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Kutsal Soysal baute einen Monte-Carlo für Rapper Gzuz um. Das Auto zeigte er ihm kurz vor dem Bautz-Festival in Lüdenscheid.Kutsal Soysal baute einen Monte-Carlo für Rapper Gzuz um. Das Auto zeigte er ihm kurz vor dem Bautz-Festival in Lüdenscheid. © Juri Zeiser

Ein Lüdenscheider baut Rapper Gzuz sein Traumauto und übergibt es persönlich auf dem Bautz-Festival – und macht damit HipHop-Träume wahr.

Lüdenscheid – Ein Junge aus der Werkstatt, der seinen Traum lebt – so einfach beginnt die Geschichte von Kutsal Soysal. „Ich war immer schon Werkstatt-Kind“, erzählt er und lacht. In der Halle seines Vaters ist er groß geworden. Schon als Kind schraubte er mit. Doch es war sein älterer Bruder, der ihm eine Welt zeigte, die bald mehr als nur Musik werden sollte: HipHop. „Das ist ein Lifestyle, auch wenn das nicht jeder glaubt“, sagt er und wirft einen Blick zu seinem Fotografen und Freund Juri Zeiser. Der nickt wortlos – für beide ist klar, dass HipHop mehr ist als Musik.

Aufgewachsen in Meinerzhagen und im Herzen Lüdenscheids, auf den Straßen, Plätzen und in der Altstadt. Dort befand sich damals noch der HipHop-Shop 5th Avenue, ein Treffpunkt für eine ganze Generation, bevor er zur Grand Cru Weinbar wurde. „Ich war Breakdancer und hab mit meinen Jungs an Autos geschraubt“, erinnert er sich. Mit Baggy Pants, übergroßen Shirts und tief sitzender Kappe lebte er den HipHop pur.

Bis heute schraubt er an Autos – spezialisiert auf Lowrider. Und warum gerade diese? Kutsal lacht: „Ich wollte nie dazugehören.“ Als Kind sah er in den Musikvideos der Rapper der amerikanischen Westküste zum ersten Mal einen Lowrider. „Da dachte ich einfach: ‚Geil, so einen will ich auch fahren.‘“

Kutsal Soysals erstes amerikanisches Auto war auch ein Monte-Carlo. Kutsal Soysals erstes amerikanisches Auto war auch ein Monte-Carlo. © privatLowrider: Eine ganz besondere Art von Auto

Lowrider sollen mehr als Autos sein – sie sind rollende Kunstwerke, tiefergelegt und mit Hydraulik ausgestattet, sodass sie tanzen, hüpfen und sich auf Knopfdruck in Szene setzen. Die Wurzeln dieser Kultur liegen in der Chicano-Community in Kalifornien. Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen mexikanisch stämmige US-Amerikaner, ihre Wagen individuell zu gestalten, um Stolz und Identität zu zeigen. Lowrider waren immer auch Protest: nicht schneller, höher, lauter – sondern anders, auffälliger, bewusster.

Genau in dieser Tradition stehen auch Kutsals Vorbilder: Estevan Oriol, der Fotograf, der die Straßenkultur von Los Angeles festhielt, und Mister Cartoon, Tätowierer und Lowrider-Künstler. Cartoon hat Rapper wie Snoop Dogg, Eminem oder 50 Cent tätowiert. Sein Prinzip: mit allen zu kooperieren, Grenzen zwischen Musik, Kunst und Straße aufzulösen. Genau dieser Gedanke zieht sich auch durch Kutsals Leben – nicht abgrenzen, sondern verbinden. „Früher waren das meine Idole, heute häng’ ich mit denen ab. Verrückt, oder?“, sagt er und grinst, als könne er es selbst nicht ganz glauben.

Bei Legacy Tattoo in der Altstadt ließ er sich ein Tattoo im Nacken stechen.Bei Legacy Tattoo in der Altstadt ließ er sich ein Tattoo im Nacken stechen. © Cedric NougrigatVom Opel Diplomat zum Monte-Carlo für Rapper Gzuz beim Bautz-Festival

Mit 15 schraubte er schon an Autos, finanzierte sich Roller und Tuningteile mit einem Nebenjob im Getränkemarkt. Leichtsinn gehörte dazu. „Ich hab einfach in die Heckklappe gebohrt. Spoiler drauf, fertig.“ Sein erstes eigenes Auto: ein weißer Opel Diplomat. Sechs Zylinder reichten ihm jedoch nicht – also musste irgendwann einer mit acht her: „Mein erstes richtiges Auto war dann der Monte-Carlo aus den USA.“ Damals ahnte er nicht, dass er Jahre später genau dieses Auto für einen der bekanntesten Deutschrapper umbauen würde.

Legal waren die Umbauten jedoch selten. Viele seiner Anpassungen hielten keinem TÜV stand. Auch Lowrider haben in Deutschland keine Straßenzulassung, dienen mehr als Show-Objekte. „Wenn ich überlege, wie oft ich damals in Meinerzhagen mit den Dingern unterwegs war – jeder wusste sofort, wem die Karre gehört.“ Ärger mit der Polizei? „Selten. Die kannten uns und haben uns machen lassen. Heute undenkbar.“ Auffallen sei nichts für ihn, deshalb ist er lieber nachts unterwegs: „Ich bin kein Poser. Das verstehen viele nicht.“ Sein Vater gab ihm die Richtung mit. Am Sterbebett habe er gesagt: „Leb deinen Traum und lass dich nicht ausbremsen.“

Kutsal Soysal wird TÜV-Gutachter

Heute ist Kutsal nicht nur Schrauber, sondern auch Familienvater – und TÜV-Gutachter bei TÜV Süd. Der Kontrast überrascht. „Die haben mich angeworben. Ich dachte: Ihr wisst schon, dass ich selbst illegal unterwegs bin?“ Doch für den TÜV war das kein Problem. Anfangs versteckte er Tattoos, zog sich neutral an, wollte nicht als „Gangster“ abgestempelt werden. Heute steht er zu sich selbst, mit Baggy Pants und tätowierten Armen.

Kutsal übernimmt den Auftrag für Rapper Gzuz

Der Monte-Carlo von früher sollte ihm noch einmal begegnen – und öffnete ihm schließlich die Tür zum Backstage des Bautz-Festivals. Rapper Gzuz bestellte bei „Workshop Number 5“ in Hagen einen Monte-Carlo, und der Auftrag für den Umbau des 1979er-Wagens landete bei Kutsal. „Wir haben alles verändert“, erzählt er. Aus Hellblau wurde Schwarz und Grau, eine wuchtige Anlage kam in den Kofferraum. Monatelange Arbeit, die Kutsal und sein Team in das Auto steckten. Am Bautz-Freitag wurde es enthüllt – und Gzuz reagierte begeistert. „Er hat sich gefreut wie ein kleines Kind“, erinnert sich Kutsal. Ein Lohn für die Mühe, der größer war als jede Gage.

Das Auto führte Kutsal Soysal Rapper Gzuz am Bautz-Freitag vor.Das Auto führte Kutsal Soysal Rapper Gzuz am Bautz-Freitag vor. © Juri Zeiser

Aus dem Werkstattjungen mit großen Augen wurde jemand, der in der Szene weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt ist. Menschen erkennen ihn, wollen Fotos mit ihm, feiern seine Wagen. Doch in seiner Stimme liegt keine Überheblichkeit, wenn er am Ende sagt: „Ich mach’ immer noch die gleichen Sachen wie mit 15. Was wollt ihr denn alle?“

Im Märkischen Kreis rechnet die Polizei mit mehreren Einsätzen wegen Übermut und warnt vor verbotenen Streichen in der Gruselnacht.