Die Webseite der Stadt Leipzig hat ein neues Design, neue Funktionalitäten und ein neues Logo. Ehrlich gesagt fehlte mir bisher die Zeit, um mich umfassend damit zu beschäftigen, das machen andere schon zur Genüge. Allerdings habe ich eines sofort überprüft und dazu bei den Akteuren nachgefragt. Das Ergebnis war leider negativ.
Worum geht es? Eine Zeitreise
Wir schreiben den 26. April 2021, es ist gegen 15:00 Uhr und die Sitzung des Behindertenbeirats der Stadt Leipzig ist in vollem Gange. Herr Günter Jähnig fragt die Beauftragte für Menschen mit Behinderungen, Frau Lara Ludin, wann es denn endlich möglich ist, die vom Behindertenverband Leipzig akribisch gesammelten Daten zur Barrierefreiheit städtischer und anderer Einrichtungen bei den entsprechenden Einträgen auf der Seite leipzig.de einzupflegen.
Wir müssen noch einige Jahre weiter zurückgehen: Seit Mitte der 1990er betreibt der Behindertenverband die Webseite Stadtführer für ein barrierefreies Leipzig. Das Projekt wird von der Stadt gefördert und nach längeren Kämpfen gab es endlich auf der städtischen Webseite auch einen Link dazu.
Das Besondere an der Seite: Es stehen nicht nur die offiziellen Angaben der Betreiber darin, sondern von ehrenamtlich arbeitenden Menschen akribisch gesammelte und dokumentierte tatsächliche Zustände der Barrierefreiheit. Bei allen Defiziten der Seite betreffs ihrer Funktionalität liegt dahinter doch ein Datenschatz.
Zurück zum 26. April2021: Der Vertreter der Freibeuter-Fraktion im Behindertenbeirat nimmt das Thema auf und schreibt 15:07 Uhr eine Mail an Herrn Jähnig.
„Wenn ich Sie richtig verstanden habe, meinten Sie, dass z. B. auf leipzig.de unter Bibliotheken der Link https://stadtfuehrer.behindertenverband-leipzig.de/bildung.htm#stbib verlinkt wird. Entsprechend auch für die anderen Gebiete wie Schulen, Kitas usw. der entsprechende Link aus ‚Leipziger Einrichtungen nach Sachgebieten‘.“
Mit der nächsten Mail folgt eine erste grobe Skizze, wie man sich das vorstellen könnte. Bevor etwas Endgültiges passiert, kann einfach ein Button „Barrierefreiheit“ eingefügt werden.
Beispiel für Button „Barrierefreiheit“ unter Bürgerämter. Screenshot: Thomas Köhler
Herr Jähnig findet die Idee gut, in den weiteren E-Mail-Verkehr werden der CDU-Stadtrat Konrad Riedel und Frau Ludin eingebunden, die Sache scheint ihren Lauf zu nehmen.
Auch die beiden finden das so gut. Es gibt ein erstes Konzeptpapier, welches auch einige Probleme beschreibt. Lara Ludin nimmt Kontakt mit den zuständigen bzw. beteiligten Dezernaten auf und schreibt am 29. April.: „Vielen Dank dafür, wir haben wie gesagt, am 5. Mai dazu noch einmal einen Austausch mit dem Sozialamt, lassen Sie uns gerne im Anschluss daran noch einmal telefonieren?!“ In dem Telefonat klang Frau Ludin sehr zuversichtlich. Die Sache war jetzt auf dem Ämterweg. Im weiteren Verlauf übernahm der Behindertenverband.
Der Weg schien kurz zu sein. Welch ein Irrtum. War doch schon der vom Behindertenverband beschriebene Kommunikationsweg: Behindertenverband → Sozialamt → Referat Kommunikation → externer Dienstleiter etwas umständlich.
Wir springen in das Jahr 2023, es ist Februar und eine Rückfrage beim Behindertenverband ergibt, dass eine Firma mit der Umsetzung beauftragt wurde. Es soll keine vorläufige, sondern eine endgültige Lösung geben. So weit, so gut.
Was ist 2025 aus den damaligen Akteuren geworden? Lara Ludin war aus persönlichen Gründen vorübergehend außer Dienst, kam wieder zurück und wechselte dann innerhalb der Stadtverwaltung ins Sozialamt, als Sozialplanerin. Sie ist weiterhin Ansprechpartnerin, mit ihr stimmt sich der Projektverantwortliche des Behindertenverbands im Arbeitsprozess zur Weiterentwicklung der Anwendung ab.
Er beschreibt eine insgesamt gute Zusammenarbeit bis zum jetzigen Stand des Prototyps. Der Stadtrat der Freibeuter schied aus, Gunter Jähnig ist nicht mehr Vorsitzender des Behindertenverbands und Konrad Riedel wurde 2024 nicht erneut in den Stadtrat gewählt.
Auch im November 2025 bleibt es dabei, eine externe Firma ist beauftragt, es gibt inzwischen eine Demo-Version, aber beim Relaunch des Webauftritts der Stadt Leipzig wurden die Daten nicht eingepflegt. Laut dem Projektverantwortlichen des Behindertenverbandes war die Aussage der Stadtverwaltung, bzw. des Referats Kommunikation: „Wir brauchen jetzt alle Ressourcen für den Relaunch“.
Fazit: Es scheint, als ob das Projekt für die Stadtverwaltung nicht wirklich wichtig wäre. Es bleibt die Frage offen, ob die externe Lösung überhaupt noch für die neu strukturierte Webseite der Stadt passt. Wenn nicht, wäre das der Super-GAU.
Transparenzhinweis: Der Autor dieses Textes ist Mitglied der Piratenpartei und gehörte bis 2022 dem Leipziger Stadtrat an.