Wolfsburg/Stuttgart. Für Angelo Stiller war es eine ungewohnte Erfahrung: Der 24-Jährige, seit seinem DFB-Debüt im September 2024 fester Bestandteil der Nationalmannschaft, wird bei den letzten beiden Länderspielen des Jahres gegen Luxemburg und die Slowakei nur zuschauen. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat sich am Montag erstmals zu dieser Entscheidung geäußert – und gab dabei Einblicke in die Hintergründe, die selbst beim VfB Stuttgart für Irritation gesorgt hatten.
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„Ich hatte einen sehr guten Austausch mit Angelo und seinem Trainer Sebastian Hoeneß“, erklärte Nagelsmann auf dem Pressepodium in Wolfsburg. „Was den Spieler betrifft, muss ich die Entscheidung erklären, bei seinem Trainer nicht zwingend – ich mache das aber gerne, weil ich einen guten Draht zu Sebastian habe.“ Nagelsmann betonte dabei mehrfach: Die Reaktionen aus Stuttgart, wo sowohl Hoeneß als auch Offensivmann Deniz Undav ihre Überraschung geäußert hatten, seien nachvollziehbar und sogar gewünscht. „Die VfB-Verantwortlichen sollen ihren Spieler schützen, weil er ein guter und wichtiger Spieler für sie ist.“
Die sportliche Begründung: Nagelsmann will Gleichgewicht im Mittelfeld wahren
Nagelsmann stellte klar, dass Stillers Entwicklung keineswegs stagniert: „Vor vier Wochen, bei den letzten Länderspielen, war es deutlich unverdienter, dass er dabei war, als es jetzt der Fall wäre – denn jetzt geht Angelos Entwicklung wieder deutlich in die richtige Richtung.“ Stiller trete nun stabiler auf, habe eine gute Form erreicht, und die Botschaft des Bundestrainers sei eindeutig: Seine Tür beim DFB bleibt offen.
Die Entscheidung fiel dennoch gegen Stiller, weil Nagelsmann das Gleichgewicht im zentralen defensiven Mittelfeld wahren wollte. Felix Nmecha (Borussia Dortmund) und Aleksandar Pavlovic (FC Bayern) seien derzeit einen Tick vorne, dazu kommen mit Nadiem Amiri (FSV Mainz) und Leon Goretzka (FC Bayern) zwei Sechser, die Nagelsmann „ein bisschen offensiver“ einsetzt. „Im letzten Lehrgang hatten wir fünf Sechser dabei, von denen haben drei keine Sekunde gespielt – auch Angelo“, so Nagelsmann selbstkritisch. „Da hatten wir zu viele Sechser, das passte nicht. Jetzt ist jede Position doppelt besetzt.“
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Beim VfB reagierte man trotz Überraschung professionell. Trainer Sebastian Hoeneß betonte, dass Stillers Bedeutung für Stuttgart enorm sei: „Er ist unser zentraler Spieler – und mit Platz vier in der Bundesliga stehen wir gar nicht so schlecht da. Angelo hat einen immensen Anteil daran.“ Hoeneß machte jedoch auch deutlich: „Wir stellen keine Dinge infrage, wir geben sportliche Antworten.“ Sportvorstand Fabian Wohlgemuth und Keeper Alexander Nübel teilten das Gefühl der Verwunderung, aber nicht der Empörung – die Entscheidung sei nachvollziehbar, auch wenn sie kurzfristig bitter wirkte.
Kommunikation sorgte auch bei den VfB-Verantwortlichen für Verärgerung
Stiller selbst äußerte sich zunächst nicht, antwortete auf Fragen mehrfach mit „kein Kommentar“. Am Donnerstagvormittag, dem Tag des Europa-League-Spiels gegen Feyenoord Rotterdam, hatte er erstmals von seiner Nicht-Nominierung erfahren. Die Verzögerung in der Kommunikation sorgte bei den VfB-Verantwortlichen für Verärgerung.
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Nagelsmann machte jedoch deutlich, dass Stillers Perspektive beim DFB ungebrochen bleibt. „Er hat jetzt ein paar Tage, um durchzuschnaufen und seine aufsteigende Form weiter zu festigen. Im März gibt es eine neue Nominierung, dann schauen wir weiter.“ Ein Riesen-Drama sei die Nicht-Berücksichtigung keineswegs: „Die Tür ist nicht zu. Alles ist noch offen.“ Für den VfB Stuttgart bedeutet das: Stiller bleibt unverzichtbar im zentralen Mittelfeld, kann Kräfte sammeln und nach der Länderspielpause wieder voll angreifen.


