Martin Hikel ist nicht nur Bezirksbürgermeister von Neukölln, er ist auch einer der bekanntesten SPD-Politiker in Berlin und Co-Landeschef seiner Partei. Vor allem aber ist er ein Pragmatiker, einer, die Probleme der sogenannten einfachen Leute kennt. Sie sind sein Maßstab.

Doch ohne Not hat die SPD ihren wichtigsten Mann im Bezirk einfach beschädigt – mit einem 69-Prozent-Ergebnis für die Spitzenkandidatur im Bezirk. Nun lässt sich streiten, warum das Ergebnis Hikel nicht reicht, um wieder um das Amt des Bezirksbürgermeisters zu kämpfen.

Alexander Fröhlich ist Vize-Chef des Berlin-Ressorts und sieht die SPD am Abgrund.

Angesichts der Spaltung seiner Partei, der Kritik aus den eigenen Reihen und wegen des Umgang mit seiner Amtsvorgängerin und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey bei der Kandidatenaufstellung für das Abgeordnetenhauses hatte Hikel eine rote Linie gezogen.

Er wollte Geschlossenheit, um mit Blick auf der Lage der gesamten SPD überhaupt etwas reißen zu können. Diese rote Linie wurde überschritten – und zwar gezielt und bewusst. Hikel reagierte mit einer Ansage: Er lässt nicht alles mit sich machen. Damit bewies er Rückgrat, von dem vielen Politiker mehr zu wünschen wäre.

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Hikel steht für eine SPD, die sich um jene Menschen kümmert, für die es heißt: „work hard and play by the rules“. Nach seiner Wiederwahl als Bezirksbürgermeister 2021 sagte Hikel: „Ich will die beste Bildung in den härtesten Kiezen, bezahlbare Wohnungen und unsere Regeln durchsetzen.“ Dazu gehört auch: Nenne, die Dinge beim Namen. Wie zum Beispiel Clan-Kriminalität.

Doch genau deshalb nahm ihn Parteilinke ins Visier. Und sie verkennt dabei, für wen der Zwei-Meter-Mann Politik macht. Nämlich auch für die muslimischen Händler in Neukölln, die von Sympathisanten der islamistischen Terrororganisation Hamas angegriffen werden, weil sie keine Palästina-Fahnen in ihre Läden hängen wollen.

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Doch die Neuköllner SPD ist wie die Landespartei gespalten. Dazu gehört eine Funktionärsebene, die weitaus linker ist als die Basis, und häufig wirkt, als gehöre sie politisch zu den Grünen oder zur Linkspartei. Für die Abgeordnetenhauswahl sind das trotz des smarten Spitzenkandidaten Steffen Krach, Pragmatiker wie Hikel, schlechte Aussichten. Sehenden Auges schaufelt sich die SPD ihr eigenes politisches Grab.