Schulen zu bauen an sich ist schon ein aufregendes Thema, das den Stadtrat in immer neue Aufregung versetzt. Aber die Aufregung hört nicht auf, wenn die Schulen fertig sind. Denn dann verändern sich auch Schulbezirksgrenzen. Und Eltern möchten natürlich ihr Kinder möglichst in die neue, attraktive Schule schicken. Am Ende gibt es dann den Versuch der Stadt, zwei neue große Grundschulbezirke zu stricken. Doch am 16. April scheiterte dieser Versuch.
Dass Grundschulbezirke schon mal auf zwei Schulen erweitert werden, damit die Schüler besser auf beide Schule verteilt werden könne, das ist nicht neu. Das hat sich der Vergangenheit auch immer wieder bewährt. Voraussetzung war freilich immer, dass die Wege der Kinder zur Schule nicht zu lang werden. Motto: „Kurze Wege für kurze Beine“.
Doch wenn neu gebaute Schulen ins Spiel kommen, gerät auch das aus dem Gleichgewicht, denn natürlich versuchen Eltern dann, ihre Kinder möglichst in der neuen Schule unterzubringen. Erst recht, wenn die alternative Schule noch nicht saniert ist. Sodass das Amt für Jugend und Familie nun mit der „Sechsten Satzung zur Änderung der Satzung der Schulbezirksgrenzen der Grundschulen der Stadt Leipzig ab dem Schuljahr 2026/27“ versuchte, gleich zwei große Grundschulbezirke zu schaffen.
Doch das scheiterte diesmal. SPD und Linke schrieben einen Änderungsantrag, der beide Änderungen aufhob. Und SPD-Stadträtin Ute Köhler-Siegel begründete auch, warum solche riesigen Grundschulbezirke einfach nicht gehen. Allein im neuen Grundschulbezirk Südost würden auf einmal fünf Grundschulen in einem Bezirk liegen.
Ein Riesen-Schulbezirk im Westen
Die Satzungsvorlage der Stadt begründete das so: „Zusammenlegung GSB SW1 und GSB SW6
Aktuelle Situation Schule Gießerstraße und 46. Schule
Im Schuljahr 2024/25 führt die Schule Gießerstraße 19 Klassen mit zusätzlich zwei VKA Klassen und überschreitet die Regelkapazität als vierzügige Grundschule (16 Klassen). Bereits in den vergangenen Schuljahren sind Horträume der Schule Gießerstraße in Doppelnutzung übergegangen, um den wachsenden Bedarfen gerecht zu werden.
Auch die 46. Schule zeigt eine Überschreitung der Regelkapazität als fünfzügige Grundschule (20 Klassen). Sie führt aktuell 18 Klassen zuzüglich vier LRS- und drei VKA-Klassen.
Laut Bevölkerungsvorausschätzung 2023 zeichnet sich für die kommenden Jahre ein beständig hoher Klassenbedarf im gemeinsamen Schulbezirk SW6 ab, welcher nicht durch die Kapazitäten der beiden Grundschulen gedeckt werden kann.
Aktuelle Situation Erich-Zeigner-Schule, Fanny-Hensel-Schule und Schule am Auwald
Im gemeinsamen Schulbezirk SW1 führen die Erich-Zeigner-Schule und Fanny-Hensel-Schule im aktuellen Schuljahr 2024/25 Klassen entsprechend ihrer Regelzügigkeit. Die Schule am Auwald führt Klassen über der Regelzügigkeit.
Mit Blick auf die Bevölkerungsvorausschätzung 2023 zeichnet sich für die kommenden Jahre ein sinkender Gesamtklassenbedarf im gemeinsamen Schulbezirk SW1 ab. Die entstehende Reserve kann zur Absicherung der Grundschulplätze im gemeinsamen Schulbezirk SW6 genutzt werden.“
Vicki Felthaus (Bündnis 90/Die Grünen), Beigeordnete für Jugend, Schule und Demokratie, im Leipziger Stadtrat am 16.04.25. Foto: Jan Kaefer
Nach Aussage von Jugendbürgermeisterin Vicki Felthaus würde das dann um die 10 bis 15 Kinder betreffen, die aus dem bisherigen Schulbezirk SW6 in den SW 1 wechseln würden, den SW6 also somit entlasten könnten. Aber, so Köhler-Siegel, das hätte man auch hinbekommen, wenn man die Schulbezirke selbst neu geordnet hätte und nicht einfach zusammengeschmissen hätte. Dass man sich also – so die Linke-Stadträtin Cornelia Falken – auch mal wieder die Zuschnitte straßengenau angeschaut hätte.
Auch wenn sich Vicki Felthaus ziemlich sicher ist, dass Eltern aus dem Bereich der Schule in der Gießerstraße ihre Kinder natürlich nicht in die Schule am Auwald geben würden. Dazu sind die Entfernungen schlicht zu groß.
Ein großer Schulbezirk im Osten
Und so ähnlich ist es auch im Leipziger Osten, wo vier Schulen in einem großen Grundschulbezirk zusammengefasst werden sollten.
„Zusammenlegung GSB NO1 und GSB SO1
Aktuelle Situation Schule am Rabet und Wilhelm-Wander-Schule
Im Schuljahr 2024/25 werden an der Schule am Rabet insgesamt 20 Klassen, einschließlich vier VKA-Klassen, unterrichtet, wodurch die Regelkapazität einer vierzügigen Grundschule (16 Klassen) überschritten ist. Um dem wachsenden Bedarf der vergangenen Jahre gerecht zu werden, mussten alle Horträume in Doppelnutzung genommen werden.
Auch an der Wilhelm-Wander-Schule wird die Regelkapazität der vierzügigen Schule überschritten. An der Grundschule werden im aktuellen Schuljahr insgesamt 18 Klassen, einschließlich drei VKA-Klassen sowie einer LRS-Klasse, geführt. Aufgrund der Sanierungsbedürftigkeit des Hauses 2 und der notwendigen Teil-Auslagerung an einen Interimsstandort können in den nächsten Jahren keine zusätzlichen Klassen aufgenommen werden.
Laut der aktuellen Bevölkerungsvorausschätzung wird der Bedarf an Schulplätzen in den kommenden Schuljahren weiter steigen und dauerhaft über dem aktuellen Niveau bleiben.
Daher reichen die derzeit verfügbaren Kapazitäten nicht aus, um den Bedarf im gemeinsamen Schulbezirk NO1 langfristig zu decken.
Cornelia Falken (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 16.04.25. Foto: Jan Kaefer
Aktuelle Situation Wilhelm-Busch-Schule und August-Bebel-Schule
Derzeit werden an der August-Bebel-Schule 19 Klassen unterrichtet, darunter zwei VKA-Klassen, was die reguläre Kapazität von 18 Klassen übersteigt. Die Wilhelm-Busch-Schule ist am derzeitigen Standort als 2-zügige Grundschule eingerichtet und unterrichtet im aktuellen Schuljahr 10 Klassen, einschließlich zwei VKA-Klassen.
Mit der Inbetriebnahme des Ersatzneubaus der Wilhelm-Busch-Schule und der damit verbundenen Erweiterung um drei Züge stehen im gemeinsamen Schulbezirk SO1 mehr Kapazitäten zur Verfügung, als zur Deckung des Bedarfs notwendig sind. Diese Reserve kann zur Sicherung der Schulplätze im gemeinsamen Schulbezirk NO1 genutzt werden.
Um jährliche Anpassungen der Schulbezirksgrenzen zu vermeiden und langfristig Über- und Unterbelegungen an den Grundschulen entgegenzuwirken, werden mit der Neuaufnahme der Anmeldungen für das Schuljahr 2026/2027 der Einzugsbereich des gemeinsamen Schulbezirkes SW6 in den gemeinsamen Schulbezirk SW1 sowie der Einzugsbereich des gemeinsamen Schulbezirkes SO1 in den gemeinsamen Schulbezirk NO1 integriert. Bei bevorstehenden Komplexsanierungen von Schulgebäuden können betroffene Schulen in der Klassenzahl entlastet werden.
Sollte es im Rahmen der Schulanmeldungen zu mehr Anmeldungen an einer Schule als Aufnahmekapazitäten zur Verfügung stehen kommen, werden im Lenkungsverfahren Kriterien zur Aufnahme an den Grundschulen durch die Schulleitungen aufgestellt. Um die Schulleitungen zu entlasten, wird der Schulträger auch weiterhin unterstützend bei der Ermittlung der Schulwege mitwirken.
Alle betroffenen Schulleitungen sind über die Grenzveränderungen informiert. Es fand eine Informationsveranstaltung gemeinsam mit dem Landesamt für Schule und Bildung sowie den betroffenen Schulleitungen im Januar 2025 statt.“
Auch die CDU spielt nicht mit
Die Zusammenlegung der Schulbezirke schien also das einfachste Mittel, um auf die kommenden Bedarfe flexibel reagieren zu können. Doch auch aus der CDU-Fraktion kam Unmut an den Plänen. „Für den Stadtbezirk Südwest kann ich mir das nicht vorstellen“, sagte Karsten Albrecht.
Und so geschah, was geschehen musste: Eine Stadtratsmehrheit von 53:11 stimmte für den Änderungsantrag von SPD- und Linksfraktion mit der klaren Botschaft: „Bei der vorliegenden sechsten Satzung zur Änderung der Satzung der Schulbezirksgrenzen der Grundschulen der Stadt Leipzig ab dem Schuljahr 2026/27 muss eine Einzelabstimmung pro Schulbezirk ermöglicht werden (hier: § 1 SW1 separat sowie § 1 NO1 separat).“
Und: „Das Amt für Schule muss in Abstimmung mit dem Landesamt für Schule und Bildung Leipzig (LaSuB) für die neu zu benennenden SW1 und NO1 tragfähige Lösungen finden, um diese Schulbezirke grundlegend neu zu strukturieren.“
Heißt im Klartext: Das Amt für Schule muss jetzt genau das nachvollziehen, was Köhler-Siegel und Falken gefordert haben: Die Grenzen der Grundschulbezirke neu ermitteln, damit diese die künftigen Schülerzahlen wieder abbilden. Für die vorgelegte Satzung heißt das: Sie war damit nicht mehr abstimmungsfähig und muss überarbeitet werden.