Erneut reisen Afghanen mit Zusage der Bundesregierung nach Deutschland. 31 Staatsbürger landeten am Abend in Hannover. Unter ihnen ist auch eine ehemalige Schulleiterin aus Kabul. Viele klagen inzwischen ihre Aufnahme ein – die Regierung macht ein finanzielles Gegenangebot.

Für einige der knapp 1900 Afghanen in Pakistan, die nach Deutschland ausreisen wollen, hat sich diese Hoffnung jetzt erfüllt. Zum vierten Mal seit dem Regierungswechsel in Berlin haben sich aus Afghanen mit Aufnahmezusage per Flugzeug von Pakistan nach Deutschland aufgemacht.

31 afghanische Staatsbürger reisten am Dienstag per Linienflug von Islamabad nach Hannover – mit Zwischenstopp in Istanbul. Das teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums mit. Dabei handle es sich „ausschließlich um Personen, bei denen rechtskräftige Gerichtsbeschlüsse die Bundesrepublik Deutschland verpflichten“, die Einreise zu ermöglichen und die erforderlichen Visa auszustellen. Alle hätten zuvor ein Aufnahmeverfahren und eine Sicherheitsprüfung durchlaufen.

Auf diesem Weg waren zuvor bereits dreimal Menschen aus verschiedenen deutschen Aufnahmeprogrammen für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan nach Hannover gebracht und später auf die Bundesländer verteilt worden. Unter der Vorgängerregierung hatte man die Menschen mit dafür gecharterten Flugzeugen eingeflogen.

Eine ehemalige Schulleiterin aus Kabul äußerte ihre Freude und Dankbarkeit über die Ausreise nach mehr als einem Jahr Wartezeit. „Ich wünsche mir in Deutschland Bildung für meine Töchter“, so die Frau.

Ein afghanischer Journalist sprach von gemischten Gefühlen: Er sei erleichtert, nach fast zwei Jahren in Pakistan mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn ausreisen zu können und blicke hoffnungsvoll in die Zukunft – ein Teil seiner Familie müsse jedoch weiter in Islamabad ausharren.

Neue Bundesregierung stoppte Aufnahmeprogramm – und verliert vor Gericht

Viele afghanische Familien harren seit Monaten oder gar Jahren in Islamabad aus. Die schwarz-rote Bundesregierung stoppte das Aufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghanen im Mai. Neben früheren Ortskräften deutscher Institutionen und ihren Angehörigen sollten über das Programm auch Afghanen aufgenommen werden, die Verfolgung durch die islamistischen Taliban fürchten müssen, etwa weil sie sich in der Vergangenheit als Anwälte oder Journalisten für Menschenrechte eingesetzt haben.

Dass trotz des Stopps einige der Betroffenen und ihre Angehörigen nun trotzdem Visa erhalten, liegt daran, dass in Deutschland Klagen angestrengt wurden, um ihre Einreise durchzusetzen. Unterstützt werden die Betroffenen dabei teils von der Organisation „Kabul Luftbrücke“. Inzwischen bemüht sich die Bundesregierung, die Betroffenen mit fünfstelligen Eurobeträgen und Sachleistungen zu einem Ausstieg aus dem Aufnahmeprogramm zu bewegen.

Unter den Menschen mit einer Aufnahmezusage beziehungsweise Aufnahmeerklärung aus den verschiedenen Afghanistan-Aufnahmeverfahren sind knapp 220 afghanische Staatsangehörige aus dem Verfahren für ehemalige Ortskräfte.

Dazu kommen etwa 60 afghanische Staatsangehörige, deren Namen auf einer „Menschenrechtsliste“ stehen, knapp 600 Afghanen aus dem sogenannten Überbrückungsprogramm und etwa 1000 afghanische Staatsangehörige aus dem Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan.

Im Koalitionsvertrag hatten sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, die Praxis der Flüge nach Deutschland zu beenden. „Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme so weit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen“, heißt es in dem Vertrag.

dpa/krott/sebe