München ist mit seinen Top-Universitäten wie Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und Technischer Universität (TU) sehr attraktiv für ausländische Studenten – zumindest im ersten Semester. Danach lernen die jungen Menschen, die nicht aus der Europäischen Union stammen, die Stadt oft von einer anderen Seite kennen. Denn nach einem Jahr läuft das Visum ab und sie müssen sich im Kreisverwaltungsreferat (KVR) eine Erlaubnis besorgen, dass sie in München bleiben dürfen. Doch die zuständige Servicestelle für Zuwanderung und Einbürgerung kann die Zahl der Anträge kaum bewältigen. Im Gespräch mit der SZ erklärt KVR-Chefin Hanna Sammüller (Grüne), woran das liegt, was sie dagegen tun kann und was Studierende aus dem Ausland unbedingt beachten sollten.
SZ: Frau Sammüller, wie lange müssen Studierende aus dem Ausland aktuell warten, bis sie ihre Aufenthaltsberechtigung erhalten?
Hanna Sammüller: Wir rechnen derzeit mit einer Bearbeitungsdauer von sechs bis neun Monaten. Und das möchte ich unbedingt sagen: Uns tut das wirklich für die Studierenden wahnsinnig leid, die hier nach München kommen und dafür schon einen großen Aufwand auf sich genommen haben.
Hanna Sammüller ist seit 2022 Chefin des Kreisverwaltungsreferats. (Foto: Catherina Hess)
Im Grunde sollten die Studierenden also gleich nach der Ankunft einen Antrag ausfüllen, um nach dem Ablauf ihres Jahres-Visums legal in München bleiben zu können?
Das ist natürlich wahnsinnig viel verlangt, das ist uns allen völlig klar. Eine international studierende Person kommt nach München, muss eine Wohnung finden, sich an der Uni einfinden und quasi direkt, nämlich am besten nach drei Monaten, anfangen, sich mit ihrem Aufenthaltstitel auseinanderzusetzen.
Wer nicht mit einer so langen Wartezeit rechnet, kommt schnell in Bedrängnis.
Da fühlen viele eine persönliche Unsicherheit. Es geht ja nicht um etwas Kleines, sondern darum, ob ich mich legal in diesem Land aufhalte.
Müssen Studierende, die nach einem Jahr keine reguläre Aufenthaltserlaubnis haben, eine Ausweisung befürchten?
In aller Regel nicht. Wer seinen Antrag digital gestellt hat, bekommt eine Bestätigungs-Mail. An der hängt ein Dokument als Nachweis, dass man einen Aufenthaltstitel beantragt hat. Das kann man zum Beispiel bei der Polizei vorzeigen. Das funktioniert wie ein überbrückender Nachweis, den es im Ausländerrecht häufiger gibt. Dazu haben wir den Mittwoch zu einem echten Notfalltag gemacht. Die Teamleitungen entscheiden: Was ist ein Fall, der total anbrennt. Der wird dann gezielt abgearbeitet.
Auch die Ludwig-Maximilians-Universität zieht viele Studierende aus dem Ausland an. (Foto: Florian Peljak)
Wo liegt denn das Problem, dass das Verfahren so lange dauert?
Als Problem würde ich es nicht bezeichnen. Eigentlich ist der Grund sehr erfreulich. München hat sich als internationale Universitätsstadt etabliert, nicht nur im Bereich der Europäischen Union, sondern beispielsweise bei Studierenden aus Asien oder den USA. Die Anzahl der Studierenden aus den sogenannten Drittstaaten ist von 2018 bis 2023 um 75 Prozent gestiegen.
Ein Erfolg, der sich auch bei Ihnen niederschlägt.
Wir haben einen Antragsstau, dem unsere Servicestelle für Zuwanderung und Einbürgerung nur hinterherhecheln kann. Aber wir sind wirklich mit allem, was diesem Referat zur Verfügung steht, dabei, Lösungen zu entwickeln, um diesen Antragsstau abzuarbeiten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir einfach nicht so gut besetzt sind, wie wir uns das wünschen würden. Natürlich hat sich das Personal nicht im gleichen Maß gesteigert wie die Antragszahlen. Im Gegenteil, wir mussten aufgrund der Haushaltssituation Stellen einziehen und können offene nicht besetzen.
Welche Lösungen können Sie trotzdem anbieten?
Zwölf Mitarbeitende aus anderen Bereichen helfen im Moment aus. Dazu haben wir Samstagsarbeit eingeführt. Ganz großer Dank an die Mitarbeitenden, die das mitmachen in einem Bereich, in dem schon so ein hoher Arbeitsdruck herrscht. Die Studierenden würden sonst vor dem Nichts stehen.
Was raten Sie Studierenden aus dem Ausland?
Dass sie ihren Antrag unbedingt digital stellen und nicht über mehrere Wege verteilt ihre Unterlagen einreichen, also etwa einen Teil per Post und einen Teil digital. Wir empfehlen, bis spätestens Weihnachten die Unterlagen beisammenzuhaben und dann alles gemeinsam über unsere Website hochzuladen.
Wie soll das zum Beispiel ein Student aus China wissen, der gerade im Spätsommer angekommen ist?
Wir haben eine enge Kooperation mit der LMU und der TU. Zum Semesterbeginn gibt es einen extra Slot, in dem wir auf Deutsch und Englisch vortragen, was die Voraussetzungen sind und dass man sich leider relativ bald darum kümmern muss. Wir sind da auf jeden Fall transparent mit der Bearbeitungszeit. Für diese Veranstaltungen bekommen wir wahnsinnig positives Feedback und deshalb würden wir in den kommenden Semestern gerne auch selbst solche Veranstaltungen anbieten, damit nicht nur Studierende von TU und LMU davon profitieren, sondern auch diejenigen aller anderen Hochschulen in München.
Was können Sie darüber hinaus tun?
Wir haben ein Vorprüfteam eingeführt, das schon zu Beginn des Verfahrens rückmeldet, wenn Unterlagen fehlen. Dazu wurde uns berichtet, dass die Kommunikation schwierig ist. Häufig sitzt jemand auf Kohlen und weiß nicht, was ist mit dem Antrag los. Dafür haben wir ein neues Online-Ticketsystem eingeführt. Dort kann jederzeit der Stand des Verfahrens abgerufen werden.
Die gesetzlichen Vorgaben verschärfen die Lage zusätzlich. Wenn eine Studentin oder ein Student erfolgreich den Aufenthaltstitel beantragt hat, geht es nach zwei Jahren wieder von vorn los. Für beide Seiten.
Um die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen an die Realität an den Hochschulen anzupassen, machen wir regelmäßig von unserem behördlichen Ermessen Gebrauch und stellen Aufenthaltstitel für Studierende für drei Jahre aus. Die gesetzlich vorgesehene Regelerteilungsdauer von nur zwei Jahren erweist sich vor allem für die Fälle ungeeignet, in denen jemand noch einen Master anhängen will. Abhilfe könnte der Gesetzgeber schaffen, indem er den Aufenthaltstitel an die Immatrikulation knüpft.