Stand: 23.04.2025 14:48 Uhr
Im Hamburger Thalia Theater wird am Donnerstag der 20 jüdischen Kinder gedacht, die in der ehemaligen Schule am Bullenhuser Damm in Hamburg-Rothenburgsort kurz vor Kriegsende 1945 von der SS ermordet wurden. NDR.de überträgt die Gedenkstunde in einem Livestream.
Eine historische Aufnahme des Schulgebäudes am Bullenhuser Damm. In der Schule findet seit 1987 kein Unterricht mehr statt.
Die Gedenkfeier für die Kinder vom Bullenhuser Damm findet am Donnerstag um 11 Uhr im Thalia Theater (Alstertor) statt. Zu Gast sind Andra und Tatiana, die 1944 nach Ausschwitz Birkenau deportiert wurden, als sie vier und sechs Jahre alt waren. Ihr Cousin Sergio gehörte zu den 20 Kindern, die im Bullenhuser Damm umgebracht wurden. Gemeinsam mit anderen Angehörigen weiterer Opfer sprechen sie über ihre Erfahrungen. Im Publikum sind rund 700 Schülerinnen und Schüler aus Hamburger Oberstufen, die auch Fragen, an die Zeitzeugen stellen können. Moderiert wird die Veranstaltung von NDR Moderator Ingo Zamperoni. (Der Livestream wird zu Veranstaltungsbeginn zeitnah um 11 Uhr in diesem Artikel freigeschaltet.)
Gedenkfeier mit Zeitzeugen im Thalia Theater
Eine Anmeldung, um an der Veranstaltung vor Ort teilzunehmen, ist unter der Mailadresse anmeldung@kinder-vom-bullenhuser-damm.de möglich. Die Veranstaltung wird von der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm e.V organisiert und findet im Rahmen der Woche des Gedenkens Hamburg-Mitte statt.
Ausstellung in der Zentralbibliothek
Schon seit 2. April gibt es in der Zentralbibliothek der Bücherhallen die Ausstellung „Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm“. Sie zeigt die Geschichte der zehn Jungen und zehn Mädchen, die in den Kellerräumen am Bullenhuser Damm getötet wurden. In der Gedenkstätte Kinder vom Bullenhuser Damm (Bullenhuser Damm 92 bis 94) fand zudem am 20. April eine Gedenkstunde mit musikalischer Begleitung und einer Führung durch die Gedenkstätte statt. Am 23. April ab 18 Uhr gibt es zudem in der Hauptkirche St. Jacobi Konzert der Berliner Band Folkadu und eine Vorstellung des Films „One picture and a song“. In dem Film portraitiert der israelische Filmemacher Gilad Reichenbaum seinen Vater, den Shoah-Überlebenden Yitzhak Reichenbaum, dessen Bruder Eduard mit 10 Jahren am Bullenhuser Damm ermordet wurde.
SS missbrauchte Kinder für medizinische Experimente
Ein Arzt der SS hatte Kinder im Konzentrationslager Neuengamme zu medizinischen Experimenten missbraucht. Die SS („Schutzstaffel“) war die militärische Organisation, die den Völkermord an den europäischen Jüdinnen und Juden maßgeblich organisierte und durchführte. Kurz vor der Einnahme Hamburgs durch die Briten wollten die Hamburger SS-Leute die Spuren ihrer Verbrechen verwischen.
Auch Mediziner und Häftlinge umgebracht
In der Nacht zum 21. April 1945 brachten sie die Jungen und Mädchen aus Polen, Italien, Frankreich, den Niederlanden und der Slowakei in das Schulgebäude und ermordeten sie im Keller. Neben den fünf bis zwölf Jahre alten Kindern töteten die SS-Männer zwei inhaftierte französische Mediziner, zwei niederländische Krankenpfleger und 24 sowjetische Häftlinge. Das Gebäude diente damals in dem zerbombten Stadtteil Rothenburgsort als Außenstelle des KZ Neuengamme. Nach dem Krieg wurden sechs der Täter von einem britischen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der SS-Arzt wurde 1966 in der DDR zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein weiterer SS-Mann musste nie für das Verbrechen büßen, saß allerdings wegen anderer Morde im KZ Buchenwald viele Jahre im Gefängnis.
Gedenkstätte seit 1987
Die Gedenkstätte in der seit 1987 geschlossenen Schule geht maßgeblich auf die Vereinigung „Kinder vom Bullenhuser Damm“ zurück. Inzwischen gehört der Gedenkort mit Ausstellung zur städtischen KZ-Gedenkstätte Neuengamme.
Weitere Informationen
Jitzhak Reichenbaum kam fast jedes Jahr am 20. April von Israel nach Hamburg, um an seinen Bruder zu erinnern. Die SS hatte ihn 1945 ermordet.
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1945 wurden in Hamburg Kinder für Medizin-Experimente missbraucht und getötet. Jetzt hat die Schwester eines der Opfer ein sehr persönliches Erinnerungsstück an ihren Bruder gestiftet.
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Dieses Thema im Programm:
Hamburg Journal |
24.04.2025 | 19:30 Uhr