Sechs Monate in der Schwerelosigkeit – und jetzt das: Drei chinesische Astronauten sitzen nach einem mysteriösen Unfall in der Erdumlaufbahn fest. Ihr Raumschiff Shenzhou 20 wurde offenbar von gefährlichem Weltraumschrott getroffen – und könnte schwer beschädigt sein.
Seit April leben Chen Dong, Chen Zhongrui und Wang Jie auf der chinesischen Raumstation Tiangong – übersetzt: Himmlischer Palast. Dort haben sie geforscht, repariert, geschuftet. Jetzt müssen sie um ihre sichere Rückkehr bangen.
Eigentlich sollte ihr Einsatz am 5. November enden. Die Nachfolger der Mission Shenzhou 21 waren schon an Bord. Doch kurz vor der Übergabe geschah das Unfassbare: Ein unbekanntes Objekt prallte auf die Rückkehrkapsel der Astronauten.
April 2025: Die Astronauten heben in Chinas Rakete vom Typ Langer Marsch 2F für die bemannte Raumfahrtmission Shenzhou 20 in Jiuquan im Nordwesten Chinas zu einem Flug zu einer Raumstation ab
Foto: Andy Wong/AP/dpa
Ein Einschlag, der eine deutliche Spur auf der Außenhülle hinterließ – und bei den Raumfahrern die Alarmglocken schrillen ließ. Denn wenn auch das Innere beschädigt ist, könnte der Rückflug zur Erde zur Lebensgefahr werden.
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Noch steht nicht fest, wann oder ob die Crew in ihre Kapsel steigen kann. Beide Teams müssen das Schiff nun Zentimeter für Zentimeter überprüfen. Ein Rückflugtermin ist unbekannt. Für die Raumfahrer bedeutet das: weiterleben im All – ohne zu wissen, wann sie heimkehren dürfen.
Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass Astronauten im All festsitzen. Erst im Frühjahr mussten zwei NASA-Astronauten wegen einer defekten Kapsel auf der ISS ausharren, bis sie gerettet wurden.
Chen Dong (oben) 2022 auf einer Mission im All
Foto: Li Jie/dpa
Was die Shenzhou traf, weiß niemand genau. Doch Experten vermuten: Weltraumschrott – Müll aus Jahrzehnten der Raumfahrt. Über 19.000 größere Objekte kreisen um die Erde, Reste alter Raketen, kaputter Satelliten und verlorener Werkzeuge. Dazu kommen Hunderttausende unsichtbare Mini-Trümmer, die mit bis zu 27.000 km/h rasen – schneller als eine Pistolenkugel. Ein winziges Teil genügt, um eine Raumkapsel zu durchschlagen.
Das ist Tiangong
Tiangong ist Chinas ehrgeiziges Projekt für eine dauerhafte Präsenz im Weltraum
Foto: CNSA
Die Tiangong-Station fliegt in rund 400 Kilometern Höhe über der Erde – seit 2021 das Aushängeschild der chinesischen Raumfahrt.
Noch schweigt die chinesische Raumfahrtbehörde zu einem möglichen Rettungsplan. „Die Risikoanalyse läuft“, heißt es offiziell. Für Chen Dong, Chen Zhongrui und Wang Jie bleibt die Ungewissheit. Sie blicken hinunter auf die Erde – und hoffen, dass sie bald wieder festen Boden unter den Füßen haben.