Ein historisch doppelt belasteter Ort

Für Schönle-Jennrich ist Hoheneck ein historischer Ort mit doppelter Belastung: Zur NS-Zeit wurde er als Jugendgefängnis genutzt. Doch vor allem berüchtigt ist Hoheneck seit dem Zweiten Weltkrieg: Es gilt bis heute als das größte DDR-Frauengefängnis.

Hier haben Frauen Haft und Unrecht erfahren, wie es nicht in Akten abgebildet worden ist, betont die neue Leiterin: „Wir wollen hier weiter wissenschaftliche Aufarbeitung leisten. Momentan sind wir dabei, eine Umfrage zu starten bei den Betroffenen, deren Adressen wir schon haben, mit der Bitte, uns Berichte zu schicken über die Zustände, wie sie hier waren. Sowas wird ja nicht in den Akten vermerkt.“ In Diktaturen habe es Willkür in Gefängnissen gegeben.

Sowas wird ja nicht in den Akten vermerkt.

Mareike Schönle-Jennrich
über die harten Haftbedingungen im DDR-Gefängnis Hoheneck

Aufarbeitung nach Hahne-Debakel

Deshalb hoffe die Gedenkstätte auf Mitarbeit und plane unter anderem eine systematische Zeitzeugendatenbank. Diese solle allerdings nicht nur historische Fakten bereitstellen, sondern als Lernstoff für Demokratie und Menschenrechte dienen. Wesentlich sei, betont die Leiterin, die Balance zwischen pietätvollem Gedenken und lebendiger Bildungsarbeit.

Was sie damit meint, hat auch mit jüngsten Vorkommnissen rund um Hoheneck zu tun: Im vergangenen Sommer hatte eine von einer AfD-Landtagsabgeordneten angemeldete Open-Air-Veranstaltung mit dem ehemaligen ZDF-Moderator und umstrittenen Autor Peter Hahne einige Unruhe ausgelöst. Kritik kam unter anderem von ehemaligen Insassinnen, aber auch aus der Zivilgesellschaft. Stollbergs Oberbürgermeister Marcel Schmidt (Freie Wähler) hatte MDR SACHSEN damals mitgeteilt, er glaube nicht, dass Hahnes Auftritt „das Gedenken beschmutzen“ werde.

Kontroverse: Warum der Innenhof tabu bleiben soll

Ein großer Stein des Anstoßes war jedoch, dass Hahnes Auftritt auf dem Innenhof der Gedenkstätte stattfinden sollte. Die neue Leiterin ist da deutlich: Der Innenhof als historisch belasteter Ort sollte tabu bleiben für Versammlungen oder Veranstaltungen, die nicht die Gedenkstättenwürde und die Opferperspektive zum Vorrang haben.

„Der Innenhof gehört der Stadt und natürlich sind wir dem sächsischen Versammlungsrecht verpflichtet. Wir versuchen Menschen, die unter Umständen vielleicht eine Veranstaltung anmelden möchten, zu erklären, dass der Innenhof eines Mahnmals, einer Gedenkstätte, nicht der richtige Ort ist, um parteipolitisch zu sein. Natürlich ist es eine Aussage, wenn man das dann trotzdem tut“, so Schönle-Jennrich. Sie verstehe auch, dass es Menschen gibt, die diese Pietätlosigkeit entlarven möchten. Gleichzeitig hoffe sie, Verständnis wecken zu können, dass hier eine Gedenkstätte ist und auch bleiben soll.