Die Leipziger Meuten hatten keine Lust auf die nationalsozialistische Indoktrination. Daraus entwickelte sich ein jugendkulturelles Bewusstsein.

Sascha Lange, Historiker

Die Leipziger Meuten gehörten nicht zu den gut vernetzten Jugendkommunisten, sondern waren eher lose, unorganisierte Jugendcliquen. Trotzdem verstanden sich viele von ihnen als kommunistisch oder sozialdemokratisch. „Sie hatten keine Lust auf diese nationalsozialistische Indoktrination. Und daraus hat sich dann auch so ein jugendkulturelles Bewusstsein entwickelt“, erklärt Lange.

Ein neuer Gedenkort für Leipzig

Dieses jugendkulturelle Bewusstsein färbt bis heute ab. Jugendliche aus Leipzig wollen nun die Geschichte junger Opposition in der NS-Zeit aufarbeiten und lebendig halten. Rund zwei Wochen vor dem 80. Jahrestag der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus bekommt die Stadt einen neuen Gedenkort – mitten auf dem Lindenauer Markt, einem der zentralen Orte, an denen sich die Leipziger Meuten trafen. Eine Leuchttafel soll künftig an ihr Wirken erinnern. Initiiert wurde das „Meuten Memorial“ vom Leipziger Jugendparlament.

Musiktheater: Was bedeutet Protest damals und heute?

Neben dem Gedenkort wird die Geschichte der Meuten auch künstlerisch aufgearbeitet. Hierfür wandte sich die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ an das Theater der jungen Welt (TDJW). Unter dem Namen „Meuten Memorial Movement“ entstand eine begehbare Konzertinstallation, die nun zusammen mit der Eröffnung des Gedenkortes Premiere feiert. Leipziger Jugendliche, Musikerinnen und Musiker sowie Ensemble-Mitglieder des TDJW performen gemeinsam und stellen sich der Frage: Wann wird Unangepasstheit zu Opposition, wann Opposition zu Widerstand?

Schorsch Kamerun ist Regisseur des Projekts und wirkt auch selbst bei der Performance mit. „Weil wir mit jungen Leuten zusammenarbeiten, fragen wir uns auch: Was könnte heute Protest sein? Inwieweit gibt es überhaupt diese Erinnerung, oder verwischt die sich langsam?“

So ist ja auch meine Biografie. Ich als ehemaliger junger Punker bin auch auf eine Umgebung gestoßen, die mir so nicht zugesagt hat.

Schorsch Kamerun, Regisseur „Meuten Memorial Movement“

Als junger Mensch war Kamerun selbst Punk und fühlt sich dem Thema der Inszenierung verbunden. In seinen Augen lässt sich der Wunsch nach Widerstand und ein Auflehnen gegen Autoritäten in jeder Generation finden: „Das wiederholt sich ja und das kann alles sein: Eltern, Lehrer, Ausbildung oder aber auch das System. Und darauf prallt man.“

Die Leipziger Performance ist Teil des musiktheatralen Projekts „Sounds of Resistance“. In Kooperation mit der Deutschen Oper am Rhein beschäftigen sich junge Theater- und Musikschaffende aus Leipzig und Duisburg mit Jugendkultur und Widerstand damals und heute. Neben der Inszenierung auf dem Lindenauer Markt entstand auf diese Weise auch ein digitales Archiv auf Instagram mit historischem Foto- und Videomaterial.

Zu sehen ist die Inszenierung noch bis Ende April auf dem Lindenauer Markt.

Der Eintritt ist frei. Eine Voranmeldung ist notwendig.
Freie Plätze gibt es noch am 26.04. und 27.04., jeweils um 15 Uhr und 18 Uhr.