Rechtlich möglich, praktisch kaum umsetzbar

Der Interessenverband der Vermieter „Haus & Grund“ weist darauf hin, dass Mieter in solchen Fällen nicht sofort ausziehen müssen. Sie könnten bleiben und eine gerichtliche Klärung abwarten. „Wenn sie nicht auszieht, muss der Eigentümer eine Klage einreichen und seinen Räumungsanspruch durchsetzen“, sagt René Hombusch MDR SACHSEN und erklärt: „Dann wird gerichtlich überprüft, ob tatsächlich ein Eigenbedarf vorliegt.“

Doch diesen Weg würden nur wenige wählen, sagt Nina Weimann-Sandig. Sie lehrt als Professorin an der Evangelischen Hochschule Dresden. „Für die meisten Alleinerziehenden ist das überhaupt nicht stemmbar. Und für Vermieter ist das dann ein leichtes Spiel, denn diese Menschen können sich tatsächlich am wenigsten wehren.“

Mietpreise in beliebten Wohnlagen gestiegen

Laut aktuellem Mietspiegel liegt die durchschnittliche Miete in Dresden aktuell bei 7,33 Euro pro Quadratmeter, eine Steigerung von 3,8 Prozent. Ein Blick in gängige Immobilienportale zeigt einen Durchschnittsmietpreis in der Inneren Neustadt von 12,51 Euro pro Quadratmeter auf – vor fünf Jahren wurde der Durchschnittswert noch mit 9,12 Euro pro Quadratmeter beziffert. In den beliebtesten Lagen werden Mietpreise von durchschnittlich 13,23 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. In günstigen Lagen beträgt die Miete pro Quadratmeter 9,28 Euro in Dresden Neustadt.

Meine Tochter geht hier in die Kita. Sie wird nächstes Jahr hier auch zur Schule gehen. Und da in einen anderen Stadtteil zu gehen, ist echt schwierig.

Christin Nitzsche
Mieterin

Wohnungssuche wird zur Belastung

Seit drei Monaten sucht Christin Nitzsche nach eigenen Angaben eine vergleichbare Wohnung. „Ganz schwer in der Neustadt“, sagt sie. „Ich müsste in einen anderen Stadtteil. Es ist wirklich nicht einfach, hier was zu finden. Meine Tochter geht hier in die Kita. Die wird nächstes Jahr hier auch zur Schule gehen. Und da in einen anderen Stadtteil zu gehen, ist echt schwierig. Weil ich selbst kein Auto habe.“ Ein weiterer Punkt, warum sie nicht in andere Stadtteile ausweichen möchte: Der Vater ihrer Tochter lebt ebenfalls in der Neustadt.

Soziale Netzwerk und Kontakte sind für Alleinerziehende besonders wichtig. Weil es auch um die Betreuung ihrer Kinder geht, können sie nicht einfach woanders hinziehen, weiß Professorin Nina Weimann-Sandig. 

Aufwertung mit Folgen

Die Dresdner Neustadt ist ein begehrtes Viertel, doch große Flächen für neue Wohnbebauung gibt es kaum. Die Aufwertung des Stadtteils durch Sanierungen und Luxussanierungen von Immobilien hat die Mieten steigen lassen. „Die erste Ursache ist, dass man bewusst versucht hat, diesen Sozialraum aufzuwerten“, sagt Weimann-Sandig. „Um eben auch wohlhabende Menschen in dieses Viertel zu bringen.“

Während die Mieten steigen, stagnieren viele Einkommen. „Man hat dann das Gefühl, man geht nur für das Wohnen arbeiten“, beschreibt Nitzsche ihre Lage.

Eine kleine Hoffnung bleibt

Eine kleine Hoffnung bleibt: Christin Nitzsche hat möglicherweise eine neue Wohnung gefunden: zwar ohne Keller, Badewanne und Dachboden, aber mit 650 Euro bezahlbar. Und: Sie liegt in der Neustadt. Den Mietvertrag hat sie nach Aufzeichnung des MDR-Interviews unterschreiben können.