Die Verwaltung Leipzigs hat sich ein neues Logo gegeben. Es soll den Wiedererkennungswert der Stadt und ihrer Gesellschaften erhöhen, so die offizielle Erklärung. Doch viele Leipzigerinnen und Leipziger empfinden eher das Gegenteil. In den Sozialen Medien und Kommentarspalten erntet das neue Stadtsymbol harsche Kritik. Neben dem Verlust der traditionellen Farbkombination aus Blau und Gelb hagelt es vor allem für das neu gestaltete Wappentier Spott und Unverständnis. Zudem stößt in Zeiten einer Haushaltssperre vielen die Summe auf, die das neue Corporate Design verschlungen hat.
Das neue Logo zeigt einen stilisierten schwarzen Löwen neben zwei blauen Streifen, ergänzt um den Schriftzug „Stadt Leipzig“. Die Typographie wurde exklusiv für Leipzig entwickelt und darf auch nur von ihr verwendet werden. Entwickelt hat das Design und die dazugehörige, neu gestaltete Website der Stadtverwaltung die Berliner Agentur Edenspiekermann, zu deren Kunden nach eigenen Angaben unter anderem auch die Deutsche Bahn, Red Bull TV, die Helioskliniken oder Volkswagen gehören. 
Der bisherige Löwe war kräftig und zeigte sich mit traditionellem Blau-Gelb. Foto: Benjamin Weinkauf
Gegenwind
Viele Leipziger machen ihrem Unmut über die neue Gestaltung Luft. Kabarettistin Carolin Fischer: „Ich rege mich ja nicht so schnell auf, aber der neue Löwe sieht aus wie ein Wiesel mit Luftgitarre, vorausgesetzt man hat beim Anschauen gute Laune. Sein Vorgänger war solide. Und wo sind die Farben hin? Das Geld hätte man derzeit sinnvoller verwenden können.“
Grafik-Legende Ulrich Forchner schreibt: „Der Löwe wäre unter modernen Aspekten vielleicht noch zu verstehen. Auch wenn er ein bisschen an einen Klammerbeutel erinnert. Aber was überhaupt nicht geht, ist das Weglassen des Gelb als Bestandteil der Stadtfarbe. Insgesamt sieht es aus wie ein Garten ohne Zaun. Die beiden versetzten Striche verlieren sich.“
Der Künstler Schwarwel (Art-Director bei Glücklicher Montag) fällt ein ganz besonderes Urteil: „Daran ist alles falsch. Leipzig als Buchstadt hat genug Grafik-, Illustrations- und Marketingmenschen, die sowas locker aus dem Ärmel schütteln. Wir haben sogar die HGB, wo sowas zum Lehrstoff gehört. Zumal bei Einheimischen – zugewandert oder eingeboren ist da natürlich vollkommen wurscht – ein direkter Bezug zum Sujet gegeben ist, der bei Lokal- und Regionalkampagnen wie einem Stadtmarkenbild selbstverständlich stets Grundvoraussetzung sein sollte. Deshalb sollte für solche Jobs auch kein Geld anderswo ausgegeben werden – wer die Region oder Leipzig tatsächlich stützen will, sollte das beweisen, indem er die hiesige Kultur- und Dienstleistungswirtschaft fördert.“
Ein Leser kommentierte auf der Facebookseite der Stadt: „Das Logo sieht gruselig aus! Das Wappentier schaut regelrecht verhungert aus.“
Doch nicht nur aus der Bürgerschaft bläst der Verwaltung Wind ins Gesicht. Stadtrat Dr. Volker Külow (Die Linke) hat bereits eine Anfrage eingebracht, die zur nächsten Stadtratssitzung am 27. November beantwortet werden muss. Die CDU-Fraktion will am Montag ebenfalls eine Anfrage zur Beantwortung vorlegen.
Zudem gibt es eine Petition, die eine Bürgerbeteiligung zum neuen Stadtlogo fordert.
Anfrage von Stadtrat Dr. Volker Külow zum neuen Corporate Design der Stadt Leipzig.
Fürsprache
Zu Sinn, Kosten und Umsetzung gibt es aber auch positive Erklärungen. So äußert sich Erik Spiekermann, Inhaber der ausführenden Agentur, auf LinkedIn zu den hohen Kosten des Auftrages: „Die jährlichen Lizenzen für eine handelsübliche Schrift, die auf tausenden Arbeitsplätzen und über alle Medien eingesetzt wird, betragen nach kurzer Zeit wesentlich mehr, als der einmalige Aufwand für eine eigene. Warum sonst lassen sich immer mehr Unternehmen eine exklusive Schriftfamilie gestalten.“
Ein fachlicher Zuspruch mit Einschränkung kommt von Designer Justin Schüler, Gründer der Leipziger Agentur „smalltribe“: „Aus professioneller Sicht wirkt das Rebranding insgesamt modern und sauber umgesetzt – Farbwelt, Typografie und das digitale Brand-System sind stark. Das Logo selbst hat allerdings Schwächen: In kleiner Größe verliert es an Klarheit, und das ‚pralle Ärschchen‘ als Interpretation des Stadtwappens wirkt gestalterisch eher konstruiert. Der eigentliche Fehler lag aber in der Kommunikation. Ein öffentliches Rebranding mit einem AI-Mockup anzukündigen – inklusive MacBook ohne Tastatur – wirkt wenig professionell. Mehr Transparenz zu Kosten, Leistungen und Prozess hätte die Diskussion deutlich entschärft.“
Peinlich. Den neuen Auftritt bewirbt die Stadt mit dem KI-generierten Bild eines halben MacBooks. Foto: Stadt Leipzig
Neben dem neuen Logo sorgt auch der damit verbundene, neue Onlineauftritt der Stadt für Gesprächsstoff. Unser Autor Thomas Köhler schreibt (in Kürze) über einen besonderen Makel der neuen Internetseite.