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Zaho de Sagazan: Konzertbericht von März 2025 (3 Min)

Stand: 06.11.2025 06:00 Uhr

Die Französin Zaho de Sagazan verbindet emotionale Texte mit Elektrobeats und vollbringt etwas Besonderes: Sie elektrifiziert das moderne französische Chanson. Heute Abend singt die 25-Jährige mit Orchesterbegleitung in der Elbphilharmonie.

von Emma Bärenz

Zaho de Sagazan liebt Chansons und Elektromusik – also macht sie beides. Ihr Ziel: Menschen zeitgleich zum Weinen und zum Tanzen zu bringen. Der Vorsatz gelingt durch eine Kombination aus expressiven Texten in französischer Chanson-Manier und elektronischen Beats, durch die man sich wie in einem Nachtclub fühlt. Während ihrer Auftritte wirkt die Französin stets losgelöst, bewegt sich ohne Choreografie und ohne einen Gedanken daran, wie es von außen aussehen könnte. „Ich bin nicht unbedingt die Sinnlichste, wenn ich tanze: Es ist dann eher irgendwas – aber das befreit“, gibt Zaho de Sagazan offen zu. „Ne te regarde pas“, fordert sie im gleichnamigen Techno-Chanson das Publikum auf, es ihr gleichzutun. „Lâche-toi.“ – „Schau dich nicht an, lass dich fallen“.

Internationaler Durchbruch bei Olympia

Zaho de Sagazan hält Greta Gerwigs Hand.

Zaho de Sagazan und Regisseurin Greta Gerwig bei der Eröffnung der Filmfestspiele in Cannes.

2024 war das Jahr ihres Durchbruchs. Bei der französischen Musikauszeichnung „Victoires de la Musique“, den französischen Grammys, wurde sie unter anderem mit dem Preis für das beste Musikalbum ausgezeichnet. Internationale Aufmerksamkeit erhielt die junge Künstlerin durch ihre Auftritte bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele in Paris und bei der Eröffnungsfeier der Filmfestspiele in Cannes. Bei den Filmfestspielen sang sie „Modern Love“ von David Bowie für die Jury-Vorsitzende Greta Gerwig und hielt die Regisseurin während des Auftritts an der Hand. „Ich verstehe nicht, warum nicht alle Menschen großzügig sind“, sagt Zaho über diesen Moment. „Als ich in Cannes großzügig war, habe ich Gretas Großzügigkeit voll zurückbekommen. Weil ich geweint habe, hat sie auch geweint.“

Emotional und ehrlich

Ein schwarzer Schatten innerhalb von Musikinstrumenten vor einem orangen Hintergrund.

In ihren Liedern bewegt sie sich oft zwischen poetischen Texten und pulsierenden Klängen.

In ihren Liedern zeigt sie sich offen und verletzlich. Sie schreibt über den Vorsatz, mit dem Rauchen aufzuhören („Aspiration“), den wütenden Versuch, die Traurigkeit zu kontrollieren („Tristesse“) oder die Selbstakzeptanz trotz der eigenen Fehler („Ô travers“). Zu den musikalischen Vorbildern der jungen Künstlerin gehören die Düsseldorfer Band Kraftwerk und der Chansonnier Jacques Brel.

Anfang 2022 veröffentlichte Zaho ihre Single „La déraison“ (auf Deutsch: „die Unvernunft“). In diesem Lied verbinden sich emotional aufgeladene Worte und sanfte Klaviertöne mit elektronischen Klängen.

Mon Monde / Est immonde sans toi / Est immonde et moi / Je n’ai plus rien d’autre à perdre“, singt Zaho mit ihrer klaren Stimme. „Meine Welt / Ist grauenhaft ohne dich / Ist grauenhaft und ich / ich habe nichts mehr zu verlieren.

„La déraison“

Das Klavier – die erste große Liebe

Zaho de Sagazan wirde 1999 als Tochter eines Künstlers und einer Lehrerin in der westfranzösischen Hafenstadt Saint-Nazaire geboren. Sie ist hypersensibel; nimmt Reize und Emotionen äußerst intensiv wahr und hat in ihrer Kindheit dadurch Probleme, sich auszudrücken.

Mit 13 setzt sie sich ans Klavier – und verbringt dort direkt mehrere Stunden. Zaho wird klar, dass sie mit der Musik ihren Emotionen Ausdruck verleihen kann. „Das hier war die absolute Freiheit“, sagt sie im Rückblick auf diesen Moment. „Ich habe mich in meinem bisherigen Leben nur ein einziges Mal auf den ersten Blick verliebt: in das Klavier.“

Die Bühne einnehmen

Zaho de Sagazan bewegt sich tanzend über die Bühne, hält den linken Arm nach vorne.

Zaho de Sagazans Tanzbewegungen fließen spontan, ohne Choreografie, zum Rhythmus der Musik.

Innerhalb kürzester Zeit spielt die heute 25-Jährige in großen Hallen und wirkt dennoch nie verloren auf den riesigen Bühnen. Im Gegenteil: Sie füllt den Raum musikalisch aus und gibt sich dem Klang vollständig hin. Während ihrer Konzerte sind ihre großen Emotionen immer Teil des Auftritts. Man spürt ihre Freiheit, wenn sie über die Bühne tanzt und im nächsten Moment auf dem Boden kniend über die eigenen Unzulänglichkeiten singt, um dann den Bogen zum Glauben an die Metamorphose zu spannen; zur Hoffnung, dass es besser wird. Es verdeutlicht, wofür auch ihre Musik steht: Sie will sich nicht reinreden lassen.

Verbundenheit mit Deutschland

2023 erschien das Debütalbum „La symphonie des éclairs“ („Die Symphonie der Blitze“), welches die Französin auf ihrem eigenen Label veröffentlichte. Mittlerweile hat Zaho ihr Debütalbum um sieben Songs erweitert („La symphonie des éclairs (Le dernier des voyages)“) und eine Version mit Orchesterbegleitung herausgebracht. Mit dieser tourt sie aktuell durch Deutschland. Dass die junge Künstlerin in Städten wie Leipzig, Berlin und Hamburg auftreten möchte, kommt durch ihre Nähe zu Deutschland. In der Schule lernte sie Deutsch und war als Austauschschülerin in Berlin. Die Band Kraftwerk ist bis heute eine Inspiration für die Französin und auch Nena hat es ihr angetan, insbesondere der Song „99 Luftballons“.

Am 3. November 2025 wurde sie in Berlin mit dem Deutsch-Französischen Medienpreis ausgezeichnet. Damit ehrte die Jury nicht nur ihr Engagement für mehr Solidarität zwischen den Generationen und gegen die Diskriminierung von Minderheiten, sondern auch, dass die Französin in Frankreich und Deutschland ein großes Publikum begeistert. Das wird sich auch heute Abend zeigen, wenn Zaho de Sagazan in der ausverkauften Elbphilharmonie mit Orchesterbesetzung auf die Bühne tritt. Gänsehautmomente garantiert.

Zaho de Sagazan singt mit Mikrofon im Scheinwerferlicht

Mit nur 25 Jahren wurde die Französin mit der „Voix grave“ in ihrer Heimat zur Künstlerin des Jahres gewählt. Furioser Auftakt ihrer Deutschlandtour war in Hamburg.

Julia Westlake

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