Am Mittwoch, dem 5. November, meldete das Leipziger Sozialamt stolz: „Leipzig hält am vergünstigten Deutschlandticket fest“. Die Stadt Leipzig wolle auch in angespannter Haushaltslage das vergünstigte Deutschlandticket für Leipzig-Pass-Inhaberinnen und -Inhaber fortführen. Doch die Preisvorstellungen, die das Sozialamt dann formulierte, dürften nicht nur Inhaber des Leipzig-Passes überrascht haben.

Selbst die Linksfraktion fiel aus allen Wolken. Weiß die Stadt nicht mehr, wie knapp es sich auf Sozialhilfeniveau in Leipzig lebt? Die Verwaltung hat dazu einen Beschlussvorschlag in die Gremien eingebracht. Er wurde jetzt von Oberbürgermeister Burkhard Jung in seiner Dienstberatung bestätigt. Der Stadtrat entscheidet voraussichtlich im November darüber.

„Damit bleibt die Preisermäßigung für Menschen mit geringem Einkommen bis Ende 2026 erhalten. Sie zahlen weiterhin 20 Euro weniger pro Monat als der reguläre Preis vorsieht“, betonte das Sozialamt. „Der Vertrag mit den Leipziger Verkehrsbetrieben soll um ein Jahr verlängert werden, die Konditionen bleiben gleich. Zurzeit kostet das Ticket für Berechtigte 38 Euro im Monat. Ab Januar 2026 steigt der Preis für das Deutschlandticket auf 63 Euro, damit würde das Leipzig-Ticket dann 43 Euro kosten.

Die Leipzig-Pass-Mobilcard bleibt bestehen. Sie gilt weiterhin im Stadtgebiet und kann parallel genutzt werden.“

Dr. Martina Münch, Bürgermeisterin für Soziales, Gesundheit und Vielfalt, lässt sich mit den Worten zitieren: „Mobilität eröffnet Chancen. Wer wenig Geld hat, soll trotzdem am Leben in unserer Stadt teilhaben können. Deshalb halten wir den Zuschuss zum Leipzig-Ticket stabil. Wir sorgen dafür, dass die Menschen weiter günstig Bus und Bahn fahren. Unser Ziel bleibt klar: eine Stadt, die zusammenhält und Verantwortung trägt.“

Doch das Wichtigste verriet die Bürgermeisterin nicht.

Wer soll sich das noch leisten können?

Entsprechend konsterniert reagierte am Donnerstag, dem 6. November, die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat.

„Was die Verwaltung wie ein großzügiges Zugeständnis darstellt, geht in Wahrheit scharf an der Realität vorbei. 43 Euro pro Monat sind für Haushalte mit geringem Einkommen schlicht nicht bezahlbar. Denken wir beispielsweise an eine vierköpfige Familie, kommt schnell eine Summe von 132 Euro zusammen – Geld, das viele nicht haben“, kommentierte Franziska Riekewald, Sprecherin für Mobilität der Fraktion Die Linke im Stadtrat zu Leipzig, den Vorstoß des Sozialdezernats.

„Davon abgesehen setzt sich die Verwaltung über einen auf Linke Initiative gefassten Stadtratsbeschluss aus März dieses Jahres hinweg, nach welchem der Preis für die Leipzig-Pass-Mobilcard bei 29 Euro gehalten werden sollte. Nach der Preiserhöhung des Deutschlandtickets sollte der Anteil des städtischen Zuschusses entsprechend erhöht werden.“

Gerade hier liegt der Hase im Pfeffer.

Der Grund für die Preissteigerung

Denn, so das Sozialamt in seiner Vorlage: „Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 12.03.2025 (vgl. VIII-HP-10275) wurden im Haushalt der Stadt Leipzig für 2025/2026

‚jährlich zusätzlich 1.500.000 EUR zur Verfügung gestellt, damit der Ticketpreis bei 29,00 EUR/Monat beibehalten wird.‘ Damit verbunden wäre eine Erhöhung des städtischen Zuschusses je Ticket/Monat um 9 EUR auf 29 EUR bei einem aktuellen Preis für das Deutschlandticket von 58 EUR/Monat bzw. ab 01.01.2026 um 14 EUR je Ticket und Monat bei einem Preis für das Deutschlandticket von 63 EUR/Monat.

Mit den im Haushalt 2025/2026 veranschlagten Mitteln in Höhe von 6.100.800 EUR p.a. (4.600.800 EUR p.a. zuzüglich 1.500.000 EUR p.a.) zuzüglich übertragener Restmittel aus 2024 in Höhe von 742.040 EUR ist dieser Beschluss nicht umsetzbar. Hintergrund ist die allgemein gestiegene Nachfrage für das Produkt Deutschlandticket für Leipzig-Pass-Inhaber/-innen. Z

ur Ausfinanzierung der Zuschusserhöhung um 9 EUR je Ticket/Monat in 2025 bzw. um 14 EUR je Ticket/Monat in 2026 würden in der Haushaltsperiode 2025/2026 weitere finanzielle Mittel in Höhe von rund 4 Mio. EUR benötigt.“

Eine Stadt in der Haushaltsklemme

Der Wunsch nach dem vergünstigten Deutschlandticket trifft also direkt auf die klamme Haushaltssituation der Stadt. Selbst wenn sie wollte, dürfte sie diese zusätzlichen 4 Millionen Euro nicht zur Verfügung stellen. Und so steht die Stadt vor dem Dilemma: Was lässt sich am verbilligten Deutschlandticket für Leipzig-Pass-Inhaber überhaupt noch finanzieren. Da kommen dann die 43 Euro pro Monat heraus, die tatsächlich weit über den ursprünglich geplanten 29 Euro liegen.

Und so stellt Franziska Riekewald zu recht fest: „Zur Wahrheit gehört aber auch dazu: Bund und Land kommen einmal mehr ihrer Verantwortung nicht nach. Die Kommunen werden mit den steigenden Kosten im Regen stehen gelassen. Schon jetzt ist anzunehmen, dass es nach 2026 nicht bei dem Preis von 63 Euro monatlich für das Deutschlandticket bleiben wird. Dadurch wird das Angebot stetig unattraktiver und grenzt immer mehr Personengruppen aus.

Mobilität bedeutet Teilhabe – diese wird Menschen mit geringem Einkommen immer mehr genommen. Nicht zuletzt ist das Ticket ein wichtiger Antreiber der Verkehrswende. Je mehr Menschen niedrigschwellig Zugang zum kostengünstigen ÖPNV erhalten, desto mehr Autos bleiben in ihren Garagen stehen. Genau das sollte doch in dem Interesse aller liegen.“