Donald Trump gestern Abend im Garten des Weißen Hauses. Foto: Kent Nishimura/Bloomberg
Heute Nacht hat Donald Trump voller Stolz die Gegenseitigen Zölle verkündet, massive Zölle gegen unzählige Länder. Was mir gleich auffiel bei der Veröffentlichung einer großen Übersicht (siehe folgender Tweet): China belastet die USA mit 67 % Zoll, und die USA erheben jetzt einen Gegenzoll mit 50 % „Rabatt“, also „nur“ 34 %. Genauso die EU: Wir erheben angeblich 39 % Zoll gegen die USA, und die versehen uns jetzt mit einem „rabattierten“ Zoll von 20 %? Wie nett von Trump, er gibt allen Ländern 50 % Rabatt.
Da darf man ja glatt dankbar sein? Aber „Gegenseitige“ Zölle – das sollte doch eigentlich bedeuten, dass er gleich hohe Zölle verhängt. Diese Sache mit dem Rabatt ist die erste Merkwürdigkeit. Will er damit sogar großzügig wirken? Aber dann ist auch die Frage: Wie kommen Trumps Leute auf 67 % und 39 % Zoll von China und EU gegen die USA? Wie kommt er auf diese Prozentsätze?
LIBERATION DAY RECIPROCAL TARIFFS 🇺🇸 pic.twitter.com/ODckbUWKvO
— The White House (@WhiteHouse) April 2, 2025
Der Autor James Surowiecki gab heute Nacht den entscheidenden Hinweis, wie Trumps Team auf diese hohen Zollsätze kommt, die andere Länder bisher angeblich gegen die USA erheben sollen – was ihm offenkundig als Grundlage für seine „50 % Rabatt-Zölle“ dient. Man könnte fast lachen, aber: Man hat sich nicht Zolltarife in China oder der EU angeschaut, sondern einfach gesagt: Wir schauen auf das Warenhandelsdefizit der USA mit einem Land, und diese Summe wird in Relation gesetzt zur gesamten US-Importsumme aus diesem Land.
Ich habe direkt mal nachgeschaut auf der offiziellen Webseite des US-Handelsbeauftragten: Die US-Warenimporte aus der Europäischen Union beliefen sich 2024 auf insgesamt 605,8 Milliarden US-Dollar. Das US-Warenhandelsdefizit mit der Europäischen Union belief sich 2024 auf 235,6 Milliarden US-Dollar. 235,6 in Relation zu 605,8 = 38,9 %. So kommt man rein rechnerisch also auf einen Wert von 39 %, den die EU bislang angeblich als Zoll für die USA aufgelegt haben soll (echter Quatsch). Und bezogen darauf gibt Trump „großzügig“ 50 % Rabatt, und belegt die EU mit 20 % Zoll. Lachen oder besser weinen?
Just figured out where these fake tariff rates come from. They didn’t actually calculate tariff rates + non-tariff barriers, as they say they did. Instead, for every country, they just took our trade deficit with that country and divided it by the country’s exports to us.
So we… https://t.co/PBjF8xmcuv
— James Surowiecki (@JamesSurowiecki) April 2, 2025
Das selbe gilt für China (und wohl auch für alle anderen Länder): Laut US-Handelsbeauftragtem beliefen sich die US-Warenimporte aus China in 2024 auf insgesamt 438,9 Milliarden US-Dollar. Das US-Warenhandelsdefizit mit China belief sich 2024 auf 295,4 Milliarden US-Dollar. 295,4 in Relation zu 438,9 = 67,3 %. So kommt Trump auf 67 % angeblichem Zoll der Chinesen gegen die USA. 50 % „Rabatt“ bedeutet 34 % Zoll der USA gegen China. Kein Witz. Traurig, aber wahr. Auch das Wall Street Journal hat heute früh diesen Rechenweg nachvollzogen und bestätigt, dass Trumps Team über diesen Rechenweg angebliche ausländische Zölle gegen die USA berechnet hat, was inhaltlich völliger Quatsch ist!
Wie muss man sich das vorstellen? Trump und seine Berater haben sich überlegt, wie sie möglichst höhe Zölle verhängen können, und wie die Zölle anderer Länder gegen die USA möglichst hoch dargestellt werden können. Aber dann nicht reale Zollsätze zu nehmen, sondern diesen „Rechenweg“ zu wählen – darauf wäre wohl wirklich niemand außer Trump und seine Leute gekommen. Abenteuerlich! Aber warum dann „50 % Rabatt“ auf jedes Land? Man will damit wohl noch großzügig wirken? Unfassbar.
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