Einen Tag nach den Parlamentswahlen in den Niederlanden teilen sich die Zentrumspartei D66 und die rechtspopulistische Partei des islamfeindlichen Abgeordneten Geert Wilders den ersten Platz. Nach
Auszählung fast aller Stimmen hat jede der Parteien 26 Sitze im
Parlament gewonnen. Das geht aus dem Ergebnis hervor, das von der
niederländischen Nachrichtenagentur ANP veröffentlicht und von den Medien des Landes zitiert wurde. So ein Ergebnis hat es in der Geschichte der Niederlande noch nicht gegeben.
Wie niederländische Medien berichten, könnten die rund 135.000 Briefwahlstimmen entscheidend für den Ausgang der Wahl sein. 90.000 von ihnen stammen laut Medien von Niederländern aus dem Ausland. So ist es rein rechnerisch immer noch möglich, dass D66 noch einen Sitz dazugewinnt und damit vor die rechtspopulistische Partei für die Freiheit (PVV) zieht. In diesem Szenario würde die sozialistische SP einen Sitz verlieren und statt drei nur noch zwei Vertreter im Parlament stellen.
Aktuell sind 99,7 Prozent der Stimmen ausgezählt. Bis die Stimmen aus dem Ausland ausgezählt sind, kann jedoch bis Montag dauern, teilte die Stadt Den Haag mit, die für die Auszählung dieser Stimmen zuständig ist. In Den Haag befinden sich das niederländische Parlament und der Regierungssitz.
Koalitionsgespräche verzögern sich
Der Ausgang der Wahlen dürfte den
Beginn der Gespräche über eine Koalitionsbildung hinauszögern. Wilders
forderte die D66 auf, mit Aktivitäten diesbezüglich zu warten, bis „100-prozentige Klarheit“ bestehe. „Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um das zu verhindern“, sagte er.
© Lea Dohle
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Die D66 war als großer Wahlgewinner so oder so in Jubellaune: Der
Vorsitzende Rob Jetten verteilte Kuchen an Parteianhängerinnen und
Parteianhänger. „Das ist das bislang beste Ergebnis für die D66“,
sagte der 38-Jährige am Morgen.
150 Sitze im Abgeordnetenhaus
Geert Wilders‘ PVV verliert dem bisherigen Ergebnis zufolge elf Sitze im Abgeordnetenhaus, die D66 legt
hingegen um 17 Sitze zu. Das Abgeordnetenhaus hat insgesamt 150 Sitze.
Ob Wilders in die Regierung zurückkehrt, ist
unklar. Mehrere Parteien haben eine Koalitionsbildung mit seiner
PVV ausgeschlossen, darunter die D66. Sie betrachten Wilders als
unzuverlässigen Partner, weil er im Juni im Streit um Migration eine
Vier-Parteien-Koalition zu Fall brachte. Angesichts der
Parteienlandschaft in den Niederlanden dürfte die Bildung einer neuen
Koalition Wochen oder Monate dauern. Denn, so die Kommentatoren, nie zuvor seien die Niederlande derart gespalten gewesen wie jetzt. Bei keiner der vorangegangenen Wahlen habe die stärkste Kraft so wenige Stimmen erhalten wie diesmal, und nie zuvor gehörten dem Parlament mehr Parteien an. In den Niederlanden gibt es anders als in Deutschland keine Fünf-Prozent-Klausel.