Klassik-Konzert in Stuttgart: Trio Adorno: Feuer, Funken und Kontraste Das Trio Adorno Foto: Veranstalter/Paula Garcia

Beim Konzert im Mozartsaal der Liederhalle bringt das Trio Adorno die großen Emotionen der Klassik auf die Bühne.

Sind das nicht zwei zu wenig? Das Publikum im Stuttgarter Mozartsaal erwartet drei Musiker, aber die Bühne betritt am Freitagabend nur einer. Ohne Instrument, aber mit einem Mikrofon in der Hand. Keine Angst, sagt Lion Hinrichs, die beiden anderen kommen gleich nach. Er sei vorab nur für die Einführung zuständig, „weil Pianisten die meisten Töne haben“. Logisch wird dieser Satz, als der wuschelköpfige Schlaks seine Erläuterungen zu den Musikstücken des Abends mit Musikbeispielen flankiert – eine ebenso bereichernde wie sympathische Inklusivleistung zum Konzert. Und danach tritt tatsächlich das komplette Trio Adorno auf, ein Ensemble, das schon deshalb besonders ist, weil es auch nach gut zwei Jahrzehnten immer noch in der Gründungsformation musiziert.

Bei Schostakowitsch und Mendelssohn stimmt die Chemie

Offenbar stimmt die Chemie, und das kann man auch hören, besonders bei Schostakowitschs und Mendelssohns jeweils zweitem Klaviertrio. Schon die ersten Töne des e-Moll-Werks, das Schostakowitsch 1944 nach dem Tod eines engen Freundes komponierte, erklingen in höchster Intensität: Der Cellist Samuel Selle spielt Flageoletts mit Dämpfer, seine höchste Lage ist spürbar eine verzweifelte, und erst nachdem aus dem Thema eine Fuge geworden ist, erst als der Geiger Christoph Callies anschließend bei voranschreitenden Achteln die Streicher-Fraktion verstärkt, entsteht ein tröstliches Miteinander. Das Trio Adorno hält die Spannung über das grotesk tanzende Scherzo und den intensiven Gesang des langsamen Satzes hinweg bis hin zu einem Finale, in dem sich Individuelles und Kollektives wirkungsvoll aneinander abarbeiten.

Dem Trio Adorno geht es um Energie

Mendelssohns op. 66 hat seinen Höhepunkt im Schlusssatz: Hier, in der Reibung zwischen dem leidenschaftlichen Thema und dem Choral, schlägt der Dialog der drei Musiker Funken, erreicht das Trio höchstes Niveau. Denn im Zentrum des Interesses liegt bei diesem Ensemble weder die Politur auf der Nano-Ebene des Klangs noch die Annäherung der so unterschiedlichen Tonproduktion von Streichern und Klavier. Der Pianist spielt virtuos und sicher, kultiviert aber keine Feinstdifferenzierung des Anschlags. Das muss er auch nicht, denn dem Trio Adorno geht es zuallererst um Energie, um Intensität, und diese holt es sich im Idealfall bei Werken, denen die Gefühlsextreme dezidiert einkomponiert sind.

Poetsiches Konzertfinale

Haydns Musik indes braucht mehr. Sie ist nackt, man muss sie einkleiden. Außerdem fordert die Kunst der Überraschungen, von der sie lebt, von ihren Interpreten eine enorme Präzision in Details vor allem der Koordination und der instrumentalen Farben. Und so bleibt das so wunderbar janusköpfig zu Bachs Barock zurück- und in die musikalische Romantik vorausblickende E-Dur-Trio (Nr. 28) hier unter seinen Wirkungsmöglichkeiten. Der Rest des Abends macht das aber wett, und nachdem sich das Publikum am Ende noch das Finale von Dvořáks „Dumky“-Trio erklatscht hat, findet das Konzert nach dessen wirkungsvoll servierten rhythmischen und atmosphärischen Kontrasten zu einem versöhnlichen, poetischen Schluss.