Knapp eine Woche nach der Einnahme der sudanesischen
Stadt Al-Faschir durch die RSF-Miliz wird immer deutlicher, welche Gräueltaten dort gegen Zivilistinnen und Zivilisten verübt werden. Neue Satellitenbilder
deuten darauf hin, dass in und um die Stadt weiterhin Massentötungen stattfinden, wie eine Forschergruppe der US-Universität Yale mitteilte. Die Bilder gäben Anlass zur Annahme, dass die meisten Einwohner getötet oder gefangen genommen worden seien oder sich
versteckt hielten, schreiben die Wissenschaftler.

Sie identifizierten nach eigenen Angaben zwischen
Montag und Freitag 31 Ansammlungen von Objekten, die menschlichen Körpern ähneln – in Wohngebieten, auf Universitätsgelände und an
Militärstandorten. Zudem gebe es Hinweise, dass „die Massenmorde weitergehen“.

RSF-Miliz hatte die Stadt anderthalb Jahre lang belagert

Am vergangenen Sonntag hatte die mit der offiziellen sudanesischen
Armee rivalisierende Miliz Rapid Support Forces (RSF) die Stadt
Al-Faschir in der Region Darfur im Westen des Landes eingenommen, nachdem sie sie anderthalb Jahre lang belagert hatte. Am Montag bestätigte Sudans Militärherrscher Fattah al-Burhan, dass sich die Armee aus der Stadt zurückgezogen habe.

Die sudanesische
Armee warf der RSF-Miliz vor, mehr als 2.000
unbewaffnete Zivilistinnen und Zivilisten hingerichtet zu haben. Andere Augenzeugen, die aus der Stadt geflohen
waren, berichteten der Nachrichtenagentur AFP von „Szenen eines
Völkermords“
.

„Wo sind all die Vermissten?“

Nach UN-Angaben konnten 65.000 Menschen
aus Al-Faschir fliehen – Zehntausende sind jedoch weiterhin in der Stadt
gefangen
. Vor dem Angriff der RSF zählte die Stadt etwa 260.000
Einwohnerinnen und Einwohner.

© Lea Dohle

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Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) sprach von „schrecklichen Massengräueltaten und Morden“,
die sowohl willkürlich als auch ethnisch motiviert seien. Nach der Einnahme der Stadt seien viel weniger Menschen als erwartet aus Al-Faschir ins nahegelegene
Twila geflohen, wo Ärzte ohne Grenzen tätig ist, teilte die
Organisation mit. „Wo sind all die Vermissten, die bereits monatelang Hunger
und Gewalt in Al-Faschir überlebt haben?“ fragte der MSF-Vertreter
Michel Olivier Lacharite. Die wahrscheinlichste und erschreckende
Antwort sei, „dass sie getötet werden“, wenn sie zu fliehen versuchten.

Wadephul: „größte humanitäre Krise der Welt“

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) bezeichnete bei einer Sicherheitskonferenz in Bahrain die Lage im Sudan
als apokalyptisch und sprach von „der größten humanitären Krise der
Welt“ – eine Einschätzung, die zuvor die UN abgegeben hatten. Die RSF werde für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen
werden, sagte Wadephul.

Seine ebenfalls nach Bahrain gereiste britische
Amtskollegin Yvette Cooper nannte die Berichte aus Darfur „wirklich
schrecklich“ und prangerte Gräueltaten, Massenhinrichtungen, Aushungern
und Vergewaltigung an. Großbritannien versprach Finanzhilfen in Höhe von
fünf Millionen Pfund (knapp sechs Millionen Euro) für den Sudan.

Der Konflikt im Sudan ist im April 2023 eskaliert; seitdem stehen sich die Armee von Militärherrscher al-Burhan und die RSF-Miliz
seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo gegenüber. Bei den Kämpfen wurden zehntausende Menschen getötet, etwa zwölf
Millionen Menschen mussten aus ihren Heimatregionen fliehen.

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