Liebe Leserin, lieber Leser,
ich
freue mich, dass wir in dieser Woche die Tage zusammen beginnen. Und
bevor ich gleich zu etwas anderem komme, nun kurz zu einem wichtigen
Punkt, der mir bei Ihren vielen sehr netten Rückmeldungen
aufgefallen ist:
Wir
denken, wir kennen Sie.
Zumindest
so einigermaßen, schließlich schreiben wir diesen Newsletter nun
seit zehn Jahren, die ZEIT:Hamburg erscheint schon etwas länger, und
die große ZEIT kommt langsam ins Urgroßeltern-Alter („Ich habe
euch alle in der Pubertät erlebt, und keiner von euch konnte mehr
seine Socken sortieren …“). Außerdem weiß ich seit gestern und
konnte deswegen vor Aufregung kaum schlafen, dass einige von Ihnen
Hunde haben, die sogar die Elbvertiefung lesen!
Aber
in Wirklichkeit ist es natürlich andersherum: Sie kennen uns.
Besser, als wir denken. Viel besser.
Vor
ein paar Tagen war ich mit meinem hochgeschätzten Kollegen Florian
Zinnecker im ZEIT Café neben dem Redaktionshaus. Wir kippten hastig
einen Kaffee (also jeder von uns einen) und sprachen kurz über
etwas. Tage später schrieb eine freundliche Leserin, auch sie sei
dort gewesen, habe uns beide erkannt, aber uns nicht angesprochen,
denn wir seien offensichtlich in Eile gewesen (stimmt, lieben Dank).
Und gestern kam dann eine Mail eines ebenso freundlichen Lesers, der
verriet: „Ich
lese wirklich jede Ausgabe, kenne alle Redakteure, weiß, wo sie
herkommen, wo sie studiert haben, ob sich der Ehemann darüber
echauffiert, dass die Redakteurin zu lange duscht, oder wann es mit
dem Fahrrad schwierig wird, zur Arbeit zu kommen oder nach Hause oder
wie die Erinnerungen an das Studium in Paris sind oder wo der
überschüssige Hausrat nach dem Umzug nach Hamburg gelagert wurde.“
Ich
gestehe: Beim Wissen um Ihre Lebensverhältnisse und Ihr
Duschverhalten haben wir umgekehrt noch ziemlich Nachholbedarf.
Aber
dann verrate ich Ihnen ja sicher kein Geheimnis, wenn ich nun
erzähle, dass ich beispielsweise nicht nur Bücher, Laufen und Hunde
wichtig finde. Sondern auch die Hamburger
Woche der Pressefreiheit, die noch bis zum Samstag läuft.
In
und um Hamburg gibt es mehr als 50 Veranstaltungen rund um das Thema
Pressefreiheit, Desinformation und Medienkompetenz, und morgen werden
wie jedes Jahr von der ZEIT Stiftung Bucerius und der norwegischen
Stiftung Fritt Ord die Free Media Awards vergeben, diesmal im
Hamburger Rathaus. Die Preisträgerinnen und Preisträger stammen aus
der Ukraine, aus Georgien, Ungarn, Russland, Belarus und
Aserbaidschan, es sind Journalistinnen und Journalisten mit
unheimlichem Mut, die für ihre Arbeit verfolgt, misshandelt und
eingesperrt werden und die trotzdem alles riskieren und weitermachen. Mehr
dazu lesen Sie hier.
© ZON
Newsletter
Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.
Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
Bei
einigen der Veranstaltungen sind noch ein paar Plätze frei, es geht
unter anderem um den Beruf des Journalisten, um Desinformation,
Cyberangriffe, Fake-News, Web-Fakes und wie sich diese erkennen
lassen. Wenn Sie also zum Beispiel wissen wollen, in welchem der
Reels im Netz der boxende Trump mutmaßlich echt ist und der Bär,
der dem auf der Toilette sitzenden Mann auf den Schoß springt,
mutmaßlich falsch: Hier
geht es zum Programm.
Herzliche
Grüße,
Ihr
Mark Spörrle
PS:
Ich gestehe Ihnen noch etwas: Auch ich muss umständehalber etwas
überschüssigen Hausrat lagern. Wenn Sie mir also unauffällig
verraten können, wie und wo meine Kolleginnen und Kollegen dies
bewerkstelligt haben: Schreiben Sie mir gerne, pssst!
WAS HEUTE WICHTIG IST
© Jens Büttner/dpa
Der
Bundeskanzler hat den norddeutschen Bundesländern mehr
Unterstützung bei Investitionen in die Häfen
in Aussicht gestellt. Wörtlich sagte Friedrich Merz (CDU) gestern:
„Wir wollen versuchen, hier mehr zu tun, damit die
Hafeninfrastruktur gut ausgebaut wird.“ Konkreter wurde er nicht.
Zuvor hatte der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe den
Bund aufgefordert, jährlich 500 Millionen Euro für die Häfen
bereitzustellen. Es gebe einen Investitionsstau von rund 15
Milliarden Euro.
Eine
Mehrheit
der Deutschen wünscht sich Olympia,
aber nicht in Hamburg. Darauf deutet zumindest eine repräsentative
Umfrage hin, die das Marktforschungsinstitut Forsa im Auftrag der
Zeitschrift stern
durchgeführt
hat. 72 Prozent der Befragten sind für Olympische Spiele in
Deutschland, 22 Prozent dagegen. Der klar favorisierte Austragungsort
ist München mit 39 Prozent der Stimmen, auf Hamburg entfallen nur 11
Prozent. Die Entscheidung, mit welcher Stadt sich Deutschland
bewerben wird, soll im kommenden Jahr fallen. Es geht dabei um die
Austragung der Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044.
Der
Pianist und Dirigent Justus
Frantz hat sich von Russlands Präsidenten Wladimir Putin mit einem
Orden auszeichnen lassen. Dafür
war der 81 Jahre alte Musiker trotz der Sanktionen nach Moskau
gereist. Frantz,
der unter anderem das Schleswig-Holstein Musik Festival erfunden hat,
war vor einigen Jahren in die Kritik geraten, weil er auch nach dem
Angriffskrieg auf die Ukraine noch Konzerte in Russland dirigierte.
Im Interview
mit der ZEIT (Z+) bezeichnete er den Krieg damals als „Verbrechen“ und bestritt,
dass er sich politisch vereinnahmen lasse.
Nachricht des Tages
© Daniel Reinhardt/dpa
Die
Klage
gegen den Abriss und Neubau der Sternbrücke bleibt ohne Erfolg.
Das gab gestern das Oberverwaltungsgericht bekannt. Es bekräftigte
damit seine bereits im Eilverfahren geäußerte Auffassung, dass
keine Verfahrensfehler feststellbar seien. Der Verweis der Kläger
auf den Denkmalschutz blieb ebenfalls wirkungslos: Der Neubau der
Eisenbahnbrücke im Bezirk Altona habe Vorrang. Auch der Vorschlag
einer alternativen Neubauplanung überzeugte das Gericht nicht.
Als
„mutlos“ kritisierte der Sprecher der Initiative Sternbrücke, Axel
Bühler, den Beschluss gegenüber der Elbvertiefung. Die Chancen, in
Revision zu gehen, schätzte er als gering ein. Diese wurde vom
Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen, müsste also vor dem
Bundesverwaltungsgericht erstritten werden.
Trotz
dieses Rückschlags werde der Protest seiner Initiative gegen die
geplante „Monsterbrücke“ weitergehen, sagte Bühler. Der Neubau
soll deutlich größer ausfallen als die bisher bestehende Brücke,
die in der heutigen Form seit dem Jahr 1926 existiert.
Oskar
Piegsa
In aller Kürze
•
Hamburg
kann bis 2030 mit rund
2,5 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen
rechnen als bisher angenommen •
Der Unternehmer
Eugen
Block will im Prozess gegen seine Tochter Christina nicht aussagen.
Begründung:
Die Richterin sei befangen •
Aus
den Polizeimeldungen: In Hamburg wurde ein mutmaßliches
leitendes Mitglied der kurdischen PKK festgenommen.
Diese unterliegt
in Deutschland einem Betätigungsverbot und wird in der EU
als
Terrororganisation bewertet. Und Studierende
der Uni Hamburg haben betrügerische E-Mails erhalten, die sie zur
Zahlung angeblich säumiger Studiengebühren aufforderten
AUS DER HAMBURG-AUSGABE
© Daniel Reinhardt/dpa
„Wiedergeburt aus deutschem Geiste“
Vor
genau 80 Jahren nahm die Uni Hamburg – wenige Monate
nach dem Ende von NS-Diktatur und Krieg –
den Lehrbetrieb wieder auf. Am morgigen Donnerstagabend erinnert eine
Diskussionsveranstaltung an diese Zeit und fragt nach Lehren aus der
Geschichte (Eintritt frei, Infos
hier).
Der Geschichtsprofessor Rainer Nicolaysen schildert den Neubeginn im
Herbst 1945, lesen Sie hier einen Auszug aus seinem Artikel.
Als
die Hamburger Universität am 6. November 1945 mit einem Festakt im
Großen Saal der Musikhalle, der heutigen Laeiszhalle, wiedereröffnet
wurde, stand der betont feierliche Charakter der Veranstaltung in
eigentümlichem Kontrast zur Trümmerlandschaft, die weite Teile der
Stadt durchzog. Erst ein halbes Jahr war vergangen seit der
kampflosen Besetzung Hamburgs durch britische Truppen am 3. Mai 1945
und der Schließung der Hansischen Universität, wie die 1919
gegründete Hamburgische Universität seit 1935 in NS-ideologischer
Aufladung hieß.
Bei
ihrer Wiedereröffnung erklärte der parteilose, kurz darauf der SPD
beigetretene Schulsenator Heinrich Landahl, ein prominenter
Reformpädagoge der Weimarer Zeit, die Universität stehe vor einem
neuen Anfang, „einer Wiedergeburt aus neuem Geiste, dem deutschen
Geiste, der zu sich selbst zurückkehrt“. Fortan werde sie ihren
dritten, den „sauberen, sachlichen Namen“ Universität Hamburg
tragen, wobei es nicht so sehr auf den Namen, sondern auf die Sache
ankomme – „und da sollen von jetzt ab nur noch die strengsten
Maßstäbe gelten“.
Im
Nationalsozialismus hatten sich die deutschen Universitäten, die
sich gern als Stätten der Wahrheitsfindung, als Hüter von Geist und
Kultur verstanden, maßlos kompromittiert – wissenschaftlich wie
moralisch. Wie an allen damals 23 Universitäten in Deutschland waren
1933 auch in Hamburg die Gegner von Republik und Demokratie in der
Mehrheit gewesen. Zügig und weitgehend reibungslos vollzog sich an
der Hamburgischen Universität die Einfügung ins
nationalsozialistische Herrschaftssystem.
Etwa
zwanzig Prozent des Lehrkörpers wurden aus rassistischen oder
anderen politischen Gründen entlassen, jüdische und politisch
missliebige Studierende nach und nach aus der Hochschule gedrängt.
Diese veränderte sich im „Dritten Reich“ grundlegend und stellte
sich in Forschung und Lehre teils gezielt, teils mittelbar in den
Dienst des NS-Regimes.
Wie
die wenigen Unbelasteten im Herbst 1945 den Universitätsbetrieb
erneuern sollten und welche Enttäuschungen sie dabei erwarteten,
lesen
Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf zeit.de.
DER SATZ
© Marcus Brandt/dpa
„Es geht nicht um eine Strafe, die bei einem Mord, sollte sich der Vorwurf bewahrheiten, zwingend lebenslang wäre. Es geht um die dauerhafte Unterbringung des 23-Jährigen in der Psychiatrie.“
Im
April war die Schriftstellerin Alexandra Fröhlich auf ihrem Hausboot
in Moorfleet getötet worden. Nun begann der Prozess gegen den
mutmaßlichen Täter, ihren Sohn. ZEIT:Hamburg-Autorin Elke Spanner
war vor Gericht dabei und berichtet
hier darüber.
DAS KÖNNTE SIE INTERESSIEREN
Die
Veranstaltungsreihe „Ärztekanzel“ in St. Nikolai am Klosterstern
steht in diesem Jahr unter dem Motto „Brüchige
Welt – Brüchiges Selbst. Medizin trifft Literatur“.
In den Vorträgen und Gesprächen mit Ärzten, Schriftstellern und
Literaturwissenschaftlern geht es um menschliche Grenzerfahrungen,
Kontrollverlust und Brüche im Leben. Heute Abend ist der
Schriftsteller David Wagner zu Gast und spricht mit der
Literaturwissenschaftlerin Sophie Witt über das Verhältnis von
Literatur und Medizin und sein Buch Leben.
„Brüchige
Welt – Brüchiges Selbst“, 5.11., 20 Uhr; St Nikolai am
Klosterstern, Harvestehuder Weg 118; das komplette Programm der
Veranstaltungsreihe finden Sie hier.
MEINE STADT
Herbst am Wittenbergener Strand in Rissen © Angelika Mossdorf
HAMBURGER SCHNACK
Im
Reha-Zentrum in Lurup sitzen zwei Personen nebeneinander auf den
Trimmrädern. Der Mann sagt: „So, zehn Minuten, drei Kilometer, das
reicht.“ Dann
blickt er zur Nachbarin und meint: „Oh, Sie haben ja schon vier
Kilometer.“ Sie: „Ja, ich muss noch drei, ich will noch nach
Altona.“ Darauf er: „Ach, da nehme ich den Bus.“
Gehört
von A. Franzen
Das war
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