In Sachen Leinpfad kannte die 1. Zivilkammer juristisch kein Pardon für die Stadt Bad Honnef: Das Bonner Landgericht verurteilte die Kommune am Freitag auf Zahlung von 105.512 Euro an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), weil sie den notariellen Kaufvertrag über eine 96.000-Quadratmeter-Parzelle des Rheinuferwegs nicht erfüllt hat.
Die BImA hatte den Honnefern ein Teilstück des Leinpfades statt für den tatsächlichen Grundstückswert von mehr als 100.000 Euro für Null Euro zum Kauf angeboten. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Kommune sich verpflichtet, den Kaufgegenstand, also den Leinpfad als öffentlichen Verkehrsweg für Radler und Spaziergänger herzurichten.
Stadt Bad Honnef bat erst spät um eine Fristverlängerung
Am 4. Januar 2021 unterzeichneten die Stadtväter den notariellen Vertrag mit der BImA, der dort zugesicherte Verbilligungsabschlag jedoch sollte ihnen nur zuteilwerden, wenn sie die Herrichtungsfrist des Weges von drei Jahren einhalten; verabredet wurde der 3. Januar 2024. Nach diesem Coup passierte nicht viel.
Erst kurz vor Ablauf der Vertragsfrist baten die Honnefer im Herbst 2023 bei der BIMA um eine Fristverlängerung: Die Ausbauplanung brauche noch Zeit, heißt es in einem Schreiben an die Bundesbehörde. Einen Fristaufschub bis 2027 erbaten die Honnefer, aber die BImA spielte nicht mehr mit. Sie verklagte die Kommune auf Zahlung des Grundstückswertes.
Das Bonner Landgericht hat dem Kläger jetzt in jeder Hinsicht recht gegeben: Die Kommune habe in all den Jahren nach dem Kauf nichts an dem Weg getan; außer ein wenig Schotter aufzutragen oder statt der Verbotsschilder ein neues Schild mit dem Hinweis „Unebene Wegstrecke“ und „Benutzung auf eigene Gefahr“ anzubringen.
„Der Zustand des Pfades wird einer öffentlichen Herrichtung des Weges, der den allgemeinen Regeln der Technik sowie von Sicherheit und Ordnung genügt, nicht gerecht“, heißt es im Urteil. Vielmehr handele es sich weiterhin um einen mit etwas Schotter ausgebesserten „Trampelpfad“ oder eine eng begehbare Schneise, die sich durch wilde Vegetation zieht. Das sei „keine seriöse Herrichtung“ eines öffentlichen Weges, der der erforderlichen Verkehrssicherungspflicht entspräche.
Den Vorwurf des Wuchers weist das Landgericht zurück
Auch die Entgegnung der Honnefer, dass es sich beim Leinpfad auch wegen der Natur- und Wasserschutzauflagen um ein „komplexes Problem“ handele, für dessen Ausbauplanung man mehr Zeit brauche, ließ die Kammer nicht gelten: Die Kommune habe bereits bei Vertragsunterzeichnung im Januar 2021 von der „Komplexität“ des Grundstücks gewusst. Dieses Risiko sei sie sehenden Auges eingegangen.
iAnfragen der SPD
Vor allem die SPD-Fraktion im Bad Honnefer Stadtrat hat den Zustand des Leinpfades in den vergangenen Jahren immer wieder zum Anlass für Anfragen genommen. Im März 2025 kündigte die Stadtverwaltung daraufhin eine Machbarkeitsstudie an. Weiter hieß es: „Der Leinpfad kann aus den Belangen der Verkehrssicherungspflicht heraus nicht gepflegt und unterhalten werden.“ Zudem könne die Stadt Bad Honnef privaten Eigentümern am Leinpfad den Rückschnitt ihrer Sträucher nicht vorschreiben.
Ende 2021 erklärte die Verwaltung auf SPD-Anfrage: „Der Weg kann für die heutigen Anforderungen zur Verkehrssicherheit für einen Fußweg nicht ertüchtigt werden. Hier wäre ein grundlegender Ausbau erforderlich.“ Ein Problem dabei: Der Weg befinde sich zum Teil im privaten Eigentum. (csc)
Auch der Vorwurf der Stadtväter, die BImA haben einen Wucherpreis für ein nicht bebaubares Grundstück am Rhein veranschlagt, verfing nicht. Denn Wucher, so heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch in Paragraf 138, Absatz 2 ,wäre „eine Form des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts“, das vorliege, wenn jemand „die Zwangslage, mangelnde Urteilsfähigkeit oder erhebliche Willensschwäche“ einer anderen Person zum eigenen Vorteil ausnutzt. Von einem solchen Vorwurf könne in diesem Fall ja keine Rede sein, so das Gericht. Die Stadt Bad Honnef habe sehr genau gewusst, was sie tat, heißt es im Urteil weiter, als sie den Vertrag unterschrieb. Sie sei juristisch und haushalterisch gut beraten gewesen.
Neben dem Grundstückspreis muss die Stadt die angefallenen Zinsen seit Januar 2021 sowie die Gerichtskosten zahlen. Gegen das Urteil kann sie Berufung beim Oberlandesgericht Köln einlegen. (AZ: Landgericht Bonn 1 O 298/24)
