17 Männerschutzwohnungen gibt es bundesweit. Das weiß man bei der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz. Eine dieser Wohnungen befindet sich in Bielefeld. Sie bietet Männern, die durch ihre Partnerin oder ihren Partner Gewalt erleben, einen Unterschlupf in der Not. Insgesamt bietet die Einrichtung vier Plätze, aufgeteilt auf zwei Wohnungen. Wer dort Hilfe bekommt, weiß Stefan Bockshecker von der man-o-man-Männerberatung aus Bielefeld, die die Männerschutzeinrichtung vor Ort betreibt.
Großteil betroffener Männer erlebt Gewalt durch Partner
Seit knapp drei Jahren gibt es die beiden Wohnungen. „Die Auslastung liegt in diesem Jahr bei rund 80 Prozent.“ Insgesamt haben seit Eröffnung der Unterkunft 33 Männer einen Platz in Anspruch genommen. „Im Schnitt bleiben sie rund drei Monate.“ Das Angebot steht Männern zur Verfügung, die häusliche Gewalt erleben. Heißt: innerhalb ihrer Partnerschaft oder Familie.
Was die Männer erlebt haben, die in der Männerschutzeinrichtung Bielefeld Unterschlupf finden? Stefan Bockshecker weiß, dass knapp 60 Prozent von ihnen partnerschaftliche Gewalt erlebt haben. „Hier sind Partner oder Ex-Partner die Person, von der die Gewalt ausgeht.“
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Auch Zwangsheirat ist ein Thema
Männer berichten laut Bockshecker von psychischer Gewalt wie Beleidigungen, Demütigungen, Kontrollverhalten und Einschränkungen sozialer Kontakte. Andere haben körperliche Gewalt erlebt: Anspucken, Ohrfeigen, kratzen, schubsen. Manche werden sogar mit Gegenständen beworfen oder angegriffen und dabei schwer verletzt.
„Wir hatten auch mit Männern zu tun, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. Stalking – sowohl digital als auch im Umfeld von Wohnung und Arbeitsstelle – gibt es ebenfalls. Bei familiärer Gewalt erleben wir Männer, die diese durch ihre Eltern oder andere Familienangehörige erleiden.“ Unglaublich, aber wahr: Bockshecker berichtet sogar von Männern, die von Zwangsverheiratung betroffen sind.
Den meisten Männern fällt es nach Angaben Bocksheckers schwer, zu begreifen und zu realisieren, dass ihnen überhaupt Gewalt angetan wurde. „Insgesamt ist die Entwicklung, dass die Fallzahlen im Bereich der häuslichen Gewalt ansteigen. Das zeigen Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik“, weiß Stefan Bockshecker.
Männer hadern damit, Opfer zu sein
Es gibt Fälle, weiß Bockshecker, in denen Männer ihre Frauen anzeigen. „Aber wir erleben nicht, dass das die Regel ist. Männer tun sich deutlich schwer damit, denn sie müssen sich hier eingestehen, tatsächlich Opfer zu sein.“
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Angesichts massiv wirkender Männlichkeitsanforderungen und männlicher Aufwachsens- und Sozialisationsbedingungen, ist das laut Bockshecker eine riesige Herausforderung für Männer. „Entweder Mann oder Opfer, beides zusammen darf eigentlich nicht sein.“
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