• Mit einem Aktionsmonat will das Karl May Museum in Radebeul über das Leben nordamerikanischer Ureinwohner informieren.
  • Vertreter von indigenen Völkern berichten über ihre jeweilige Kultur und wollen über Vorurteile aufklären.
  • Karl May habe falsche Stereotype verbreitet, aber auch Neugier für das Leben von Native Americans geweckt.

Sie nennen uns Navajo, aber wir nennen uns selber Diné“, erzählt Kevin Manygoats. Zwar lebt er schon seit 20 Jahren in Sachsen – dennoch hat er es sich zur Aufgabe gemacht, von seiner ersten Heimat zu erzählen und ist Teil des „Indigenen Novembers“ im Karl May Museum Radebeul. Ziel der Aktion: Fremdbezeichnungen aufdecken, verstaubte Vorstellungen richtigstellen und die indigene Kultur feiern.

Das Museum knüpft damit an den 1990 eingeführten „Native American Heritage Month“ an. Jedes Jahr würdigt dieser Aktionsmonat in den USA das kulturelle und historische Erbe der nordamerikanischen Ureinwohner. „Wir möchten natürlich ein Stück weit zeigen, dass wir uns als Karl May Museum nicht nur ausruhen darauf, dass wir eine Sammlung indianischer Kulturen hier präsentieren“, betont Museumsleiter Robin Leipold im Gespräch mit MDR KULTUR. „Wir wollen auch aktiv diesen Ort als eine Art Plattform nutzen, um in den Dialog mit indigenen Menschen zu kommen.“

Museum in Radebeul gegen transatlantische Vorurteile

Dazu hat das Museum Vertreter und Vertreterinnen verschiedener indigener Völker eingeladen, die über ihre jeweilige Kultur erzählen. Es finden offene Gesprächsrunden, Vorträge, aber auch Shows statt. Wenn Kevin Manygoats also korrigert, dass er sich selbst als Diné bezeichnet, geht es genau darum: Die Geschichte von denjenigen erzählen zu lassen, denen sie gehört.

Dabei stecken in der indigenen Kultur Nordamerikas ganz verschiedene Realitäten. Mehr als 550 anerkannte indigene Volksgruppen gibt es in den USA, über die Hälfte lebt in selbst verwalteten Reservaten. Tradition und Moderne müssen dabei kein Widerspruch sein, sagt Kevin Manygoats. Oft hätten die Leute ein Bild, das aus dem 19. Jahrhundert stamme. „Wir sind nicht auf der Jagd nach Büffeln. Wir gehen außerhalb der Reservate arbeiten, manche sind Doktoranden, Wissenschaftler oder Anwälte.“

Wir sind nicht auf der Jagd nach Büffeln. Wir gehen außerhalb der Reservate arbeiten, manche sind Doktoranden, Wissenschaftler oder Anwälte.

Kevin Manygoats

Mit „Indianer“-Stereotypen aufräumen

Auch Kendall Old Elk ist Teil des „Indigenen Novembers“ in Radebeul. Seine Sprache ist der Tanz: Indem er seine Kultur durch Tänze ausdrückt, möchte er für Verständnis und Gespräche sorgen. „Oft gucken Leute uns an und sagen: ‚Howgh'“, erzählt Kendall Old Elk. „Das ist einer der größten Stereotype aus den Filmen. Genauso wie Friedenspfeife rauchen. Oder verschiedene Wörter, die einfach nicht existieren oder eine ganz andere Bedeutung haben. In meinen Augen richtet das großen Schaden an. Das sorgt für Missverständnisse, das ist Rassismus. Ich frage die Leute hier ja auch nicht einfach: Wo ist deine Lederhose?“

Ich frage die Leute hier ja auch nicht einfach: Wo ist deine Lederhose?

Kendall Old Elk

Karl May hat Neugier geweckt

Karl May hat von seinem Schreibtisch in Radebeul aus Geschichten über Menschen auf einem weit entfernten Kontinent geschrieben. Ein Blick von außen, voller Zuschreibungen. Vieles ist falsch, überholt oder wird als koloniale Perspektive kritisiert. Dennoch ist es für Kendall Old Elk nicht verkehrt, im Karl May Museum aufzutreten: „Ich denke, es ist wunderbar, was er getan hat“, sagt er. „Weil er die Köpfe der deutschen Menschen für unsere Kultur geöffnet hat. Er hat ihre Neugier geweckt.“

An diese Neugier wollen Menschen wie Kendall Old Elk und Kevin Manygoats anknüpfen – um ins Gespräch zu kommen und mit dem ein oder anderen Vorurteil aufzuräumen. Ob im Tanz, durch Bücher oder Vorträge: Der „Indigene November“ soll  Räume schaffen, um dazuzulernen und um Gehör zu finden.