Ihre Anschuldigungen lösten vor zwei Jahren eine breite Protest-Welle aus, die bis heute andauert. Nun hat das Hamburger Landgericht nach einer Klage von Rammstein-Sänger Till Lindemann der Nordirin Shelby Lynn untersagt, weiterhin zu behaupten, im Zuge eines Konzerts im litauischen Vilnius von Rammstein-Mitgliedern mit K.O.-Tropfen betäubt worden zu sein.

Laut Urteil handelt es sich bei Statements Lynns teilweise um unwahre Tatsachenbehauptungen. Weiter behaupten darf Lynn allerdings über sich selbst, „beim“ Rammstein-Konzern „gespiked“ worden zu sein. Und sie darf weiter sagen: „Ich wurde beim Konzert gespiked, hatte auf der Pre-Party nur 2 Drinks. Und … gab allen einen Tequila-Shot. Ich weiß nicht, wann das passiert ist oder wie.“

Dazu teilte das Landgericht WELT mit: „Insofern sei für Leserinnen und Leser erkennbar, dass die Beklagte Schlussfolgerungen aus unstreitigen Tatsachen ziehe und somit keine Verdachtsäußerung, sondern eine wertende Äußerung tätige.“

Zu den Feinheiten des Verfahrens erklärte das Gericht, es bestehe „ein großer Unterschied zwischen der Behauptung, man wurde während (‘AT‘) eines Konzerts der Band und der Behauptung, man wurde von der Band (‘by … ‚) unter Drogen gesetzt“.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu zwei Fünfteln und die Beklagte zu drei Fünfteln zu tragen.

Lynns Bezichtigung, am 22. Mai 2023 bei einer Party der Band betäubt worden zu sein, hatte Rammstein-Frontmann Till Lindemann in den Fokus der MeToo-Bewegung gerückt und eine breite mediale Berichterstattung zur Folge.

Lynns Anwalt Jasper Prigge verbreitete im Blick auf das Hamburger Urteil dieses Statement seiner Mandantin: „Die Gedächtnislücken während des Konzerts sind für mich nicht anders zu erklären, als dadurch, dass mir etwas in das Getränk gemischt wurde. Wie das geschehen ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber, was ich erlebt habe. Dass ich darüber weiter sprechen darf, ist für mich sehr wichtig.“

Die für Lindemann tätige Rechtsanwaltskanzlei veröffentlichte auf der Plattform X eine Presseerklärung zum Fall: „Diese Entscheidung ist von besonderer Bedeutung, da fast alle Medienberichte seit Juni 2023 auf den nun untersagten Anschuldigungen von Shelby Lynn beruhen“, heißt es darin. „Wir mussten im Namen unseres Mandanten zahlreiche Verfahren im Zusammenhang mit diesen Berichten einleiten. Diese Verfahren endeten fast ausnahmslos erfolgreich zu Gunsten unseres Mandanten.“

Dies sieht Lynn-Anwalt Prigge anders, er sagte: „Die besondere Bedeutung des Verfahrens liegt darin, dass Shelby Lynn im Kern weiter darüber sprechen darf, dass sie bei dem Konzert ‚gespiked‘ wurde. Mehrere Beiträge in sozialen Netzwerken, in denen sie dies tat, wurden von Lindemann erfolglos gerichtlich angegriffen.“

Die Berichterstattung der WELT zu diesem Thema ist juristisch nie angegriffen worden.