Landgericht Stuttgart: Amokfahrt in Notzingen – Mann soll  in die Psychiatrie Ein Mann aus Notzingen, der im Mai zwei Passanten gezielt angefahren haben soll, steht nun vor Gericht. Foto: picture alliance/dpa

Ein Mann, der im Wahn zwei Fußgänger in Notzingen (Kreis Esslingen) mit dem Auto schwer verletzt hat, steht nun vor Gericht. Laut Staatsanwalt ist der Mann schuldunfähig.

Weil er in Notzingen mit seinem Auto gezielt zwei Fußgänger erfasst und schwer verletzt haben soll, steht ein 60-Jähriger seit Montag vor dem Landgericht Stuttgart. Ihm werden unter anderem versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. „Der Beschuldigte wollte die beiden Männer überfahren, um sie zu töten“, sagte Staatsanwalt Thomas Hochstein. Der 60-Jährige sei jedoch schuldunfähig und könne aufgrund seiner schweren psychischen Erkrankung nicht zur Verantwortung gezogen werden. Er sei daher dauerhaft in der Psychiatrie unterzubringen, forderte er beim Auftakt des als Sicherungsverfahren geführten Prozesses.

Von dem Beschuldigten könnten weiterhin Straftaten ausgehen, weshalb er eine Gefahr für die Allgemeinheit sei. Der 60-Jährige leidet laut Staatsanwalt seit 2009 an einer paranoiden Schizophrenie, die kurz vor der Tat erneut akut ausgebrochen sei. Er habe die Wahnvorstellung gehabt, dass seine Kinder bedroht würden.

Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte am 14. Mai dieses Jahres kurz vor 18 Uhr sein Auto zunächst rückwärts aus der Einfahrt seines Hauses im Ortsteil Wellingen gelenkt haben, um dann in Richtung Notzingen weiterzufahren. Dabei erfasste er mit seinem BMW zwei Menschen – einen 43-Jährigen und einen 44-Jährigen. – von hinten. Laut Staatsanwalt soll der Angeklagte „mit hoher Geschwindigkeit“ auf die Fußgänger zugefahren sein.

Zwei Fußgänger in Notzingen verletzt und mehrere Autos demoliert

Danach streifte der 60-Jährige drei geparkte Fahrzeuge. Durch die Wucht des Aufpralls wurden diese auf zwei weitere Autos aufgeschoben. Anschließend wollte der Fahrer fliehen. Zeugen konnten ihn jedoch festhalten. Dabei soll er sich heftig gewehrt und einem Passanten mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Auch bei der Festnahme durch die Polizeibeamten leistete er laut Staatsanwaltschaft heftigen Widerstand und bespuckte sie. Er ist seitdem in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht.

„Es tut mir wahnsinnig leid, dass zwei Menschen verletzt wurden“, sagte der Beschuldigte in der Verhandlung. Ruhig und klar machte er Angaben zu seiner Person sowie zum Tattag. Demnach schien er trotz einiger beruflicher und gesundheitlicher Rückschläge bis dahin ein nach außen hin solides Leben geführt zu haben. Mehrfach war er wegen einer Psychose stationär in der Psychiatrie behandelt worden. Die ihm verordneten Medikamente habe er später abgesetzt oder die Dosis eigenhändig reduziert. Nur bei viel Stress habe er etwas genommen, gab der Notzinger an.

„Jemand wollte das Haus in die Luft sprengen“

„Ich hatte Panik, dass jemand das Haus in die Luft sprengen könnte“, schilderte er, wie sich seine Ängste an dem Abend zuspitzten und er deswegen ins Auto stieg. In der Zeit davor habe es bereits Anzeichen für eine erneute Psychose gegeben, dies sei ihm aber erst aus heutiger Sicht klar. So habe er beispielsweise gedacht, dass die Kunden im Supermarkt nicht zufällig anwesend sind, sondern extra eingeladen wurden. Zudem habe er immer schlechter geschlafen. Zusätzlich habe es ihn mitgenommen, als ein Arzt ihm die Diagnose Hirnschlag mitteilte. An die Tat selbst könne er sich nicht erinnern. „Ab da habe ich einen Filmriss“, sagte er.

Die als Zeugin geladene Ehefrau bestätigte, dass es ihrem Mann in den Wochen vor der Tat nicht gut gegangen sei. Von seiner Psychologin, die sie hinter seinem Rücken kontaktieren wollte, habe sie keine Auskünfte bekommen. Er habe ihr jedoch versichert, seine Medikamente zu nehmen. Sie wurde Augenzeugin, wie ihr Partner in die Fußgänger fuhr. Zuvor habe er fantasiert und gesagt, dass ihr Kind – der Teenager lebt im Ausland und stammt aus der ersten Ehe der Frau – Hilfe braucht und er es retten müsse. Auslöser könnte eine Standortmeldung auf ihrem Handy gewesen sein.

Der Prozess wird voraussichtlich am 27. November fortgesetzt.