Angriff in Grossbritannien –

Polizei nennt absichtlich Herkunft des Tat­ver­dächtigen nach Messerattacke in Zug

Publiziert heute um 09:21 UhrAktualisiert vor 6 Minutenepa12498800 Forensic teams work at the scene at Huntington railway station where a London bound train stopped after several people were stabbed in Huntington, Britain, 02 November 2025. Multiple people were stabbed on a train travelling from Doncaster to London. Ten people were initially taken to hospital, two people remain in a life-threatening condition. Two British nationals have been taken into custody in connection with the incident, according to police.  EPA/TAYFUN SALCI

Forensiker sichern Spuren am Bahnhof Huntingdon, wo ein Zug nach einem Messerangriff mit mehreren Verletzten zum Halt kam.

Foto: Tayfun Salci (EPA)

In Kürze:

  • Die britische Polizei nannte die Herkunft des Täters der Zugmesserattacke gegen rechtsextreme Gerüchte.
  • Spekulationen über Immigranten als Täter wurden durch gezielte Falschinformationen in sozialen Netzwerken verstärkt.
  • Grossbritannien kämpft seit 2011 gegen eine steigende Zahl von Messerstechereien im Land.
  • Ein Bahnmitarbeiter, der bei dem Angriff schwer verletzt wurde, gilt als Held.

«Black British national, born in the UK» – so beschreibt die britische Polizei den mutmasslichen Täter der Messerattacke in einem Schnellzug von Doncaster nach London. Es handelt sich um einen 32-jährigen schwarzen britischen Staatsbürger, geboren im Vereinigten Königreich. Er bleibt wegen versuchten Mordes in Haft. Ein 35-jähriger Verdächtiger wurde zuvor freigelassen.

Die Herkunft des Mannes wurde von der British Transport Police nicht zufällig erwähnt. Laut einer weiteren Mitteilung, über die der «Guardian» berichtete, ist die Offenlegung erfolgt, um «rechtsextremer Spekulation im Netz entgegenzuwirken». Hintergrund sind gezielte Falschinformationen und rassistische Narrative, die sich nach ähnlichen Vorfällen rasch in sozialen Netzwerken verbreiten.

Spekulationen über die Zugattacke

Dass anfangs von zwei Tätern dunkler Hautfarbe die Rede war, hatte zunächst für Unruhe bei manchen Briten gesorgt. Schon am frühen Sonntagmorgen hatte Nigel Farage, der Chef der Rechtspartei Reform UK, erklärt: «Wir müssen so schnell wie möglich wissen, wer diese scheusslichen Taten begangen hat.»

Nachdem in jüngster Zeit mehrere Immigranten in England wegen unterschiedlicher, aber oft ernster Delikte vor Gericht gelandet sind, kommt derzeit schnell der Verdacht auf, es könne sich um Ausländer handeln. Innenministerin Shabana Mahmood bat ihre Landsleute am Sonntagmorgen noch dringend, «zu diesem frühen Zeitpunkt» nicht über den Hintergrund der Tat «zu spekulieren».

Noch in den letzten Monaten hatte die britische Regierung gehofft, etwas gegen die «nationale Krise» ausrichten zu können, als die Premier Starmer die häufige Verwendung von Messern als Tatwaffe – gerade durch Teenager – in Grossbritannien bezeichnete. Während die Insel Schusswaffen schärfer und erfolgreicher kontrolliert als viele andere Nationen, ist die Zahl der Messerstechereien steil angestiegen seit 2011.

Mittlerweile kann freilich, wer in der Öffentlichkeit ein Messer zückt, bereits mit vier Jahren Gefängnis bestraft werden. Im letzten Jahr soll die Zahl der Morde, die mit Messern verübt wurde, um fast ein Fünftel gesunken sein.

Der Entscheid der Polizei, die Herkunft des Täters zu nennen, dürfte in Grossbritannien Diskussionen darüber auslösen, ob und wann die Polizei Angaben zu Nationalität und Hautfarbe von Tatverdächtigen machen soll. Diese Debatte führt man auch in der Schweiz.

Messerattacke auch in London

Dem 32-jährigen Inhaftierten wird versuchter Mord in insgesamt elf Fällen, Körperverletzung vorgeworfen, wie die British Transport Police mitteilte. Er soll noch im Laufe des Montags vor dem Peterborough Magistrates’ Court erscheinen.

Zehn der Fälle des versuchten Mordes stehen in direkter Verbindung zu dem Messerangriff im Zug. Eine weitere Attacke soll den Angaben zufolge früher am Tag an einer Station in London erfolgt sein. Der Nachrichtenagentur PA zufolge erlitt dort ein Opfer Gesichtsverletzungen. «Unsere Ermittlungen befassen sich auch mit weiteren möglicherweise zusammenhängenden Straftaten», sagte ein Polizeibeamter laut der Nachrichtenagentur DPA.

Kein Terrorangriff auf Grossbritannien

Verteidigungsminister John Healey bezeichnete die Tat laut «Financial Times» als «isolierte Attacke». Es handle sich also um keinen Terrorangriff. Er sagte, es gebe «keinen Grund, den Alltag nicht fortzusetzen». Die Sicherheitslage habe sich nicht verändert.

Nach dem Angriff am Samstagabend waren insgesamt elf Menschen im Krankenhaus behandelt worden, fünf konnten mittlerweile wieder entlassen werden. Ein Mann befindet sich in einem lebensbedrohlichen Zustand. Er ist ein Mitarbeiter der Bahn, der sich dem Angreifer entgegenstellte. Sein Verhalten sei «geradezu heldenhaft» gewesen und habe zweifellos Menschenleben gerettet, hatte ein Polizeisprecher am Sonntagabend gesagt.

Messerattacken in Grossbritannien

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EinloggenEdgar Schuler ist Redaktor am Newsdesk und verfasst regelmässig den Newsletter «Der Morgen».Peter Nonnenmacher berichtet als Korrespondent aus London.

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