Stand: 06.11.2025 08:22 Uhr
Lübeck steht bis zum 9. November im Zeichen des nordischen und baltischen Kinos. Die Nordischen Filmtage bieten 191 Filme, Premieren, inklusive Angebote und Streaming-Highlights. Los geht es mit einer schwarzen Komödie mit Mads Mikkelsen.
Lübeck verwandelt sich wieder zum Schauplatz für das nordische und baltische Kino. Insgesamt 191 Spielfilme, Dokumentarfilme, Serien, Kurzfilme und immersive Medien werden in insgesamt fünf Spielstätten der ganzen Stadt präsentiert. Dazu zählen das Cinestar Lübeck, das Filmhaus, das Kommunale Kino (KoKi), der 360 Grad Infinity Dome und neu in diesem Jahr das Figurentheater und Museum KOLK 17. Dort werden hauptsächlich Wiederholungen des Spielfilmwettbewerbs gezeigt, erklärt Thomas Hailer, künstlerischer Leiter der Nordischen Filmtage Lübeck. Außerdem gibt es Kurzfilme und „Terje Vigen“ zu sehen. Der Stummfilm wird musikalisch von Studierenden der Musikhochschule Lübeck begleitet.
Barrierefreiheit beim Filmfestival
Wie in den vergangenen Jahren gibt es auch dieses Jahr wieder spezielle Angebote für blinde und sehbehinderte sowie gehörlose und schwerhörige Menschen. Es werden zum Beispiel Vorstellungen mit Audiodeskription und SDH-Untertitelung („Subtitles for the Deaf and Hard of Hearing“) angeboten. Die Vorstellung von „Der letzte Walsänger“ am Sonnabend (8.11.) sowie das anschließende Filmgespräch werden zusätzlich live in deutsche Gebärdensprache übersetzt. Außerdem gibt es Vorstellungen, die sensorisch an die Bedarfe neurodiverser Menschen angepasst sind. Dort werden das Licht und die Lautstärke reduziert.

Die Leiterin der Jugendsektion Hanna Reifgerst spricht über Barrierefreiheit und Besonderheiten der Untertitel beim Filmfest, das am Mittwoch startet.
Eröffnungsfilm „Therapie für Wikinger“ mit Mads Mikkelsen
Eröffnet werden die Nordischen Filmtage Lübeck mit der Deutschlandpremiere „Therapie für Wikinger“ von Anders Thomas Jensen mit den Schauspielern Mads Mikkelsen, Nikolaj Lie Kaas und Søren Malling, der auch zur Eröffnung kommen wird. Bei der Eröffnung sind außerdem die beiden Produzentinnen des Films Sisse Graum Jørgensen und Sidsel Hybschmann dabei.
Im Film „Therapie für Wikinger“ geht es um zwei Brüder. Anker, gespielt von Nikolaj Lie Kaas, ist gerade nach 15 Jahren Haft wegen Bankraubs entlassen worden. Sein Bruder Manfred (Mads Mikkelsen) hat eine dissoziative Identitätsstörung entwickelt und neigt zu autoaggressivem Verhalten. Anker möchte von seinem kleineren Bruder wissen, wo das Geld vergraben ist, aber Manfred erinnert sich an nichts mehr. Also begeben sich die beiden auf eine Reise und suchen ihr Elternhaus in den schwedischen Wäldern auf. Statt der Beute stoßen die beiden ungleichen Brüder auf Kindheitserinnerungen und finden Anschluss an Wahlverwandte. Der Film mache unheimlich viel Spaß und habe es in sich, sagt der künstlerische Festivalleiter Thomas Hailer.
Ehrenpreis geht an Bent Hamer
Am Eröffnungsabend wird außerdem der Ehrenpreis der Nordischen Filmtage Lübeck verliehen. Er geht in diesem Jahr an Bent Hamer, verliehen wird er vom US-amerikanischen Produzenten Jim Stark. Der norwegische Regisseur und Produzent Hamer wurde bereits vielfach ausgezeichnet und hat vor genau 30 Jahren bei den Nordischen Filmtagen mit seinem Debütspielfilm „Eggs“ den NDR Spielfilmpreis und den Baltischen Filmpreis gewonnen. In diesem Jahr werden seine Filme „Eggs“, „Kitchen Stories“, „O’Horten“, „Factotum“ und „1001 Gramm“ gezeigt. Letzterer eröffnete die Nordischen Filmtage 2014.

Die Filmnächte dienen als Einstimmung auf die Nordischen Filmtage Lübeck. Mit dabei: die Tragikomödie „Mummola – Finnische Weihnachten“.
Film über Astrid Lindgren feiert Weltpremiere

Astrid Lindgren schreibt in Wilfried Haukes Dokumentarfilm Tagebuch.
Der Dokumentarfilm „Astrid Lindgren – die Menschheit hat den Verstand verloren“ des deutschen Regisseurs Wilfried Hauke feiert bei den diesjährigen Nordischen Filmtagen Lübeck Weltpremiere. Hauke beleuchtet in dem Film die Zeit, als die junge Astrid Lindgren noch gar keine Autorin war, sondern Tagebuch geschrieben hat. Darin beobachte sie den Krieg in Europa, erklärt Thomas Hailer. Das 1939 begonnene Tagebuch wurde erst 2015 veröffentlicht und beschreibt die gesamte Zeit des Zweiten Weltkriegs.
Astrid Lindgren schreibt über ihre Sorgen, über Ängste der Zukunft und sie schreibt die ersten Pippi-Langstrumpf-Geschichten auf, die sie ihrer Tochter zum Einschlafen erzählte. In dem Dokumentarfilm werden Auszüge aus den Tagebüchern mit historischem Archivmaterial, nachinszenierten Bildern und Interviews mit Lindgrens Tochter, ihrer Enkelin und ihrem Urenkel verbunden. Der Dokumentarfilm zeigt spannende Einblicke in die Gedankenwelt von Astrid Lindgren.
Filme mit Siw Malmkvist und Bjarne Mädel
Mit „Liebeskummer lohnt sich nicht“ landete die schwedische Schlagersängerin und Schauspielerin Siw Malmkvist 1964 einen Nummer-eins-Hit in Deutschland. In ihrer Heimat Schweden war sie schon seit ihrem 19. Lebensjahr ein Star. Bei den Nordischen Filmtagen Lübeck wird in diesem Jahr die Dokumentation „My life as Siw“ von der schwedischen Dokumentarfilm-Regisseurin und -Produzentin Stina Gardell zu sehen sein. Siw Malmkvist wird auch selbst wieder nach Lübeck kommen, freut sich der künstlerische Leiter des Festivals Thomas Hailer.
Außerdem wird der Film „Prange – Man ist ja Nachbar“ mit Schauspieler Bjarne Mädel gezeigt. Lars Jessens Komödie nach dem Buch von Comedyautor Andreas Altenburg wirft einen Blick auf Einsamkeit und gesellschaftliches Miteinander in der Großstadt. Auch wenn Prange viel Nachholbedarf hat, ist es letztlich die Hassliebe zu seiner Hausgemeinschaft, die ihn an sich selbst und die Liebe glauben lässt.

Mit Katharina Maria Schubert und Olli Dittrich gibt er in der NDR Komödie ein schräges wie liebeswertes Trio ab. Gerade sind die Dreharbeiten zu Ende gegangen.
Themenvielfalt bei den Nordischen Filmtagen
Auf dem Klingenberg in Lübeck steht auch in diesem Jahr wieder der 360 Grad Infinity Dome mit einem Außendurchmesser von 20 Metern. In der Kuppel erleben die Gäste immersive Filme, audiovisuelle Installationen und multimediale Performances, die das klassische Kinoerlebnis erweitern. Und auch thematisch wird in diesem Jahr einiges geboten, erklärt der künstlerische Leiter Thomas Hailer. „Während in der Welt um uns herum eine Krise die nächste jagt und politische Lösungen rar sind, erschaffen die Filmemacherinnen und Filmemacher unseres Programms Welten voller Inspiration.“

Der ehemalige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Helicopter.
Das Kino werde zu einem Laboratorium der Hoffnung: Aus geteilten Visionen könne Veränderung erwachsen. Es geht zum Beispiel um indigene Völker, die für ihre Rechte kämpfen („A Sámi Wedding„), um die Pflege von älteren Menschen und „wer wissen will, wie Politik funktioniert, sollte sich die ausführliche Dokumentation, „Facing War„, über den ehemaligen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und sein letztes Jahr in dieser Funktion ansehen, empfiehlt Hailer.
Filme für Kinder und Jugendliche
Bei der Sektion Young Audience gibt es dieses Jahr wieder jede Menge Animation, Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme mit vielen Debüts. Der rote Faden, der sich durch die Filme zieht, thematisiert „Risse in den Mauern“, erklärt Kuratorin Hanna Reifgerst. „Es geht um lauter Geschichten, wo es darum geht, hinter mögliche Absperrungen zu gucken, Abschottungen einzureißen, Verbündete zu finden, um aus einer Isolation herauszubrechen und gemeinsam Freiheit zu erkunden.“ Hanna Reifgerst ist seit vier Jahren Kuratorin der Sektion Young Audience. Vom kommenden Jahr an übernimmt sie die künstlerische Leitung von Thomas Hailer.
Im Rahmen der Nordischen Filmtage werden zwölf Jury- und Publikumspreise vergeben, die mit insgesamt 67.500 Euro dotiert sind, darunter auch der NDR Spielfilmpreis. Das gesamte Programm der Nordischen Filmtage Lübeck gibt es hier.

Mit Beginn des neuen Jahres wird Reifgerst die neue Künstlerische Leiterin des Festivals. Sie folgt damit auf Thomas Hailer.

Am 24. Oktober 1975 treten 90 Prozent der isländischen Frauen in den Streik. Der Film setzt ihnen ein eindrucksvolles Denkmal.

Die Auszeichnung ist am Sonnabend im Theater Lübeck an die Regisseurin und Autorin Sylvia Le Fanu verliehen worden.