Leipzig ist die heißeste Stadt in Sachsen. Im zweiten Hitzecheck der Deutschen Umwelthilfe (DUH) schrammte die Stadt in diesem Jahr knapp an der Roten Karte vorbei. Das hat Gründe. Einer der Gründe für die starke Hitzebelastung, unter der mehr als die Hälfte der Stadtbevölkerung stark leidet, ist die dichte Bebauung, die auch mit einer hohen Versiegelung einhergeht. Wenn man Städte kühler machen will, müssen sie entsiegelt und begrünt werden. Das war der Inhalt eines Grünen-Antrags, der am 29. Oktober in der Ratsversammlung zum Aufruf kam.

Geschrieben hatte den Antrag die Grünen-Fraktion auch schon vor der mehr als nur knappen Genehmigung des Leipziger Doppelhaushalts 2025/2026 durch die Landesdirektion. Da hilft auch der Blick nach Holland nicht, wo Städte wie Amsterdam und Rotterdam schon eifrig im Wettbewerb stehen um möglichst viel Entsiegelung von Fläche, die nicht asphaltiert oder mit Steinen verbaut sein muss.

Mitten in der Stadt. Da, wo früher Planer, Architekten und Gebäudeeigentümer ganz selbstverständlich Pflaster hingesetzt haben. Schön pflegeleicht, befahrbar, dauerhaft.

Und der Wettbewerb, auf den dann am 29. Oktober auch der Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Tobias Peter, anspielte, ist letztlich auch keiner, den die Stadtverwaltungen selbst organisieren müssen. Auch deshalb, weil es dann jedes Mal gleich viel Geld kostet. Von 600.000 Euro sprach das Amt für Umweltschutz in seiner Stellungnahme.

600.000 Euro, die in der derzeitigen klammen Finanzsituation nicht darstellbar sind. Und Mitarbeiterinnen, die einen Wettbewerb zum „Abpflastern“ betreuen könnten, fehlen auch.

Wenn das Geld fehlt

„Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung geprüft, ob und ggf. wie ein solcher Wettbewerb für Leipzig organisiert werden kann. Die vorangehenden Ausführungen verdeutlichen, dass der Wettbewerb nur mit dem Einsatz einer erheblichen Zahl von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern durchgeführt werden kann.

Da in der derzeitigen Situation und in absehbarer Zeit, wie im Folgenden näher dargelegt, keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter für zusätzliche freiwillige Aufgaben zur Verfügung stehen werden, erübrigt sich eine weitergehende Recherche zu der genauen Anzahl von Personen, die erforderlich wären“, schrieb das Amt für Umweltschutz.

„Eine Alternative wäre der Rückgriff auf externe personelle Unterstützung durch die Bindung entsprechend qualifizierter Firmen. Dafür wären erhebliche finanzielle Ressourcen erforderlich. Für die Begleitung des Wettbewerbes über ein Jahr werden die Kosten auf der Basis der Kosten für ein anderes Bürgerbeteiligungsverfahren auf 600.000 € geschätzt. Diese Haushaltsmittel stehen im derzeitigen Doppelhaushalt nicht zur Verfügung.“

Man könnte auch Leipziger Vereine, die sich eh schon mit dem Thema beschäftigen, stattdessen einbinden, wie Tobias Peter anmerkte. Nur werden auch die sagen: Das kostet ein bisschen Geld.

Auch die Anlage von neuen Baumscheiben ist im Grunde Abpflastern. Foto: Ralf JulkeAuch die Anlage von neuen Baumscheiben ist im Grunde Abpflastern. Foto: Ralf Julke

Und dazu kommt noch eine Erkenntnis aus Hamburg, die das Amt für Umweltschutz anführte: „Die überwiegende Zahl von Flächen, die in Hamburg zur Entsiegelung vorgeschlagen werden, sind öffentliche Flächen. Die Prüfung der Entsiegelbarkeit dieser Flächen muss vermutlich im laufenden Verwaltungsgeschäft erfolgen. Dies mag ein Grund für die oben beschriebene Diskrepanz zwischen vielen vorgeschlagenen unbearbeiteten Flächen und wenigen Flächen, über die entschieden worden ist, sein.“

Wenn es um gebaute Straßen geht

Und da wird es wirklich teuer. Denn da gehen nicht einfach ein paar Leute mit Hacke und Spaten los und schaffen ein Plätzchen für ein bisschen Grün. Da geht es um oft völlig überdimensionierte Kreuzungen, die gründlich umgestaltet werden müssen, um viel zu breit dimensionierte Straßen, auf denen nicht einfach frei nach Nase entsiegelt werden kann, weil darunter meist auch noch Leitungen und Kanäle aller Art verlaufen. Da geht es nicht ohne Planung und die Beauftragung von Bau- oder Landschaftsbaufirmen.

Wobei das Amt für Umweltschutz den Antrag der Grünen-Fraktion nicht ablehnte, sondern nur die ganz materiellen Bedenken deutlich machte, die die desolate Haushaltslage derzeit mit sich bringt.

Sodass die zentrale Aussage der städtischen Stellungnahme lautet: „Vor diesem Hintergrund lehnt die Verwaltung eine Realisierung des Wettbewerbes in der Laufzeit des Doppelhaushaltes 2025/26 ab und schlägt vor zu prüfen, ob ein Wettbewerb dieser Art Bestandteil des zu erstellenden Klimaanpassungsprogramms werden kann.“

Ein Vorschlag, der natürlich sinnvoll ist, denn Entsiegelung ist unbedingt ein Beitrag zur Klimaanpassung und die Stadt wäre gut beraten, dass tatsächlich auch so aufzunehmen und auch regelmäßig zu berichten, wie viel Pflaster man hat entsiegeln können.

Entsiegelter alter Radweg in der Riesaer Straße. Foto: Ralf JulkeEntsiegelter alter Radweg in der Riesaer Straße. Foto: Ralf Julke

Denn was in den Reden am 29. Oktober nicht angesprochen wurde: Leipzig entsiegelt ja schon. Alle Anwohner von Straßen, wo in den letzten Jahren neue Baumscheiben angelegt wurden, wissen es. Für jeden Baum werden mehrere Quadratmeter Pflaster entfernt und durch eine durchlässige Deckschicht ersetzt.

In der Riesaer Straße wurde ein alter Radweg entsiegelt. Auch das summiert sich, wenn die Stadt nur systematisch weitermacht, baumlose Straßen in Leipzig mit Bäumen zu versehen. Leipzig steht also gar nicht bei null und könnte sich durchaus in einen Wettbewerb mit anderen Städten wagen. Mit Dresden zum Beispiel, wie Tobias Peter vorschlug.

Der stellte dann auch – den Zwängen der Zeit geschuldet – die Positionierung der Stadtverwaltung zur Abstimmung, die dann auch mit 51:10 Stimmen die nötige Mehrheit bekam.