Demozug durch Stuttgart: „Das System krankt“ – rund 2000 Menschen protestieren gegen  Einsparungen Der Demozug durch Stuttgart. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die drohenden Kürzungen der Stadt Stuttgart und weiterer Kommunen haben am Samstag etliche Menschen auf die Straßen getrieben. Eine ihrer Forderungen: Reiche stärker besteuern.

Sabine Leber-Hoischen spürt bereits jetzt in ihrem Arbeitsalltag, wie „das System krankt“, sagt die Erzieherin aus Mannheim. Wenn jetzt die Städte und Gemeinden noch weiter einsparen, dann „kollabiert es“, prognostiziert die Verdi-Vertrauensfrau: Der hohe Krankheitsstand, der Fachkräftemangel, die fehlende Zeit, die „man gerne für die Kinder hätte“ – diese Probleme drohen sich in den Kitas zu verschärfen, sollten die finanziell gebeutelten Kommunen den Rotstift im sozialen Bereich ansetzen.

Reiche stärker besteuern – das ist eine der Forderungen

Deshalb ist die Erzieherin am Samstag nach Stuttgart gereist – mit rund 2000 weiteren Menschen, die sich einem Demozug durch die Landeshauptstadt auf Initiative von Verdi angeschlossen haben. Unter dem Motto „Kommunen am Limit – Demokratie am Abgrund“ protestierte ein Bündnis aus Organisationen, Sozialverbänden, Gewerkschaften, Parteien, Eltern sowie von Kürzungen betroffenen Initiativen und Kultureinrichtungen für eine Stärkung der finanziellen Situation der Städte und Gemeinden – und gegen Einsparungen im Sozial- und Kulturbereich. Denn nicht nur die Stadt Stuttgart beschäftigt sich mit massiven Kürzungen, in ganz Baden-Württemberg müssen Kommunen sparen, um genehmigungsfähige Haushalte aufstellen zu können.

Die Demo-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer sind sich einig, wie etwa wegbrechende Gewerbesteuer-Einnahmen kompensiert werden könnten: „Geld ist genug da“, heißt es auf einem Plakat: „Kommunen stärken statt Sparhaushalte – Tax the rich.“ Auch die Forderung nach einer Vermögenssteuer ist zu hören. Eine Rentnerin aus Stuttgart macht deutlich: „Ich bin dagegen, dass die zahlen, denen es weh tut. Das Geld muss woanders herkommen.“ Das sei ein Verteilungskampf. „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“, heißt es auf einem weiteren Transparent.

Verdi: „Brauchen mehr Gerechtigkeit in der Steuerpolitik“

„Lebenswerte Kommunen mit einer funktionierenden Daseinsvorsorge von Kita über Verwaltung und Pflege bis zum ÖPNV können erhalten bleiben, wenn wir bei der Finanzierung gemeinsam und laut die Systemfrage stellen“, sagt Maike Schollenberger, Verdi-Landesbezirksleiterin, am Samstagmittag auf der Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt. Die Forderung der Gewerkschaft: „Wir brauchen mehr Gerechtigkeit in der Steuerpolitik: zwischen Bund, Ländern und Kommunen und zwischen oben und unten.“

Finanznot der Stadt Stuttgart

Einnahmen
Rund 600 Millionen Euro fehlen der Stadt Stuttgart im kommenden Haushalt. Auch in anderen Städten sieht es nicht gut aus. Die Sorge ist groß, dass besonders im Sozial- und Kulturbereich gespart wird.

Kürzungen
Unsere Auflistung zeigt, in welchen Bereichen die Stadt Stuttgart wie viele Gelder streichen könnte.