Dresden habe und auch in Chemnitz, fühle ich mich sehr gewertschätzt. Mir werden viele Möglichkeiten eröffnet von den Theatern, auch mit spannenden Leuten zu arbeiten. Und ich habe auch den Eindruck, dass das Publikum sehr zugänglich ist für diese Themen.
Im Zentralwerk Dresden werden die Premiere und zwei weitere Vorstellungen im November von „Blutgräfin“ stattfinden.
Bildrechte: picture alliance / dpa | Sebastian Kahnert
„Blutgräfin“
Ein multimediales Schauspiel von Sandra Maria Huimann
Premiere: 30.10.2025, 19:30 Uhr
Adresse
Zentralwerk Dresden
Riesaer Str. 32
01127 Dresden
Weitere Aufführungstermine:
06.11.2025, 19:30 Uhr, Zentralwerk Dresden
07.11.2025, 19:30 Uhr, Zentralwerk Dresden
15.11.2025, 20 Uhr, Albrechtsburg Meissen
30.12.2025, 20 Uhr, Albrechtsburg Meissen
Adresse
Albrechtsburg Meissen
Domplatz 1
01662 Meißen
HinweisDas Interview wurde leicht gekürzt und für eine bessere Verständlichkeit redaktionell bearbeitet. Das gesamte Gespräch können Sie im Audio ganz oben anhören.
Quelle: MDR KULTUR (Interview von Annett Mautner)
Redaktionelle Bearbeitung: gw, hro, bh
Mehr Theater
Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR – Das Radio | 29. Oktober 2025 | 17:40 Uhr