Service in Esslingen: Bürgerfreundlich und effizient? Nein zu Abholautomat für das Bürgeramt Das Esslinger Bürgeramt ist vorübergehend ins Alte Rathaus gezogen, weil das Behördenzentrum umgebaut wird. Foto: Roberto Bulgrin

Ein Abholterminal für Ausweisdokumente klingt nach Service und Arbeitserleichterung. Ein Trugschluss, heißt es aus Esslingen – dort wurde ein solcher nun abgelehnt.

Einfach irgendwann vorbeikommen statt vorab einen konkreten Termin ausmachen zu müssen, um den neuen Personalausweis oder Reisepass abzuholen: Das ist die Vision der Befürworter einer sogenannten Dokumentenausgabebox beim Bürgeramt. Doch in Esslingen wird es einen solchen Abholautomaten voraussichtlich vorerst nicht geben – denn im Rathaus hält man dessen angeblichen Vorteile für einen Trugschluss.

Für die Fraktion FDP/Volt im Esslinger Gemeinderat lagen die Vorteile auf der Hand: Mit einer Dokumentenausgabebox beim Esslinger Bürgeramt könne man eine schnell und flexibel nutzbare Möglichkeit schaffen, wichtige Dokumente abzuholen – und dabei gleichzeitig das städtische Personal entlasten, so die Idee. Deshalb hatte die Fraktion den Antrag gestellt, einen solchen Abholautomaten anzuschaffen und in einem leicht zugänglichen Bereich des Rathauses oder einer anderen zentralen öffentlichen Einrichtung zu installieren.

Stadt Esslingen sieht kaum Vorteile durch Abholautomaten

Doch in der Stadtverwaltung kommt man zu einem anderen Schluss. Zwar habe eine Dokumentenausgabebox den Vorteil, dass hier jederzeit rund um die Uhr ohne Termin, ohne persönlichen Kontakt und unabhängig von den Öffnungszeiten des Bürgeramtes Ausweisdokumente abgeholt werden könnten. Allerdings verursache der Abholautomat auch zusätzlichen Personalaufwand, weil er nur nach dem Vier-Augen-Prinzip befüllt werden dürfe. Hinzu komme, dass die Software nicht an das Fachverfahren des Einwohnerwesens angebunden sei und daher zusätzliche Software sowie Fingerabdruckscanner benötigt würden.

Man rechne mit Anschaffungskosten von 30 000 bis 40 000 Euro sowie mit jährlichen Gebühren für Softwarelizenzen von rund 2000 Euro. Eine Kostenersparnis ergebe sich nicht, da sich der Personalaufwand bei Nutzung des gängigen Modells nicht verringere. Hinzu komme, dass die Bürgerinnen und Bürger erfahrungsgemäß Unterstützung bei technischen Geräten bräuchten. Zudem berichteten andere Kommunen, dass nur ein sehr geringer Teil der Antragstellenden ihr Abholterminal nutzten. Denn das alte Ausweisdokument müsse vor Erhalt des neuen Dokuments abgegeben werden, die selbstständige Abholung sei also nur für diejenigen sinnvoll, die ein anderes gültiges Ausweisdokument besäßen.

Abholterminal in Esslingen wird mehrheitlich abgelehnt

Angesichts der aktuell angespannten Haushaltslage empfahl die Stadtverwaltung die Anschaffung eines Abholterminals daher nicht – zumal es aufgrund einer Gesetzesänderung neuerdings auch möglich sei, sich Ausweisdokumente per Direktversand nach Hause schicken zu lassen. Der Verwaltungsausschuss folgte der Argumentation der Verwaltung in seiner jüngsten Sitzung und stimmte mehrheitlich gegen die Anschaffung einer Dokumentenabgabebox. Lediglich die Vertreter von FDP und AfD stimmten für die Anschaffung eines Abholterminals, schließlich sei ein solcher bürgerfreundlich und sicher nicht personalintensiv, so die Argumentation.

Voraussichtlich bis Ende Januar 2026 befindet sich das Esslinger Bürgeramt noch im Alten Rathaus. Foto: Roberto Bulgrin

Eine Rolle gespielt haben dürfte bei der Entscheidung vielleicht auch die mittlerweile entspanntere Terminsituation beim Bürgeramt. Gab es vor nicht allzu langer Zeit noch große Probleme wegen langer Wartezeiten auf einen Termin, hat sich die Lage laut Stadtverwaltung inzwischen deutlich verbessert. Von montags bis freitags würden täglich jeweils um 7.30 und 12 Uhr Termine für die Folgewoche freigeschaltet. Oftmals seien sogar Termine noch am gleichen Tag zu bekommen. Und bei ablaufenden Ausweisdokumenten würden die Bürgerinnen und Bürger drei Monate im Voraus informiert – könnten sich also rechtzeitig um einen Termin kümmern.

Dass das Bürgeramt wegen des Umbaus des Behördenzentrums derzeit vorübergehend im Alten Rathaus untergebracht ist, tut der Sache laut Freia Günther, Leiterin des Bürgeramtes, keinen Abbruch. In der Schickhardthalle werde den Bürgerinnen und Bürgern mit wenigen Ausnahmen der gleiche Service angeboten wie im Behördenzentrum. Das Bürgeramt verzeichne die gleiche Anzahl an Besucherinnen und Besuchern wie zuvor im Behördenzentrum – schließlich bleibe der Bedarf an Dienstleistungen unverändert. „Das Bürgeramt hat sich gut in den neuen Räumlichkeiten eingelebt und die Abläufe funktionieren reibungslos“, so Günther.

Der Umbau im Behördenzentrum laufe ebenfalls wie geplant und werde kurz nach dem Jahreswechsel abgeschlossen, berichtet Günther. Der Rückzug des Bürgeramts ins Behördenzentrum sei für die letzte Januarwoche 2026 geplant. „Eine Verzögerung ist nicht zu erwarten und aus organisatorischen Gründen auch nicht möglich, da ab Anfang Februar die Schickhardthalle im Alten Rathaus für die Vorbereitungen der Landtagswahl im März 2026 zur Verfügung stehen muss“, betont die Leiterin des Bürgeramts.