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Der Hauptgrund für die Wahlsiege der US-Demokraten sind die hohen Lebenshaltungskosten. Dafür machen viele Wähler Präsident Trump verantwortlich. Der muss nun auf die Demokraten zugehen.
Ein Jahr lang sind die US-Demokraten durch ein tiefes Tal der Tränen gegangen – ratlos, mutlos, richtungslos. Nach dem Wahltag gestern ging ein kollektives Aufatmen durch die Partei. Ex-Präsident Barack Obama brachte die Stimmung auf den Punkt: „Die Zukunft sieht nun ein bisschen heller aus.“
Die Wahlergebnisse in den Bundesstaaten Virginia, New Jersey, Kalifornien und in New York City waren ein dringend benötigter Lichtblick für die Demokraten und zugleich eine Klatsche für den amtierenden Präsidenten Donald Trump. Seine Umfragewerte sind im Keller: Fast zwei Drittel aller US-Bürger sind unzufrieden mit Trumps Politik.
Trumps Politik hat vieles teurer gemacht
Den wesentlichen Grund dafür haben sowohl die Wahlsiegerinnen in Virginia und New Jersey als auch der künftige Bürgermeister von New York City in den Mittelpunkt ihrer erfolgreichen Wahlkämpfe gestellt: „Affordability“ – auf Deutsch: die viel zu hohen Lebenshaltungskosten, vor allem steigende Mieten und hohe Lebensmittelpreise, die sich immer mehr US-Bürger nicht leisten können.
Trumps Beteuerungen, mit ihm werde alles besser, haben sich als leere Versprechen entpuppt. Seine Zollpolitik hat vieles teurer gemacht. Und für den längsten Shutdown der Regierung machen die US-Bürger größtenteils die regierenden Republikaner verantwortlich.
Von Mamdani kann auch Deutschland lernen
Was also sind die Lehren aus diesem Wahltag – ein Jahr nach Trumps Wahlsieg und ein Jahr vor den Halbzeitwahlen? Die Demokraten sollten ihren Richtungsstreit zwischen Parteilinken und Zentristen beenden. Statt sich in ideologischen Debatten zu verkämpfen, muss sich die Partei als großes Zelt verstehen, in dem viele Platz finden.
Vom neuen New Yorker Bürgermeister Zohran Mamdani können alle – übrigens auch in Deutschland – lernen, wie man erfolgreich Wahlkämpfe führt: optimistisch, kämpferisch und mit einer Mischung aus traditionellem Klinkenputzen und einer geschickten Social-Media-Strategie.
Mamdanis linke Positionen sind in anderen US-Staaten sicher nicht mehrheitsfähig. New York City ist ein Kosmos für sich. Eine von Bernie Sanders und Mamdani dominierte Demokratische Partei wäre eine Steilvorlage für Trump und ein schlechtes Omen für die Halbzeitwahlen in einem Jahr. Inhaltlich erfolgversprechender ist der Mitte-Kurs der beiden neuen Gouverneurinnen von Virginia und New Jersey.
US-Bürger wollen keinen Autokraten
Und was ist die Lehre für US-Präsident Trump? Er muss dafür sorgen, dass der längste Shutdown der Regierung möglichst schnell beendet wird. Auch wenn es ihm schwer fällt: Er darf nicht nur in der Außenpolitik Deals anstreben, sondern muss auch in der Innenpolitik auf die Demokraten zugehen. Die US-Bürger wollen keinen Autokraten im Weißen Haus.
Das ist die erfreulichste Erkenntnis aus den Wahlen: Die von einigen bereits totgesagte US-Demokratie ist auch im 249. Jahr sehr lebendig.
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