Santa Marta. Die kolumbianische Stadt Santa Marta wird am 9. und 10. November Schauplatz des IV. Gipfels zwischen der Europäischen Union (EU) und der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) sein. Das Treffen, das unter dem Pro-Tempore-Vorsitz Kolumbiens einberufen wurde, soll die politischen und kooperativen Beziehungen zwischen beiden Regionen festigen. In den Tagen vor Beginn wurde der Gipfel jedoch von zahlreichen Absagen überschattet, die sein politisches Gewicht zu mindern drohen.
Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro, Gastgeber des Treffens, erklärte, „fremde Kräfte, die gegen den Frieden Amerikas gerichtet sind, hätten gewollt, dass der Celac-Europa-Gipfel scheitert“. Damit bezog er sich auf mehrere kurzfristige Absagen hochrangiger Teilnehmer. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bestätigte schließlich seine Teilnahme – eine Entscheidung, die der Organisation Auftrieb verleiht, da seine Präsenz als entscheidend gilt, um den politischen Stellenwert des Treffens zu wahren. Lula erklärte, er wolle die Interessen der lateinamerikanischen Länder verteidigen und die Präsenz von US-Kriegsschiffen in den Gewässern Lateinamerikas ansprechen.
Im Gegensatz zu Brasilien werden mehrere lateinamerikanische Regierungen nicht durch ihre Staatsoberhäupter vertreten sein. Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum lehnte die Einladung ab, während der Chilene Gabriel Boric aufgrund der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in seinem Land nicht teilnehmen wird. Auch der peruanische Interimspräsident José Jerí und Argentiniens Präsident Javier Milei bleiben fern. Im Gegenzug haben Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez und der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, ihre Teilnahme ebenso bestätigt wie mehrere europäische Ministerdelegationen.
Aber auch auf europäischer Seite sorgen prominente Abwesenheiten für Unruhe. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte ihre Teilnahme kurzfristig ab und verwies auf eine enge Terminplanung sowie die geringe Zahl anderer teilnehmender Staats- und Regierungschefs. Sie wird von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas vertreten. Auch die Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und Italiens, Emmanuel Macron, Friedrich Merz und Giorgia Meloni, werden der Veranstaltung fernbleiben. In der Berliner Zeitung werden als Gründe die Spannungen zwischen den USA und Kolumbien genannt und dass die „Europäer Donald Trump nicht verärgern wollen, der gerade militärisch gegen Venezuela und Kolumbien zu Felde zieht“.
Aus Brüssel hieß es dennoch, der Gipfel behalte in einer Zeit globaler Spannungen seine geopolitische Bedeutung, da Europa versuche, ein Gleichgewicht in seinen Beziehungen zu den USA und China zu halten.
Das Treffen findet in Santa Marta statt, einer Stadt, die Petro aufgrund ihres historischen Symbolwerts auswählte: 2025 feiert sie ihr 500-jähriges Bestehen und war der Ort, an dem Simón Bolívar starb. Die Wahl des Austragungsorts stellte die Organisatoren vor logistische Herausforderungen, da nur begrenzte Flugverbindungen von Belém do Pará, dem Austragungsort der COP 30, bestehen. Trotz dieser Schwierigkeiten sieht die kolumbianische Regierung in dem Gipfel eine Gelegenheit, die Rolle Lateinamerikas und der Karibik auf der internationalen Bühne zu stärken.
Parallel zu den Vorbereitungen leitete Kolumbiens Vizeaußenminister Mauricio Jaramillo Jassir in Santa Marta das Treffen der nationalen Koordinatoren der CELAC. Dabei wurden Fortschritte bei der Verhandlung der sogenannten „Erklärung von Santa Marta CELAC–EU 2025“ erzielt, die als politische und kooperative Leitlinie für die kommenden Jahre dienen soll. Vertreter aller 33 Mitgliedsstaaten nahmen teils vor Ort, teils virtuell teil, ebenso Delegierte der Entwicklungsbank CAF – Banco de Desarrollo de América Latina y el Caribe.
Kolumbien, das im April 2025 den Pro-Tempore-Vorsitz der CELAC übernahm, hat seinen Schwerpunkt auf die sogenannte dreifache Transformation in den Bereichen Energie, Digitalisierung und Umwelt gelegt. Diese Themen sollen auch auf der Tagesordnung des Treffens mit der Europäischen Union stehen. Laut Jaramillo gehe es darum, ein Gleichgewicht zwischen den nationalen Positionen zu finden und Konsense zu fördern, die die Einheit des regionalen Blocks widerspiegeln.
Aus Brüssel betonte António Costa, Präsident des Europäischen Rates, dass die biregionale Beziehung in einem globalen Kontext wirtschaftlicher Spannungen strategisch bleibe. „Während andere auf Zölle und Protektionismus setzen, entscheiden wir uns für mehr Handel, mehr Investitionen und mehr Zusammenarbeit“, erklärte er vor seiner Abreise nach Lateinamerika. Trotz der Absagen und der komplexen internationalen Lage hält die kolumbianische Regierung an ihrem Ziel fest, den Dialog zwischen beiden Regionen zu stärken. Die Erklärung von Santa Marta, die während des Gipfels offiziell vorgestellt wird, soll eine neue Phase der biregionalen Beziehungen einleiten und die gemeinsame Stimme Lateinamerikas und der Karibik auf den wichtigsten internationalen Foren stärken.
Vor dem EU-Lateinamerika Gipfel findet am Samstag in Santa Marta der III Cumbre Social de los Pueblos de América Latina y el Caribe statt, in dem sich über 1.000 Vertreter sozialer Bewegungen über Themen, die Frieden, Souveränität und regionale Integration austauschen wollen.
