Standdatum: 31. Oktober 2025.
Autorinnen und Autoren:
Anna-Lena Borchert
Eine Ariane 6-Rakete startet ins All. Sie wird teilweise in Bremen gebaut. 2014 hatten sich die ESA-Länder in Luxemburg auf den Bau der Rakete geeinigt
Bild: Radio Bremen
Das „Who is Who“ der europäischen Raumfahrt trifft sich demnächst in Bremen. Es geht um viel Geld und um die Zukunft Europas im All. Bremen will eine zentrale Rolle spielen.
Man kann über Raumfahrt vieles sagen: Sie sei aufwendig und sicherlich auch teuer. Doch: Was im Orbit so herumfliegt, bestimmt mittlerweile den Alltag unten auf unserer Erde.
Da wären zum Beispiel Satelliten: Meteorologen vertrauen bei Wettervorhersagen auf Satellitendaten — genauso wie Rettungsdienste im Katastrophenfall. Live-Übertragungen brauchen die Verbindung zum All. Der weltweite Transport von Gütern oder auch der Flugverkehr ist abhängig von Navigationssystemen wie GPS oder Galileo. Und selbst, wenn wir Bargeld am Automaten ziehen möchten, ist das nur möglich, wenn da oben der passende Satellit funktioniert.
Information zum Thema
Was passiert bei ihrer Ministerratskonferenz der ESA?
Die ESA ist die Europäische Weltraumorganisation. Alle drei Jahre kommen die 23 Ministerinnen und Minister aus den Mitgliedsländern der ESA zusammen – und stellen die Weichen: Was muss und was möchte Europa zukünftig im All machen? Für welche Ziele lohnt es sich, gemeinsame Projekte anzugehen? Es ist ein Termin, bei dem es gewöhnlich um viel Geld geht. Fast 17 Milliarden Euro waren es vor drei Jahren in Paris. Das diesjährige Treffen findet vom 25. bis 27. November in Bremen statt.
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Das heißt aber auch: Satellitennetzwerke sind „Achillesfersen moderner Gesellschaften“. So hat es Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius Ende September beschrieben. Er warnt: „Wer sie angreift, legt ganze Staaten lahm“ – bereits heute seien Bundeswehr-Systeme Störangriffen ausgesetzt. Eine Gefahr sieht er insbesondere durch Russland und China, die ihre Fähigkeiten im All in den vergangenen Jahren „rasant ausgebaut“ hätten.
Pistorius: Weltraumsicherheit ist für Verteidigung wichtig
Das Bremer Unternehmen „OHB“ könnte von Milliarden-Investition profitieren.
Bild: IMAGO | photothek
Pistorius setzt deshalb auch zukünftig auf deutsche Fähigkeiten im Weltall: Er wünscht sich mehr Satelliten, die potentielle Feinde beobachten oder Teleskope, die feindliche Satelliten anpeilen. 35 Milliarden Euro will er in die Weltraumsicherheit investieren. Gute Zeiten für die Bremer Raumfahrtunternehmen, bestätigt auch OHB-Vorständin Sabine von der Recke: „Wir können hier eigentlich die ganze Prozesskette abdecken.“ Bremen sei mit der Nähe von Raumfahrt- und Rüstungsunternehmen gemeinsam mit der maritimen Wirtschaft gut aufgestellt.
Doch: Was bedeuten solche nationalen Entscheidungen für das Treffen der ESA-Länder im November? Spielt nun das Thema Verteidigung auch eine Rolle? Die Antwort ist nicht ganz einfach. Denn die ESA hatte und hat immer schon eine zivile Ausrichtung, was heißt: Die europäische Weltraumagentur darf sich nicht an Projekten für den militärischen Angriff beteiligen. Es geht eher um wissenschaftliche Erforschung und wirtschaftliche Interessen im Weltraum. Sabine von der Recke weiß: „Es war vorher nicht die Aufgabe der ESA, sich um solche Fragen zu kümmern.“
Muss Europa das All neu denken?
Überzeugt von der geostrategischen Bedeutung des Monds: OHB-Vorständin Sabine von der Recke.
Bild: Radio Bremen
Trotzdem heißt es vom ESA-Chef immer häufiger in den Medien, dass Verteidigung aus dem Weltraum auch in Europa eine größere Rolle spielen wird. Schon jetzt würde die ESA mit der Europäischen Kommission an einer Art Erdbeobachtungsprojekt arbeiten, erläutert Generaldirektor Josef Aschbacher.
Demnach ginge es um „Kapazitäten“, die Europa brauche, wie regelmäßige hochauflösende Aufnahmen von jedem Gebiet der Erde. Sicherlich: das wäre – je nach Auslegung – keine klassische militärische Ausrichtung von Satelliten. Auch weil Zivilschutz oder Polizeieinsätze davon profitieren könnten. Und doch: Raumfahrt könne eigentlich immer zivil und militärisch genutzt werden, erklärt Sabine von der Recke.
Ein Satellit macht nicht die Entscheidung: Guck ich auf einen Panzer oder gucke ich auf eine Palme? Man kann die Daten für viele verschiedene Dinge nutzen und das sollten wir auch tun.
Sabine von der Recke
Der Mond? Mehr Sicherheit oder Unabhängigkeit?
Mehr als ein Hingucker: Der Mond wird zusehends zum geostrategischen Ziel.
Bild: IMAGO | Rene Traut
Gleichzeitig ist der Wahl-Bremerin aber auch ein anderes Thema wichtig, worüber die ESA, aus ihrer Sicht, gerne in Bremen entscheiden sollte: „Wir sind von der geostrategischen Bedeutung des Mondes überzeugt. Es wäre schön, wenn Deutschland da sagen würde, wir setzen uns dafür ein, dass Europa eigenständig unter deutscher Führung zum Mond fliegt.“
Wünsche und Ideen gibt es offenbar genug, worüber die Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Mitgliedsstaaten Ende November zu sprechen haben. Unternehmen wie OHB werden dabei aber nur zusehen können. Diese Veranstaltung sei „nicht wie so ein Jahrmarkt, dass man da immer mal hingeht und noch mal ein paar Wünsche abgibt“, so die OHB-Vorständin.
Und doch könnte Bremen ein Spielort werden für weitreichende Entscheidungen. Selbst, wenn es nur am Rande um Verteidigung geht, dann sicherlich um mehr Unabhängigkeit. „Wie die WM zuhause“, nennt die OHB-Frau das Treffen, das auf Bremen zukommt.
Quelle:
buten un binnen.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 31. Oktober 2025, 19:30 Uhr



