10.11.2025 02:18

(Akt. 10.11.2025 02:20)

Wenige Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen

Wenige Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen
©APA/AFP

Überschattet von geopolitischen Spannungen sind Staats- und Regierungschefs aus der EU und der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (CELAC) am Sonntag in der kolumbianischen Küstenstadt Santa Marta zu ihrem vierten Gipfeltreffen zusammengekommen. Ziel ist es, die Kooperation in den Bereichen Energie, Klimawandel und internationaler Sicherheit zu verbessern. Kanzler Christian Stocker (ÖVP) wird durch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) vertreten.

In puncto Sicherheit sei es wichtig, dass „wir uns neue, verlässliche Partner nicht nur suchen, sondern ihnen auch mehr Aufmerksamkeit widmen“, betonte die Außenministerin. In der Partnerschaft mit Lateinamerika biete sich das an, da die Staaten dieselben Werte teilten wie die Mitglieder der EU: „Multilateralismus, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit – also eine regelbasierte Weltordnung, in der es nicht darum geht, sich mit Stärke und Größe durchzusetzen.“ Meinl-Reisinger postulierte, dass es vor allem für kleine Staaten wie Österreich wichtig sei, dass Regeln eingehalten und respektiert würden.

Mit Blick auf die Partnerregion sagte sie: „Es ist spürbar, dass hier vor allem kleinere, karibische Staaten massiv unter Druck geraten. Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenhalten.“ Die Außenministerin sprach diesbezüglich mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kolumbien, Brasilien, Grenada, Barbados, Costa Rica, Mexiko, Chile und Jamaika.

Beim Thema Migration wird Meinl-Reisinger ein Abkommen über Mobilität unterzeichnen. In diesem Zusammenhang wird sie in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá auch eine Sprachschule besuchen, in der Kolumbianerinnen und Kolumbianer Deutsch lernen, um anschließend in Österreich in Pflegeberufen arbeiten zu können. Diese Initiative steht im Einklang mit einem Pflegepakt, der im Rahmen des Gipfels zwischen der EU und den CELAC-Staaten besprochen wurde.

Gleichzeitig verwies Meinl-Reisinger auf die Instabilität in der Region. Das Abkommen beinhalte auch die Bereitschaft der Länder, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, wenn sie in der EU keinen Aufenthaltstitel erhalten.

In Bogotá wird die Ministerin in den kommenden Tagen außerdem Vertreterinnen und Vertreter österreichischer Unternehmen treffen, die in der Region aktiv sind. Für sie sei es besonders wichtig, Rechtssicherheit, Klarheit und Zugang zum Recht zu gewährleisten. Sie betonte, dass dies nur durch internationale Abkommen möglich sei – vor allem durch Handelsabkommen.

Seit dem 1. Jänner 2024 ist ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Andenstaaten Kolumbien, Ecuador und Peru in Kraft. Das Abkommen mit den Staaten des Mercosur könnte noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. „Es ist kein Geheimnis, dass ich sehr stark dafür werbe, dass auch Österreich dieses Abkommen unterstützt – gerade jetzt, wo wir sehen, wozu eine zunehmende Politik der nationalen Abschottung führt. Mit dem Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten entsteht die größte Freihandelszone der Welt mit mehr als 700 Millionen Menschen. Gerade in einer veränderten Weltlage braucht Europa, braucht Österreich neue Möglichkeiten. Wenn andere Mauern aufziehen, müssen wir Brücken bauen“, erklärte die Außenministerin.

Kampf gegen organisierte Kriminalität im Fokus

Meinl-Reisinger betonte, dass man stolz sei, in Wien den Sitz des UNODC – des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung – zu haben. Der Kampf gegen kriminelle Organisationen und den illegalen Drogenhandel sei auch für Österreich sehr wichtig, insbesondere mit Blick auf den Schutz von Kindern. Sie zeigte Verständnis für die Sorgen der USA: „Aber dieser Schutz muss auf internationalem Recht basieren – durch internationale Zusammenarbeit und natürlich unter Wahrung von territorialer Integrität und Souveränität.“

Mit den kolumbianischen Behörden funktioniere die Kooperation sehr gut, wie zuletzt die Zerschlagung eines Menschenhändlerrings in Tirol gezeigt habe. Eine Lösung sieht Meinl-Reisinger vor allem in Investitionen in Alternativen – sowohl im Hinblick auf den Drogenanbau als auch auf die Abholzung des Regenwaldes.

„Das Wichtigste, um Klimaschutz voranzutreiben, ist, ökonomische Perspektiven zu schaffen“, ergänzte die Ministerin. Kritikern der Handelsabkommen hält sie entgegen: „Gerade weil soziale und ökologische Standards wichtig sind, sind Handelsabkommen der richtige Weg. In einer Welt, in der immer mehr auf Abschottung gesetzt wird und in der mit Zöllen Druck ausgeübt wird, schafft Freihandel Wohlstandsperspektiven für breite Bevölkerungsschichten.“ Das führe dazu, dass mehr Mittel, aber auch mehr Bewusstsein dafür entstünden, dass es letztlich um den Schutz der Umwelt gehe. Außerdem müsse man die Alternative bedenken: „Wenn wir China den Wirtschaftsraum überlassen, kann Europa erst recht keine Nachhaltigkeitsstandards setzen.“

Unter anderem waren der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez zu dem Gipfel gekommen. Auch Deutschland schickte seinen Außenminister Joachim Wadephul nach Santa Marta. Mit mehr als einer Milliarde Menschen repräsentieren CELAC und die EU zusammen 14 Prozent der Weltbevölkerung und 21 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

(Von Maren Häußermann/APA)