Berlin – Jeder kennt sie, die Straßenbaustellen, die wochenlang, monatelang und jahrelang aufrechterhalten werden, obwohl dort kein Mensch arbeitet.

Und alle fragen sich, wie das kommt, ob sich denn niemand verantwortlich fühlt. Das Bezirksamt, der Berliner Senat? Wer ist zuständig, wer ist für die Schlamperei verantwortlich?

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Ein Paradebeispiel für solche Dauerbaustellen befindet sich in Wilmersdorf. Seit fünfeinhalb (!) Jahren ist die Nürnberger Straße nördlich der Lietzenburger Straße einseitig gesperrt.

Die Straße wurde gesperrt, damit die BVG zwei Aufzüge in den U-Bahnhof unter der Straße einbauen konnte. Die Aufzüge gingen vor zwei Jahren in Betrieb, die Sperrung der Straße wurde aber nicht aufgehoben. Zwei Jahre lang war dort kein Arbeiter zu sehen.

Wir fragten regelmäßig nach und erfuhren, dass nach dem Einbau der Aufzüge ein Umbau der Ampelanlage notwendig sei, die Bordsteine abgesenkt und die Überwege verändert werden müssten. Das geschah dann schließlich in diesem September. Alles wurde hergerichtet, sogar die Fahrbahn neu asphaltiert, Markierungen wurden aufgebracht. Doch die Straße wurde nicht wieder freigegeben. Warum nicht?

Dazu erhalten wir von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt diese lapidare Antwort: „Gegenwärtig stehen nach unserem Kenntnisstand noch Arbeiten im Bereich des Mittelstreifens der Nürnberger Straße (…) aus. Insbesondere hier dürfte das Bezirksamt besser informiert sein.“

Was soll das heißen: „Nach unserem Kenntnisstand“? Jetzt sollen wir also wieder beim Bezirksamt nachfragen? Das wird uns dann wahrscheinlich zurück an den Senat empfehlen.

So geht das seit vier Jahren. Niemand fühlt sich verantwortlich, niemand führt alle Beteiligten zusammen, eine Verwaltung zeigt auf die andere und wäscht sich die Hände in Unschuld.

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Nur eine Entscheidung wurde und wird auch jetzt zuverlässig und pünktlich getroffen: Die Sperrung der Nürnberger Straße bleibt mit einer „verkehrsrechtlichen Anordnung“ bis 31. Dezember bestehen. Das gilt auch für die angrenzende Eislebener Straße, die voll gesperrt bleibt. Der gesperrte Abschnitt dort hat sich übrigens längst in eine Art Müllhalde verwandelt.

Und noch ein Beispiel für Schlendrian und Verantwortungslosigkeit, noch einmal aus Wilmersdorf: Die Autobahnbrücke über dem Breitenbachplatz ist baufällig und muss abgerissen werden. Ein großes Schild an der Kreuzung Schildhornstraße/Kreuznacher Straße kündigte den Beginn der Abrissarbeiten für 2024 an.

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Das Schild war bereits von Unkraut überwuchert, als wir zu Beginn der Woche fragten, wie es weitergehe. Da wurde das Schild in aller Eile entfernt. Hatte man es vergessen?

Und wann beginnt nun der Abriss? Antwort: „Der beauftragte Vertrag musste aus wichtigem Grund gekündigt werden. (…) Die eigentlichen Rückbauleistungen der Brückenkonstruktion befinden sich in der neuen Ausschreibungs- und Vergabephase.“

Beide Beispiele zeigen, dass sich die Verwaltung nicht als verantwortlicher Dienstleister versteht, sondern eher als unbeteiligter Beobachter. Sorgfalt, Aufmerksam­keit, Verantwortung: Gilt das alles nichts mehr?

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de