Da war plötzlich niemandem mehr zum Lachen zumute: Kabarettist Vince Ebert (57), Physiker und Bestsellerautor („Wot Se Fack, Deutschland?“), rechnete bei Sandra Maischberger (59) knallhart mit dem aktuellen Empörungskonzert gegen Friedrich Merz (69) ab.
Ebert über Vorwürfe, der Kanzler habe sich mit seiner „Stadtbild“-Aussage missverständlich ausgedrückt: „Das ist doch lächerlich! Jedem ist doch klar, was los ist und wie er das gemeint hat. Wir müssen Weihnachtsmärkte mit Betonpollern schützen! Wir müssen in Freibädern Personalkontrollen einführen!“
„Endlich sagt es mal jemand“
Vince Eberts persönliche Erfahrung: „Ich spiele jeden Abend vor 500, 600 Leuten. Wenn ich diese Thematik anspreche, dann kommen danach Leute mit Tränen in den Augen und sagen: Endlich sagt es mal jemand! Also es ist doch den Leuten total klar. Wir diskutieren hier akademisch über einen Begriff, und das ist vollkommen lächerlich. Natürlich weiß jeder, was gemeint ist!“
Comedian Vince Ebert (57), Journalistin Ulrike Herrmann (61) und Moderator Theo Koll (67) waren am Mittwochabend bei Sandra Maischberger (59) zu Gast (v.l.n.r.)
Foto: ARD
Ebert über die Hintergründe der Kampagne: „In den letzten zwanzig Jahren haben medial gut organisierte Minderheiten es geschafft, eine Deutungshoheit über die Debatten zu bekommen. Über Migration darf nicht negativ gesprochen werden. Selbst wenn man extrem sachlich darüber redet, ist man sofort ein Rassist. Ich erlebe das immer wieder, wenn ich darüber spreche, auch in meinem Buch. Ich biete Zahlen, ich biete Statistiken, top abgesicherte Sachen, aber sofort ist man in der Nazi-Ecke. Das haben diese Minderheiten, auch mit Hilfe der NGOs, perfekt geschafft.“
Der Comedian über die Folgen: „Ich bin viel auf sozialen Medien unterwegs, da kommt immer wieder ein fetter Shitstorm. Die Konservativen, das liberale Bürgertum, die genau wissen, was Sache ist, sagen einem unter vier Augen: Da haben wir ein Riesenproblem. Aber wenn die dann am Rednerpult stehen, dann reden sie, als hätten sie sich auf den Kirchentag verirrt. Weil sie Schiss haben, dieses Problem anzusprechen. Weil sie dann sofort in der rechten Ecke sind. Das ist ein riesengroßes Problem.“
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Widerspruch von taz-Journalistin Ulrike Herrmann (61): „Ich habe keinen Schiss. Ich glaube, dass Sie jetzt den Klassiker fahren, nämlich: Ich breche ein Tabu, ich darf nichts sagen, alles, was ich sage, ist ein Tabu.“ – Ebert erstaunt: „Nee, ich sag‘ doch alles.“ – Herrmann trotzdem: „Jaja, aber eigentlich ist es ein Tabu, und die anderen, die das nicht sagen, die haben Angst.“
Ebert noch einmal: „Natürlich ist das ein Tabu.“ – Herrmann mit Nachdruck: „Nein, nein. Alle, die das sagen wollen, sagen es ständig. Die ganze AfD ist voll davon!“ – Eberts Konter: „Ah ja. Sofort das AfD-Argument. Perfekt.“
Ulrike Herrmann (61), Wirtschaftskorrespondentin der „taz“
Foto: ARD
Die besorgte Analyse des Comedian: „Ich habe mich nie als Opfer gesehen. Ich habe immer gesagt, was ich denke, und kann damit gut leben. Aber man muss das schon ernst nehmen, wenn so viele Leute das Gefühl haben, sie dürfen nichts mehr sagen. Es gibt Meldestellen in Nordrhein-Westfalen. Der Medienwissenschaftler Norbert Bolz hat jetzt wegen einem vollkommen harmlosen Tweet eine Hausdurchsuchung bekommen.“
Schauspieler Sky du Mont kritisiert Merz-Debatte
Eberts bedenklichster Vorwurf gegen aktuelle „Sprachregelungen“: „Man gibt vor, Minderheiten schützen zu wollen, und im Grunde genommen fährt man hier seine narzisstische Geschichte.“
Filmlegende Sky du Mont (78) danach ungewohnt deftig über den umstrittenen Merz-Satz: „Ich fand es nicht diskriminierend. Wir haben sehr viel Toleranz verloren, und das macht unfrei. Und Unfreiheit ist ein beschissener Zustand.“