Jedes Jahr im Herbst wird das Theaterhaus G7 in Mannheim für ein Wochenende zum Zentrum für neue Dramatik. „Stück für Stück“ heißt das besondere Format.

„Stück für Stück“ ist in diesem Fall ganz wörtlich zu nehmen. Sechs neue Theaterstücke aus Deutschland und ganz Europa werden am Wochenende im Theaterhaus G7 bei szenischen Lesungen präsentiert – unter Anwesenheit von Autorinnen und Autoren, Übersetzerinnen und Übersetzern und von Dramaturginnen und Dramaturgen von deutschen Theatern. So kann sich nicht nur das Publikum einen Überblick über die Gegenwartsdramatik verschaffen – auch für die Szene hat sich das kleine Festival, dessen vierte Ausgabe an diesem Wochenende über die Bühne geht, zu einem wichtigen Netzwerktreffen entwickelt.

„Für uns ist das immer ein kleines logistisches Weltwunder“, sagt Pascal Wieandt, der das Haus gemeinsam mit Inka Neubert leitet. „Aber es ist auch sehr wichtig für uns. Wir haben zwei neue Eigenproduktionen pro Spielzeit, lesen und beschäftigen uns aber immer mit viel mehr Texten. Eigentlich sind wir immer auf der Suche.“ Nicht nur die Stücke können die Besucherinnen und Besucher kennenlernen, sondern im Gespräch nach der jeweiligen Lesung auch die Autoren und Übersetzer und ihre Arbeit. Lediglich die israelische Dramatikerin Hadar Galron, die mit ihrem neuen Stück „Pfeifen“ im Programm vertreten sein wird, musste ihre Anreise absagen und wird gemeinsam mit dem Übersetzer Matthias Naumann per Video zugeschaltet werden. Der Monolog „Pfeifen“ verhandelt „erstaunlich leichtfüßig“ (Wieandt) ein transgenerationelles Trauma: das von Tami, der Tochter von Shoah-Überlebenden.

Neue Texte von alten Bekannten

Ebenfalls von Krieg und Gewalt erzählt „Götterspiel“, ein auf verschiedenen Ebenen spielendes Stück von Marius Ivaškevicius. Es handelt von der Reise des litauischen Filmregisseurs Mantas Kvedaravicius und seiner Frau Anna im März 2022 nach Mariupol, wo Mantas verhaftet und ermordet wird – und von Annas Umgang damit. Der dritte internationale Beitrag ist „Sorex“ (Waldspitzmaus) von Tomáš Ráliš aus Tschechien. Er begleitet zwei Paare, ein tierisches und ein menschliches.

Mit Carsten Brandau kommt ein alter Bekannter zurück an das charmante Mannheimer Hinterhoftheater. Diesmal bringt er „Wildes Wald“ mit, ein parabel- bis märchenhaftes Stück über ein Kind, das sich aus der Gesellschaft zurückzieht – in einen Wald, der zerstört wird. „Ghostbike“ von Julie Guigonis erzählt von einem bei einem Lkw-Unfall getöteten Fahrradfahrer – und davon, was dieser Schicksalsschlag nicht nur mit den Angehörigen und Freunden macht, sondern auch mit dem Lkw-Fahrer. „Wild“ schließlich von Sean Keller sei ein sehr spezielles Stück, sagt Pascal Wieandt. Es handelt von Menschen, die in einem Wildpark unterwegs sind: weil sie ihn besuchen oder dort arbeiten.

„Stück für Stück“, Schlag auf Schlag

Nach „Stück für Stück“ geht es für das Theaterhaus G7 Schlag für Schlag weiter. Ab Montag, 17. November, ist für einen Monat die britische Performance-Künstlerin, Dramatikerin und Regisseurin Louise Orwin zu Gast in Mannheim. „Wir haben sie in Edinburgh kennengelernt und waren begeistert von ihrer Arbeit“, sagt Wieandt. „Wir möchten ihr mit der Werkstatt-Residenz die Möglichkeit geben, frei zu arbeiten und ihre Aufmerksamkeit völlig ihrer Kunst widmen zu können.“

Schließlich ist ab Montag, 3. Dezember, wieder der jährliche Adventskalender geplant. Auf dem Programm stehen unter anderem Lesungen, ein Vinyl-Wunschkonzert, „Frau Holle“ mit der Figurentheaterspielerin Maren Kaun, ein Konzert mit der Indie-Pop-Band Zeisig und eine Improshow. Worauf sich Pascal Wieandt besonders freut? Auf das gemeinsame Mario-Kart-Zocken am 14. Dezember.

Im Netz

Alle Termine findet man unter www.theaterhausg7.de.