Wie schnell kann sich eigentlich die Stimmung in der Wirtschaft drehen? Politiker tun ja gern so, als müssten sie nur einen „Herbst der Reformen“ ankündigen, und schon springen die Maschinen wieder an, machen die Unternehmen gute Geschäfte, stellen Leute ein und der Konsum kommt im Fahrt. Aber dass das so nicht funktioniert, erlebt die deutsche Wirtschaft ja gerade.
Von wirklichen Reformen ist auch seit Herbstbeginn nichts zu sehen. Und die Stimmung in der Leipziger Wirtschaft bleibt flau, wie die IHK in ihrer jüngsten Umfrage feststellen muss.
Oder gleich mit den Worten aus der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig: „Die Situation der gewerblichen Wirtschaft im IHK-Bezirk Leipzig bleibt im Herbst 2025 angespannt. Die Lage hat sich nicht verbessert und die Geschäftserwartungen der Unternehmen haben sich sogar spürbar verschlechtert. Der IHK-Geschäftsklima-Index fällt entsprechend um vier auf 105 Punkte. Damit ist die leichte Stimmungsaufhellung aus dem Frühjahr schnell wieder verflogen.“
Die Stimmungsaufhellung ging ja bekanntlich mit dem Amtsantritt von Friedrich Merz und dem angekündigten 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen einher. Das Versprechen, dass der Staat damit endlich wieder großflächig ins Investieren käme, schuf ein kleines Hoffnungsfeuerwerk. Aber das ist ein halbes Jahr später wieder gründlich verpufft.
Erneuerbare Energien und Bürokratieabbau
„Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zeigen deutlich: Von einer echten Trendwende kann keine Rede sein. Die Unternehmen kämpfen weiterhin mit hohen Kosten, schwacher Nachfrage und fehlenden Reformen. Die heutigen Unternehmensbesuche gemeinsam mit Bundestagsabgeordneten aus der Region waren ein Realitätscheck für die Politik. Sie haben gezeigt: Wir brauchen endlich entschlossene Schritte, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu sichern“, kommentierte Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig, die Ergebnisse der Unternehmensbefragung.
„Dazu gehören eine spürbare Senkung der Energiepreise durch den Ausbau erneuerbarer Energien, eine dauerhafte Reduzierung der Netzentgelte, der effiziente Ausbau der Energieinfrastruktur für Strom und Wasserstoff sowie die Rückführung des Energieeffizienzgesetzes auf EU-Niveau.“
Die Entwicklung des Geschäftsklima-Index im IHK-Bezirk Leipzig. Grafik: IHK zu Leipzig
Zur Stärkung der Industrie seien vor allem der Abbau globaler Handelshemmnisse wichtig, eine vorzeitige Absenkung der Körperschaftsteuer ab spätestens 2027, die Abschaffung überzogener EU-Vorgaben wie der Lieferkettenrichtlinie und der Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie eine aktive Ansiedlungs- und Akzeptanzpolitik, so Kirpal.
„Schließlich brauchen wir einen echten Bürokratieabbau: ein Belastungsmoratorium nach dem Prinzip ‚one in, one out‘ auch auf EU-Ebene, flächendeckende Praxis-Checks für neue Gesetze, keine zusätzlichen Vergabekriterien auf Bundes- oder Landesebene und ein Verbot, EU-Regeln national zu verschärfen. Nur so schaffen wir wieder Vertrauen, Planungssicherheit und Wachstumsimpulse für unsere regionale Wirtschaft.“
An der Konjunkturbefragung der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig im Herbst 2025 beteiligten sich 558 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit mehr als 28.000 Beschäftigten.
Geschäftslage stagniert – Wachstum bleibt aus
Trotz optimistischerer Geschäftsaussichten im Frühjahr 2025 hat sich die aktuelle Geschäftslage der Unternehmen nicht verbessert. Der Lagesaldo liegt unverändert bei 17 Punkten. Sowohl die Umsatz- als auch die Ertragsentwicklung liegen per saldo im negativen Bereich.
Die größten Risiken aus Sicht der befragten Leipziger Unternehmer. Grafik: IHK zu Leipzig
Viele Betriebe haben ihre Aussichten im Vergleich zum Frühjahr 2025 spürbar nach unten korrigiert. Der Prognose-Saldo fällt um sieben auf aktuell -5 Punkte. Besonders problematisch: der Rückgang ist in allen Wirtschaftsbereichen sichtbar. Auch die aktuelle Auftragsentwicklung lässt in vielen Branchen keinen Nachfragezuwachs erkennen. Hohe und steigende Kosten sowie ausbleibende wirtschaftspolitische Reformen dämpfen vielmehr die Hoffnung auf eine schnelle Konjunkturwende, schätzt die IHK ein.
Insbesondere in der Industrie sei die Enttäuschung groß. Die Erwartungen fallen deutlich und die Kapazitätsauslastung nimmt weiter ab. Insolvenzen regionaler Betriebe und fehlende politische Reformen verstärkten die Unsicherheit zusätzlich, so die IHK.
Auch im Baugewerbe bleibe die Stimmung gedämpft. Die anhaltende Investitionsschwäche, sinkende Umsätze und Erträge, Fachkräftemangel und hohe Baukosten belasten die Branche.
Im Dienstleistungsgewerbe ist die Lage zwar stabil, aber weiterhin ohne Dynamik.
Der Einzelhandel leidet nach wie vor unter der schwachen Konsumlaune der Verbraucher – derzeit ohne Hoffnung auf Besserung. Trotz steigender Verkaufspreise sinken die Umsätze.
Im Großhandel gehen die Erwartungen ebenfalls kräftig zurück. Hohe Einkaufspreise, Transportkosten und neue Handelsbarrieren (Zölle) setzen die Branche unter Druck.
Im Verkehrsgewerbe hat sich die Lage zwar stabilisiert, jedoch sinken auch hier die Geschäftsaussichten. Die Branche leidet unter hohen Kosten und verhaltener Nachfrage.
Im Gast- und Tourismusgewerbe bleibt die Lage ebenfalls angespannt. Rückläufige Übernachtungszahlen, hohe Betriebskosten und Konsumzurückhaltung belasten die Branche.
Personalplanung auf Sparflamme
Aufgrund der gesunkenen Geschäftserwartungen sehen die Unternehmen kaum noch Spielraum für Neueinstellungen, geht die IHK auf ein Problem ein, das mittlerweile auch den Arbeitsmarkt in Leipzig lähmt. Frei werdende Stellen werden momentan in vielen Fällen nicht nachbesetzt. Die Folge: die Personalnachfrage bleibt branchenübergreifend sehr schwach.
Der Saldo aus Firmen mit steigenden bzw. sinkenden Personalplanungen liegt gegenüber dem Frühjahr unverändert bei 2 Punkten. Dies deutet insgesamt auf eine stagnierende Beschäftigtenzahl in der gewerblichen Wirtschaft hin. Rückgänge sind – teilweise auch saisonal bedingt – in der Industrie sowie im Bau- und Gastgewerbe nicht auszuschließen.
Investitionen werden zurückgefahren
Angesichts der schwachen Geschäftsprognosen fehlt den Unternehmen nach wie vor die Grundlage für eine Erhöhung ihrer Investitionsaktivitäten. Vielmehr sinkt die Investitionsbereitschaft der Betriebe in vielen Wirtschaftsbereichen – darunter auch in der Industrie. Nach wie vor planen nur 17 Prozent der Unternehmen ihre Investitionsausgaben aufzustocken, 24 Prozent werden diese jedoch zurückfahren.
Das regionale Risikoradar wird immer stärker von der „Entwicklung der Arbeitskosten“ dominiert. Mit unverändert 63 Prozent ist dies der mit großem Abstand meistgenannte Risikofaktor, so die IHK. Auf den Rängen 2 bis 4 folgen di
e „Inlandsnachfrage“, die „Energiepreise“ und die „wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“. Unter letzterem Faktor werden insbesondere die ausufernde Bürokratie, hohe Steuern und Abgaben, der Mindestlohn und steigende Lohnnebenkosten, aber auch der zunehmende globale Protektionismus (Zölle), ebenso wie Kriege und Unruhen genannt.
Den vollständigen Konjunkturreport findet man hier.