Es ist Donnerstagnachmittag, und Osnabrück zeigt sich von seiner herbstlichen Seite: grauer Himmel, leicht windig, es nieselt. Das passt gut zur Stimmung, mit der manch deutscher ESC-Fan mittlerweile auf den Eurovision Song Contest blicken könnte. Seitdem Lena Meyer-Landrut den ESC im Jahr 2010 für Deutschland gewann, schafften es die deutschen Beiträge nicht mehr aus dem Keller der Platzierung hinaus.

Deshalb klingt der Plan von Björn Amadeus Kahl auch so ambitioniert. Geht es nach dem Osnabrücker, dann steht er im Mai 2026 nicht nur auf der Bühne des Eurovision Song Contests, um Deutschland zu repräsentieren, sondern entscheidet den Wettbewerb auch für sich. „Der nächste ESC findet in Wien statt. Wäre doch genial, wenn der Gewinner dann Amadeus heißen würde“, sagt er schmunzelnd. 

Erst muss Kahl den Vorentscheid überstehen

An diesem Donnerstag sitzt Kahl am Flügel des Klavierhauses Rohlfing. Draußen rauscht der Verkehr über die Bramscher Straße, drinnen läuft sein Song über die Boxen. Eine Woche hat er das Stück gemeinsam mit drei Freunden bei Rohlfing produziert – auch das ist ambitioniert. „In der Regel dauert das Songwriting deutlich länger“, erklärt Kahl, „die Frist saß uns im Nacken.”

Gemeinsam mit seinen Freunden hat Björn Amadeus Kahl einen Song produziert. Emily Eriksson unterstützte ihn dabei.
Foto: André Havergo

Gemeinsam mit seinen Freunden hat Björn Amadeus Kahl einen Song produziert. Emily Eriksson unterstützte ihn dabei. Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

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Bis zum 22. Oktober war es möglich, sich als deutscher Musiker mit einem Song für den deutschen Vorentscheid des ESC zu bewerben. Davon hat Björn Amadeus Kahl durch Zufall erfahren. „Wir haben vier Tage intensiv an dem Song gearbeitet, jetzt steht nur noch das finale Mixen und Mastern an. Das übernimmt ein befreundeter Produzent“, sagt Kahl. 

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So wird über den deutschen Beitrag entschiedengrößer alsGrößer als Zeichen

Über den jährlichen deutschen Beitrag für den ESC wird seit vielen Jahren im Vorentscheid entschieden. In diesem Jahr trägt der SWR diese Entscheidung in einem mehrstufigen Verfahren aus: 

Zunächst sortiert die SWR-Redaktion die vielversprechendsten Einsendungen vor. Danach werden die Songs einer internationalen Marktforschungsstudie unterzogen. Daraus entsteht eine Shortlist aus Musikern, die mit ihren Songs Ende Februar 2026 im Wettbewerb gegeneinander antreten. Wer dabei die Fachjury und die Zuschauer überzeugen kann, geht im Mai als deutscher Beitrag für den ESC an den Start. 

Warum Karl beim ESC mitmachen will

Eigene Songs schreibt Kahl schon seit über zehn Jahren. Damit angefangen hat er während seines Popmusik-Studiums am Institut für Musik (IfM). Und schon während seines Studiums stand der Wahlosnabrücker auf der großen Bühne: 2014 bewarb er sich bei „The Voice of Germany“, schaffte es sogar bis in die Liveshows. In der letzten Runde vor dem Halbfinale schied er aus.

Blick zurück: The Voice: Siegt Björn Amadeus Kahl in der Battle-Show?

„Das war ein unfassbar aufregendes Erlebnis“, sagt Kahl rückblickend. „Damals stand ich alleine auf der Bühne. Wenn unser Song die SWR-Jury überzeugt, dann trete ich gemeinsam mit meinen Freunden an. Das wäre etwas Unvergessliches.“ 

Schon der zweite IfM-Absolvent, der sich für den ESC bewirbt

Björn Amadeus Kahl wäre nicht der erste IfM-Absolvent, der sein Glück beim ESC probiert. Mit dem Sänger Jendrik trat vor vier Jahren ein ehemaliger Musical-Student aus Osnabrück für Deutschland an. Sein ESC-Beitrag „I don’t feel hate“ transportierte zwar die richtige Botschaft, fiel beim internationalen Publikum aber durch. Jendrik landete weit abgeschlagen auf dem letzten Platz.

Für Björn Amadeus Kahl geht es beim ESC nicht unbedingt um die Topplatzierung. „Dass Deutschland in den letzten Jahren so schlecht abgeschnitten hat, nimmt den Druck raus“, sagt er schmunzelnd. „Überhaupt mitzumachen, wäre das Größte. Denn auch wenn man nur Platz 23 erreicht, haben Millionen Menschen deine Musik gehört. “

So klingt Kahls ESC-Song

Die Musik, die Kahl ins Rennen für das ESC Finale schickt, ist leicht und positiv. Es ist ein Song, den man sich anhört, wenn man nachts durch die Straßen läuft. Er beginnt mit einem Intro, das an die Wiener Klassik erinnert und dann von treibenden Techno-Beats abgelöst wird.

Kahl sing auf Deutsch, Eriksson auf Schwedisch, im Song geht es um Wien. Besser kann man den Gedanken des ESC nicht auf den Punkt bringen.
Foto: André Havergo

Kahl sing auf Deutsch, Eriksson auf Schwedisch, im Song geht es um Wien. Besser kann man den Gedanken des ESC nicht auf den Punkt bringen. Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize

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Die Lyrics hat Kahl gemeinsam mit seiner Bandkollegin Emily Eriksson auf Deutsch und auf Schwedisch verfasst, inhaltlich geht es um eine Sommernacht in Wien. Besser kann ein Song den Gedanken der Völkerverständigung, dem Kernelement des ESC, nicht auf den Punkt bringen.

Draußen peitscht der Regen weiter gegen die Schaufenster. Aufklaren wird es heute nicht mehr. Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen.