Marcus K. ist aktuell wegen Mordes am Landgericht angeklagt: Der Fliesenleger soll vor knapp einem Jahr seine Partnerin Jessica S. in Paunsdorf kaltblütig ermordet haben, nachdem sie die Trennung von ihm angekündigt hatte. Er weist dies zurück, stellt den Tatablauf anders dar. Vergangene Woche sagten mehrere Freundinnen von Jessica S. im Zeugenstand aus – und zeichneten ein desolates Bild der Beziehung in der letzten Zeit.

Der sechste Verhandlungstag im Mordprozess gegen den 41 Jahre alten Marcus K. hatte es in sich. Mehrere Freundinnen von Jessica S. mussten am 16. April den schweren Gang in den Zeugenstand antreten, um ihre Beobachtungen zu schildern, wie sie die Verstorbene und ihren Partner zuletzt erlebten. Laut Anklage soll Fliesenleger Marcus K. die 30-jährige Frau am 20. oder 21. Mai 2024 in der gemeinsamen Paunsdorfer Wohnung während ihres Schlafs mit einem Messer ermordet haben, weil sie sich trennen wollte. Marcus K. spricht dagegen von einer Art Notwehr-Unfall, bestreitet jede Tötungsabsicht.

Der letzte Telefonkontakt

Eine Version, die keine der Zeuginnen widerlegen konnte, denn sie waren nicht dabei, als das schier Unfassbare geschah. Doch kannten sie Jessica S. teils sehr lange: „Ich kenne sie eigentlich schon mein ganzes Leben“, sagte Olivia K. (Name geändert). Die 28-Jährige schluchzte mehrfach, als die Vorsitzende Richterin Antje Schiller sie bat, von ihrer Freundin zu erzählen.

Knapp eine Woche vor deren gewaltsamen Tod hatte sie letztmalig Kontakt zu ihr. Am Telefon sei Jessica guter Dinge gewesen: Sie habe sich endgültig von Marcus K. getrennt und ab August eine eigene Wohnung in der Nähe in Aussicht, erzählte die als offen, lebenslustig und kreativ beschriebene Paunsdorferin. Schon geschätzt drei Jahre zuvor habe die Verkäuferin der Zeugin anvertraut, dass sie es mit Marcus K. nicht mehr aushalte, sich wie in einem Käfig gefangen fühle. „Ihr hat einfach die Liebe und Zuneigung von ihm gefehlt.“

Lage spitzte sich laut Zeugin zu: „Sie hatte immer den Marcus im Schatten“

Dabei habe man sich im Umfeld eigentlich für Jessica gefreut, als sie Marcus K. 2017 kennenlernte, war der junge Sprössling aus einer Handwerker-Familie doch ganz anders als Jessicas vorheriger Partner, mit dem sie eine Tochter hatte: Nichtraucher, kein Alkohol- und Drogenproblem, voll im Berufsleben.

Doch zumindest die letzten Jahre der Beziehung, aus der noch ein Sohn hervorgehen sollte, seien für Jessica nicht mehr schön gewesen, so Olivia K.: Wie auch andere Zeuginnen und Zeugen erklärte sie zwar, sie wisse nichts über Beziehungsgewalt im Sinne von Schlägen. Aber Jessica habe mehrfach Andeutungen zu sexuellen Praktiken und Fantasien ihres Partners gemacht, die sie ablehnte. Auch von psychischem Druck, verbaler Bösartigkeit, Kontrollanrufen war die Rede: „Sie hatte immer den Marcus im Schatten.“

Nach der am 22. April 2024 ausgesprochenen Trennung habe sich dies weiter zugespitzt, obwohl Jessica Marcus nur das Beste wünschte und ein freundschaftliches Verhältnis anstrebte: Sie habe keinen Unterhalt verlangt und ihm kommuniziert, seinen Sohn und die Stieftochter in Zukunft jederzeit sehen zu können, erinnerte sich Olivia K. unter Tränen.

„Wenn ich dich nicht haben kann, dann keiner“

Auch Klara S. (Name geändert) bestätigte im Zeugenstand, dass ihre gute Freundin Jessica schon länger mit Trennungsgedanken spielte, aber wegen der Kinder Skrupel hatte und auch Marcus K. gegenüber ein schlechtes Gewissen hegte. Zudem erfuhr auch die 33-Jährige von Jessica, dass Marcus lange vor der Trennung sexuell übergriffig geworden sein soll. Trotz ihres Drängens, so die Zeugin, habe Jessica aber auf eine Anzeige verzichtet.

Daneben wusste Klara S. von Alltags-Streitigkeiten des Paunsdorfer Paares zu berichten, die sich um Schichtzeiten, die faire Arbeitsteilung im Haushalt, Einkäufe und das Abholen der Kinder drehten. Vieles habe nicht mehr funktioniert. Oft erlebte sie, dass Marcus seiner Partnerin kaum Freiheiten ließ, sondern sie unter Druck setzte und stresste: „Fast immer, wenn wir zusammen waren, hat er angerufen.“ Das sei mitunter mehrfach passiert, worauf Jessica genervt reagiert habe.

Als die 30-Jährige die Trennungsabsicht verkündet hatte, so schilderte sie es ihrer Freundin später, habe Marcus K. entgegnet: „Wenn ich dich nicht haben kann, dann keiner.“ Richtig ernst genommen, so Klara S., habe man diese Drohung nicht. Dabei habe Jessica, die zuletzt einen anderen Mann kennengelernt hatte, nur eines gewollt: „Einfach ihr Leben mit den Kindern leben.“

Das Landgericht hat für den Prozess noch neun Verhandlungstage bis 28. Mai geplant.