„So etwas kann mir nicht passieren. Ich weiß ja Bescheid“, das und ähnliche Aussagen hört Britta Färvers von der Polizei in Viersen immer wieder. Färvers gehört zum Präventionsteam der Polizei und klärt regelmäßig zu Betrugsversuchen auf. Im Visier der Täter sind dabei oft Senioren, deren Gutgläubigkeit ausgenutzt werden soll. Ob an der Haustür oder auch am Telefon oder auch in Kombination dieser beiden Möglichkeiten – Färvers weiß, wie die Täter vorgehen und worauf geachtet werden sollte.
Dabei ist der grundlegende und wichtigste Tipp: am Telefon auflegen und an der Tür niemanden Fremdes hereinlassen. Doch was in der Theorie ganz einfach klingt, ist in der konkreten Situation gar nicht so leicht umzusetzen. „An der Haustür gibt es in der Regel zwei Muster“, sagt Färvers. Entweder die Täter geben vor, sie seien in einer Notlage oder es wird suggeriert, dass eine offizielle Funktion ausgeführt wird.
Eine Notlage kann beispielsweise folgende sein: An der Tür klingelt eine Frau, die unruhig und nervös wirkt. Sie erzählt, sie müsse beispielsweise dringend an der Schule der Tochter anrufen, weil sie nicht pünktlich zum Abholen vor Ort sein kann. Leider ist ihr Handy aber leer und jetzt fragt sie, ob sie mal schnell telefonieren dürfe. Vor allem Senioren zeigen sich gerne hilfsbereit, lassen die Frau herein und sind dann in die Falle getappt. Denn die Frau lässt sich das Telefon geben, geht vielleicht ins Wohnzimmer und unbemerkt wurde die Haustür offengelassen. Ein zweiter Täter kann nun unbemerkt in die Wohnung und nach Wertgegenständen suchen.
Die Variante mit der offiziellen Funktion ist auch durchaus gerne genutzt. Da klingelt dann der Wasserwerker, die Polizei in zivil oder die Stadtwerke, um Gas abzulesen. Alle können sich mit einem gefälschten Ausweis auch ausweisen. „Man kann gar nicht prüfen, ob dieser Ausweis echt ist“, weiß Färvers. Deshalb ist in beiden Fällen eindeutig der Tipp: „Lassen Sie niemanden herein“. Um Sicherheit zu suggerieren, nennen Täter gerne auch eine Telefonnummer, die angerufen werden kann, um sicher zu gehen, dass es wirklich kein Betrug ist. Am anderen Ende der Leitung ist dann ein Komplize, der sich entsprechend als Polizei, Stadtwerke und Co meldet. Deshalb sollten diese Nummern auch nicht angerufen werden.
Wer sich absichern möchte, ruft einfach die echte Hotline (wenn bekannt) des genannten Unternehmens oder bei der Polizei an und fragt dort nach. Täter suchen schnell das Weite, wenn ihnen gesagt wird: „Warten Sie bitte, ich frage mal eben nach.“ Am besten wird dann aber die Haustür geschlossen. „Sobald man misstrauisch ist, einfach die Polizei über die 110 anrufen“, sagt Britta Färvers. Auch dafür sei der Notruf der Polizei da.
Und auch am Telefon gilt es, Ruhe zu bewahren. „Die Täter können durchaus labern“, weiß Färvers. Binnen weniger Minuten wird eine Geschichte aufgetischt, die zum einen Druck aufbaut und zum anderen durchaus glaubwürdig klingt. „Je länger gesprochen wird, desto eher klappt der Betrug auch“, weiß die Expertin. Beliebt sei beispielsweise die Geschichte der nahen Verwandten, die einen schrecklichen Unfall hatte und nun in Untersuchungshaft sitzt, weil sie jemanden überfahren hat. Jetzt soll unbedingt eine Kaution bezahlt werden und dafür komme in Kürze jemand vorbei.
Doch spätestens, wenn es um eine Zahlung geht, sollte das Telefonat umgehend beendet werden. Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft würden am Telefon Geld verlangen. Wer nun denkt, dass im Telefon die Nummer des Anrufers gezeigt wird, liegt mitunter falsch. Selbst wenn dort die echte Nummer der Polizei zu sehen ist, muss das nicht stimmen. „Das ist heute technisch überhautp kein Problem, eine andere Nummer anzeigen zu lassen“, weiß Färvers.
Und in Zeiten von künstlicher Intelligenz (KI) kommt noch eine Masche hinzu. Am anderen ende der Leitug klingt die Anruferin exakt, wie die eigene Tochter. KI-Tools machen es möglich, dass Stimmen täuschend echt nachgeahmt werden. In so einem Fall, kann es helfen, aufzulegen und dann auf der bekannten Nummer der Tochter anzurufen. Sollte sie es vorher wirklich gewesen sein, wird sie sich vielleicht kurz wundern, aber letztlich Verständnis haben.
Und Färvers gibt noch einen Tipp: „Geben Sie nie die IBAN, Kartenummer oder PIN-Nummer ihrer Bankkarte am Telefon heraus.“ Keine Bank würde jemals danach fragen. Auch andere persönliche Daten sollten am telefon grundsätzlich tabu sein. Um das eigene Bankkonto zusätzlich zu schützen, lässt sich auch relativ einfach ein tägliches Limit einstellen. Mehr als diese Summe lässt sich dann nicht abheben. Damit bliebe ein möglicher Schaden zumindest begrenzt.
Um auf die unterschiedlichen Betrugsmaschen am Telefon aufmerksam zu machen, hat die Viersener Polizei auch eine Plakataktion ins Leben gerufen. Beispielsweise in Arztpraxen hängen diese Plakate aus, die mit eindrücklichen Sprüchen wie „Ich lasse mich nicht schocken“ oder „Gute Story, aber gelogen“, auf die Maschen der Betrüger aufmerksam machen. Der klare Appell auch hier: Auflegen.