Berlin/Mainz – So lernen ARD- und ZDF-Reporter, wie sie über Migration reden sollen! BILD liegen Schulungsunterlagen des gemeinsamen Fortbildungsportals von ARD und ZDF vor. Sie stammen vom „Mediendienst Integration“, einer Nichtregierungsorganisation (NGO) – und sie zeigen: Öffentlich-rechtliche Journalisten werden dort in politisch korrektem Sprechen und Schreiben trainiert – finanziert durch Steuergeld.

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In einer internen ZDF-Mail, die BILD ebenfalls vorliegt, bietet der Sender seinen Mitarbeitern zwölf freiwillige Online-Kurse der NGO an. Dort wird erklärt, wie Reporter über Themen wie Flucht, Migration und Asyl sprechen sollten – und welche Begriffe sie besser vermeiden.

▶︎ So heißt es in einem Kurs etwa, dass Alternativen für das Wort „Flüchtling“ verwendet werden sollten. Etwa das Wort „Geflüchteter“. Die Endung „-ling“ wirke „verkleinernd“.

Fakt ist: „Flüchtling“ ist ein stehender Begriff, der unter anderem in der Genfer Flüchtlingskonvention definiert ist.

▶︎ Der Mediendienst empfiehlt zudem, das Wort „Migrationshintergrund“ nur dann zu verwenden, wenn damit Statistiken beschrieben werden. Geht es darum, Personen mit Migrationshintergrund zu benennen, solle die Alternative „Eingewanderte und ihre Nachkommen“ verwendet werden.

▶︎ Zum Wort „Flüchtlingswelle“ heißt es, der Begriff suggeriere, „dass die Politik einer Bedrohung machtlos gegenübersteht und weist damit den Schutzsuchenden selbst die Verantwortung zu“.

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▶︎ In einem Schulungsvideo zum Thema „Herkunft in der Polizeilichen Kriminalstatistik“ wird gesagt, dass zu den ausländischen Tatverdächtigen auch „eine ganze Menge von Verdächtigen, die gar nicht in Deutschland leben“ zähle. Die Kriminalitätshäufigkeit bei in Deutschland lebenden Ausländern werde „überschätzt“, wenn auch Straftaten von „Touristen“ berücksichtigt würden.

Der Polizei liegen nach BILD-Informationen keine Erkenntnisse dazu vor, dass Touristen die Kriminalitätsstatistik verzerren würden.

▶︎ Und bei der Nennung von Herkunft beziehungsweise Nationalität von Straftätern wird in den Schulungen eine klare Linie vertreten: Nur wenn die Herkunft inhaltlich von Bedeutung sei (etwa bei Terror), solle sie auch erwähnt werden.

Über die Nennung von Nationalität und Herkunft wird in Redaktionen immer wieder diskutiert. Eine einheitliche Regel gibt es nicht. Je nach Redaktion unterscheiden sich die Kriterien. BILD nennt die Nationalität, weil sie genau wie Alter, Geschlecht oder Beruf zu einer Person gehört.

Dass Redaktionen ihre Mitarbeiter schulen, ist nicht unüblich. Auch bei BILD gibt es Seminare für Reporter und Redakteure, in denen unter anderem auch über Formulierungen gesprochen wird.

Allerdings sehen Kritiker bei den Angeboten des Mediendienstes Integration die Gefahr der politischen Einflussnahme auf die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF. Laut Website fördert neben anderen die linke Amadeu-Antonio-Stiftung den Mediendienst. Geleitet wurde der Mediendienst bis 2016 von der heutigen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Ferda Ataman (45, wurde 2022 von der Ampel-Koalition ins Amt gewählt). Ataman engagierte sich auch beim Verein „Neue deutsche Medienmacher*innen“.

▶︎ Die Aktivisten des Vereins riefen zuletzt dazu auf, sich bei der ARD über die konservative Sendung „Klar“ von Journalistin Julia Ruhs (31) zu beschweren. In einem Seminar, das ARD und ZDF ihren Mitarbeitern anbieten, erklärt die ehemalige Geschäftsführerin des Vereins, die Journalistin Konstantina Vassiliou-Enz (57), was am Begriff „Ausländer“ falsch sei.

Experte sicher: ARD und ZDF handeln verfassungswidrig

Finanziert wird der Mediendienst neben privaten Mitteln von Stiftungen auch aus Steuergeld.

▶︎ Insgesamt flossen rund 3 Mio. Euro von der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung. Dazu kommen 280.642 Euro vom Bundesinnenministerium. Und 909.972 Euro aus dem EU-Migrationsfonds (AMIF). Das teilten Sprecher der zuständigen Ministerien auf BILD-Anfrage mit.

Heißt: Die Macher der Seminare, mit denen Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender weitergebildet werden, bekommen Steuergeld. Der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler (63, Uni Oldenburg) sagt zu BILD: „Indirekt finanziert der Staat die Weiterbildung der Journalisten. Das verstößt gegen das Gebot der Staatsferne und damit gegen die Verfassung und den Medienstaatsvertrag.“

„Der Staat darf keinen Einfluss auf den journalistischen Inhalt nehmen“, sagt Verfassungsexperte Volker Boehme-Neßler (63)

„Der Staat darf keinen Einfluss auf den journalistischen Inhalt nehmen“, sagt Verfassungsexperte Volker Boehme-Neßler (63)

Foto: Universität Oldenburg

Hintergrund: Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen unabhängig vom Staat sein (Gebot der Staatsferne). Sie werden daher im Wesentlichen über den von einer unabhängigen Kommission (KEF) festgesetzten Rundfunkbeitrag (früher GEZ, für jeden Haushalt 18,36 Euro/Monat) finanziert.

„Der Staat darf keinen Einfluss auf den journalistischen Inhalt nehmen. Genauso verboten ist die subtile, indirekte Einflussnahme über die Finanzierung. Das ist hier das Problem“, erklärt Boehme-Neßler weiter.

Anja Stürzl (38), deren „Initiative Transparente Demokratie“ zuerst über die Reporterkurse von ARD und ZDF berichtete, zu BILD: „Die Bundesregierung fördert mit dem Mediendienst Integration eine NGO, die mit Unterstützung linker Journalisten und Aktivisten politisch tendenziöse und thematisch einseitige Inhalte und Schulungen produziert. ARD und ZDF schulen mit diesen Kursen ihre Journalistinnen und Journalisten. Es braucht also keinen Anruf aus einem Ministerium oder einer Behörde mehr, um Wirkung zu erzielen. Der Einfluss entsteht früher: über die Auswahl der Themen, die empfohlenen Wörter, die Tonlage.“

Anja Stürzl (38) ist Vorstandsvorsitzende der Initiative Transparente Demokratie (ITD)

Anja Stürzl (38) ist Vorstandsvorsitzende der Initiative Transparente Demokratie (ITD)

Foto: Ruben Amon/Initiative Transparente Demokratie

Die ARD teilte auf BILD-Anfrage mit: „Die ARD legt großen Wert auf die Einhaltung aller gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben. Im angesprochenen Sachverhalt sehen wir diese Vorgaben in keiner Weise beeinträchtigt.“ Das ZDF ließ eine BILD-Anfrage auch mehrere Stunden nach der gesetzten Frist unbeantwortet. Auf Telefonanrufe reagierte die Pressestelle des Senders nicht.

Zu den Personen

Volker Boehme-Neßler (63) ist Professor für Öffentliches Recht an der Uni Oldenburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Verfassungsrecht, Digitalisierung, Demokratie und Medienordnung.

Anja Stürzl (38) ist promovierte Juristin und Vorstandsvorsitzende der Initiative Transparente Demokratie (ITD). Die ITD setzt sich nach eigenen Angaben für Transparenz bei der Finanzierung von Lobbygruppen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ein.