Teilnehmer einer Islamisten-Demonstration in Hamburg halten ein Plakat mit der Aufschrift "Kalifat ist die Lösung" in die Höhe.

eilmeldung

Stand: 05.11.2025 07:36 Uhr

Innenminister Dobrindt hat die islamistische Gruppierung „Muslim Interaktiv“ vereinsrechtlich verboten. Auch gegen zwei weitere islamistische Gruppen gehen die Behörden zur Stunde vor – sie bleiben jedoch vorerst erlaubt.


Michael Götschenberg


Holger Schmidt

Seit den frühen Morgenstunden werden die Vereinsräume und Privatwohnungen der führenden Mitglieder von „Muslim Interaktiv“ durchsucht. Die Maßnahmen finden nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio und SWR in Hamburg, Berlin und Hessen statt.

Mit dem Verbot wird „Muslim Interaktiv“ jegliche Betätigung untersagt, Webseiten und Social-Media-Accounts werden abgeschaltet bzw. gelöscht, das Vereinsvermögen wird eingezogen.

Grundlage für das Vereinsverbot ist eine umfangreiche Materialsammlung des Bundesamts für Verfassungsschutz, an der auch mehrere Landesverfassungsschutzbehörden beteiligt waren. Die Durchsuchungen dienen dem Zweck, weiteres Beweismaterial zu beschlagnahmen. Muslim Interaktiv kann gegen das Verbot klagen.  

Erfolg in junger Zielgruppe

„Muslim Interaktiv“ spricht vor allem eine junge Zielgruppe an und verfügt in den sozialen Medien über erhebliche Reichweite. So hat der Account von „Muslim Interaktiv“ bei Tiktok mehr als 18.700 Follower und 389.000 Likes. In den Clips, die tausendfach angeschaut werden, treten junge islamistische Prediger auf. Auf Instagram folgen dem Account knapp 10.000 Follower. Auch auf YouTube verfügt „Muslim Interaktiv“ über einen eigenen Kanal mit 19.100 Abonnenten.  

Doch so modern und locker sich die Gruppe auf Social-Media-Kanälen präsentiert, so undurchsichtig ist die innere Organisation. „Klandestin“, also heimlich, agieren die Macher der Videos und Postings. Häufig bleibt unklar, wer die Menschen hinter der Kamera sind und wer die Fäden zieht.

„Dabei gelingt es ihnen aber immer wieder auf eine faszinierende Weise, an aktuelle Themen anzuknüpfen“, sagt ein Ermittler. Ein Beispiel: Kaum diskutiert Deutschland über die Stadtbild-Aussage des Bundeskanzlers, schon thematisiert Muslim interaktiv ihre Version eines Stadtbilds – unter anderem mit dem Hinweis, man solle sich mal das „Stadtbild“ im Gazastreifen ansehen, wenn man sich hierzulande aufrege. 

Weltweites Kalifat als Endziel

Das ideologische Ziel der Gruppe ist das Kalifat, also eine islamische Weltregierung mit Absolutheitsanspruch. Dabei knüpft „Muslim Interaktiv“ ideologisch an die sektenartige Organisation Hizb ut-Tahrir an, die weltweit seit den 1950er-Jahren für ein Kalifat kämpft und in Deutschland seit 2003 einem Betätigungsverbot unterliegt. 

Darüber hinaus durchsucht die Polizei seit den Morgenstunden Objekte, die den islamistischen Vereinigungen „Realität Islam“ und „Generation Islam“ zugerechnet werden. Sie werden jedoch nicht verboten. Bei diesen beiden Gruppierungen handele es sich um Ableger von „Muslim Interaktiv“, heißt es aus Sicherheitskreisen.