Astrid Lindgrens Geschichte ist mittlerweile ein Klassiker: Raues Räuberleben, wilder Wald, zwei Familien, deren Väter unversöhnliche Rivalen sind. Die Kinder der verfeindeten Familien aber treffen sich heimlich im Wald und werden Freunde. Ein Stoff, der auch von Shakespeare sein könnte.

Veröffentlicht hat Lindgren das Buch „Ronja Räubertochter“ 1981. 44 Jahre später kommt es in Dresden auf die Bühne. Regisseur Jan Gehler orientiert sich nah am Roman. Für ihn ist es ein perfektes Familienstück, die Abnabelung von den Eltern und umgekehrt vom Kind sei ein wichtiges Thema. Dabei legt er den Fokus auf die Hauptfigur: „Das wird eine sehr selbstbewusste Ronja.“

Plüschige Hüpfburg im dunklen Wald

Aber auch alle anderen Rollen haben natürlich ihre Daseinsberechtigung in dem Gemeinschaftsgefüge: der alte Glatzenpeer, Lovis, Ronjas liebevolle Mutter, doch besonders ihr starrköpfiger Vater Mattis. Sie alle leben als Diebesbande in der Mattisburg – am Staatsschauspiel ähnelt sie einer plüschigen grünen Hüpfburg. Doch sie ist umzingelt von tiefen Wäldern und dem grauenerregenden Höllenschlund.

Da draußen wimmelt es vor fantastischen und auch gruseligen Wesen: Graugnome, Dunkeltrolle und Rumpelwichte. Manche sind den Menschen gut gesonnen, manche nicht, führt Gehler aus, als wäre man mit seinem Spiegelbild konfrontiert: „Küchenpsychologisch könnte man sagen, das sind die eigenen Ängste, denen man da im Wald begegnet.“

Das wird eine sehr selbstbewusste Ronja.

Jan Gehler, Regisseur

Zeitlose Erzählung über eigene Entscheidungen

Ronja muss Entscheidungen treffen. Bricht sie die Regeln oder beugt sie sich? Und was passiert, wenn sich das Mädchen doch diesem Höllenschlund nähert? Oder dem Vater widersetzt? Geht es gut aus? Und wenn nicht, wer hilft? Es braucht am Staatsschauspiel Dresden keine antipatriarchale Neudeutung oder Inszenierungsübersetzung, um Antworten darauf zu finden. Das ist die Stärke, die zeitlose Kraft von Ronja.

Ronja-Darstellerin Henriette Hölzel empfindet ihre Rolle als berührend modern, weil man sich der Aktualität und den eigenen Konflikten nicht entziehen könne. Jeder kenne diese Erzählungen: „Die sind unsere Feinde, die sind uns fremd.“ Das müsse man immer wieder überprüfen und entscheiden, ob man es anders sehe. Ronja geht diesen Schritt.

Zu entscheiden: Ich möchte es anders machen – diesen Schritt geht Ronja mit diesem Märchen.

Henriette Hölzel, Ronja-Räubertochter-Darstellerin

In märchenhafter, verzaubernder Kulisse spielt Hölzel eine neugierige, lustige, mutige und eben ganz heutige Ronja, die von einem Gefühlsmoment zum nächsten hüpft. Ein Mädchen, das – gemeinsam mit Freund Birk Borka – zwischen Geborgenheit und Freiheitsdrang ins Erwachsenenleben findet. Auf anderen Wegen als ihre Eltern. Auf eigenen.