
Stand: 03.11.2025 15:21 Uhr
Jahrelang hatten Eltern und Beschäftigte für das Aegidius-Haus gekämpft. Jetzt teilt die Trägerin mit: Im Dezember ist vorerst Schluss. Der Betrieb der Einrichtung für Kurzzeitpflege war nie kostendeckend.
Die Stiftung Hannoversche Kinderheilanstalt kündigt in einer Pressemitteilung an, der Betrieb werde Mitte Dezember „ruhend gestellt“. Bedeutet das ein endgültiges Aus für die Einrichtung? In der jetzigen Form soll es nach den Vorstellungen der Trägerstiftung jedenfalls nicht weitergehen. Auf Anfrage des NDR Niedersachsen heißt es, die Kurzzeitpflege könne womöglich in das stationäre Angebot des Kinderkrankenhauses auf der Bult integriert werden. Dafür solle jetzt ein Konzept entwickelt werden.
Eltern und Unterstützer warnen vor Verlagerung in Kinderklinik
Die Initiative „Rettet das Aegidius-Haus“ hält von den Plänen nichts. Sie fordert Land und Trägerstiftung auf, die Einbindung in das Kinderkrankenhaus zu verhindern. Kurzzeitpflege sei ein Teil von Teilhabe für Kinder neben der Entlastung der Eltern und gehöre nicht in eine Klinik, sagt Sprecherin Christiane Hüppe. Dort seien die Betroffenen oft genug aufgrund ihrer Beeinträchtigungen in Behandlung. Positiv besetzte Kurzzeitpflege könne dort nicht stattfinden.

Niedersachsen ist nun doch bereit seine Finanzierung bis zum Frühjahr fortzusetzen. Bis dahin soll ein neues Konzept stehen.
Ministerium reagiert besorgt
Das Sozialministerium erklärt auf Anfrage, man habe die Ankündigung der Trägerstiftung mit Überraschung und Besorgnis zur Kenntnis genommen. Über die geplante Anbindung an das Kinderkrankenhaus auf der Bult sei das Ministerium nicht informiert worden. Vielmehr sei man nach den jüngsten Gesprächen mit der Stiftung, den Kassen und dem Landesjugendamt zuversichtlich gewesen, dass eine wirtschaftlich tragfähige Lösung für die Zukunft der Einrichtung entwickelt werden könnte. Das Land habe immer wieder betont, sich daran finanziell beteiligen zu wollen und hätte ein neues Betriebskonzept für die kommenden zwei Jahre gefördert. Doch ein Konzept habe die Trägerstiftung nicht vorgelegt, teilt das Sozialministerium mit.

Die Einrichtung ermöglicht Kurzzeitpflege für schwer behinderte Kinder und Jugendliche. Doch das Haus ist nur zu 50 Prozent ausgelastet.
Trägerstiftung unter Druck
Die Trägerstiftung Kinderheilanstalt auf der Bult nennt als Grund für ihre Entscheidung den zunehmenden Personalmangel in der Fachpflege. Sie verweist auf vier aktuelle Kündigungen, die eine vorübergehende Stilllegung der Einrichtung erfordert hätten. Die Stiftung schreibt zudem seit Jahren rote Zahlen – auch mit dem Kinderkrankenhaus auf der Bult, das ebenfalls in die Trägerschaft fällt. Mit der Pflege und der medizinischen Versorgung von Kindern lässt sich kein Geld verdienen, räumte auch der ehemalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei seinem Besuch im Kinderkrankenhaus auf der Bult im vergangenen Sommer ein. Für einen Tag im Aegidius-Haus zahlen die Kassen laut der ehemaligen Pflegedienstleitung rund 300 Euro, kostendeckend wären demnach etwa 600 Euro. Geld, das die Krankenkassen nicht übernehmen.
Kurzzeitpflegeplätze für Kinder und Jugendliche fehlen
Das Ringen um das Aegidius-Haus ist deshalb so bedeutsam, weil es auch auf ein strukturelles Problem hinweist – eine enorme Versorgungslücke. Kurzzeitpflegeplätze sind rar und teuer. Zugleich sind pflegende Eltern enorm belastet. In Niedersachsen finden sie nur wenig Unterstützung bei der Versorgung ihrer behinderten Kinder, wenn sie selbst erkranken oder verreisen möchten. Neben dem Aegidius-Haus gibt es nur eine weitere Einrichtung in Oldenburg. Das Ministerium bezeichnet das Haus mit seiner Ausrichtung sogar als einzigartig. Wenn das Aegidius-Haus schließt, könnten Eltern mit ihren Kindern allenfalls in andere Bundesländer ausweichen – oder müssten auf Erholungspausen verzichten.

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